Private Altersvorsorge: Nach jener Riester-Rente kommt jetzt dies Lindner-Depot
Der frühere Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) wollte die Altersvorsorge für Beschäftigte verbessern – die staatlich geförderte Riester-Rente wurde nach ihm benannt. Heute ist sie in Verruf geraten und im Grunde gescheitert. Seit Jahren werden kaum noch neue Verträge abgeschlossen, viele der über 15 Millionen Verträge werden gar nicht mehr aktiv bespart, sondern sind ruhend gestellt. Die Zahl der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge-Verträge ist seit 2018 sogar rückläufig. Und während die Ampel über das Rentenpaket II streitet und hier vor allem die FDP blockiert, legt ausgerechnet Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) einen Entwurf für eine Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge vor.
Der Referentenentwurf aus dem Bundesfinanzministerium, der ZEIT ONLINE vorliegt, sieht quasi eine Konkurrenz zur bisherigen Riester-Rente vor. Man soll künftig wählen dürfen, ob man ein Versicherungsprodukt wie Riester abschließt oder aber Aktien und ETFs kauft. Ziel ist es, dass die Altersvorsorge-Sparerinnen und -Sparer eine höhere Rendite erzielen können, als es derzeit möglich ist. Bei vielen Riester- und auch Rürup-Verträgen (eine Basisrente etwa für Selbstständige, die nicht gesetzlich rentenversichert sind) verringern hohe Verwaltungskosten und Provisionen die Rendite.
Das soll künftig anders werden: Denn neben der klassischen Riester-Rente, die weiterhin bleibt und bis heute vor allem für Menschen mit geringem Einkommen und vielen Kindern attraktiv ist, soll es bald zwei weitere Varianten geben. Zum einen ein neues Rentendepot, bei dem man einen Mix aus Rentenversicherung und Aktien bekommt. Garantiert werden aber nur 80 Prozent der eingezahlten Beiträge. Zum anderen eine noch risikoreichere Variante, bei der die Sparerinnen und Sparer selbst entscheiden, welche Wertpapiere sie kaufen. Hier wird in Aktienfonds, Aktien einzelner Unternehmen und ETFs investiert – das bedeutet, hohe Verluste sind möglich. Die Garantie des klassischen Riester-Depots auf eingezahlte Beiträge und Zulagen gibt es bei der letzten Variante nicht. Beim Lindner-Depot, wie es in einigen Medien bereits bezeichnet wird, kann man entsprechend hohe Rendite erzielen oder aber kaum das rausbekommen, was eingezahlt wurde. Zertifiziert werden diese renditeorientierten Produkte dennoch, immerhin sollen sie staatlich gefördert werden.
Volles Risiko und null Garantien im Lindner-Depot
Der 113-seitige Entwurf enthält vieles, was die von der Bundesregierung eingesetzte Fokusgruppe private Altersvorsorge in ihrem Abschlussbericht vom Juli 2023 empfohlen hatte. Allerdings war damals strittig, wie risikoreich ein staatlich gefördertes, kapitalmarktorientiertes Altersvorsorgeprodukt sein darf. Die Idee, dass bei einem Lindner-Depot staatliche Zulagen schließlich am Kapitalmarkt verlustreich angelegt werden, stieß vor allem bei Gewerkschaftsvertretern auf Kritik.
Geplant ist auch ein unabhängiges, kostenlos zugängliches Vergleichsportal und die Möglichkeit, günstig zwischen den Anbietern wechseln zu können. Das soll laut Gesetzesentwurf den Wettbewerb unter den Anbietern stärken. Die staatliche Zertifizierung der Produkte sollte außerdem „gestrafft und standardisiert werden“, heißt es in dem Entwurf. Wie heute auch bei Riester sollen die neuen Produkte in der Auszahlphase nachgelagert besteuert werden. Die Zulagenförderung soll aber einfacher werden. Der individuelle Mindesteigenbetrag – der bei Riester Jahr für Jahr neu berechnet wird, um die maximale Förderung erhalten zu können – soll entfallen.
Unbegrenzt gefördert wird aber nicht: Maximal 3.000 Euro Investitionen pro Jahr werden staatlich unterstützt, Förderung gibt es für höchstens 600 Euro. Eltern bekommen etwas mehr, abhängig vom Wert des Aktiendepots und der Anzahl ihrer Kinder. Bis zu 300 Euro pro Jahr und Kind werden gefördert. Nachteilig für Geringverdiener und Hausmänner oder Hausfrauen ist: Der Mindestbetrag steigt mit zehn Euro pro Monat auf das Doppelte im Vergleich zu Riester. Für Menschen mit sehr wenig Einkommen ist aber ein Bonus geplant: Wer ein geringeres Jahreseinkommen als 26.250 Euro hat, erhält 175 Euro zusätzlich an Förderung. Menschen unter 25 Jahren bekommen einen Bonus von 200 Euro.
Starten soll die neue private Altersvorsorge ab 2026. Erwartet werden Kosten von zunächst 380 Millionen Euro pro Jahr.
Profitieren werden vor allem Besserverdiener
Die Versicherungswirtschaft sieht den Entwurf kritisch. Vor allem die fehlende Garantie sei ein Problem, sagt ein Insider. Für Unmut sorge auch, dass es die Auszahlung nur bis zum 85. Lebensjahr geben soll, es also keine
lebenslange Rentenzahlung geben wird. Die Gewerkschaften kritisieren, es handele sich bei der Reform gar nicht um eine wirkliche Rente, sondern um eine neue Möglichkeit, ein reines kapitalbildendes Produkt zu besparen. Von den neuen Rentenprodukten würden vor allem Besserverdiener profitieren. Denn wer mehr als 7.000 Euro pro Jahr investiert, erhalte eine Förderung aus Zulage und Steuervorteil von mindestens 50 Prozent.
Am Montag ging der viel diskutierte Gesetzesentwurf in die Ressortabstimmung. Kommt das Gesetz wie geplant, wird es in der Reihe der wenigen Menschen, nach denen eine Rente benannt ist – Walter Riester, Bert Rürup und Andrea Nahles –, bald einen weiteren Namen geben: Christian Lindner.
Der frühere Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) wollte die Altersvorsorge für Beschäftigte verbessern – die staatlich geförderte Riester-Rente wurde nach ihm benannt. Heute ist sie in Verruf geraten und im Grunde gescheitert. Seit Jahren werden kaum noch neue Verträge abgeschlossen, viele der über 15 Millionen Verträge werden gar nicht mehr aktiv bespart, sondern sind ruhend gestellt. Die Zahl der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge-Verträge ist seit 2018 sogar rückläufig. Und während die Ampel über das Rentenpaket II streitet und hier vor allem die FDP blockiert, legt ausgerechnet Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) einen Entwurf für eine Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge vor.