Präsidentin Claudia Sheinbaum will Morde an Journalisten in Mexiko stoppen

Für Pedro Cárdenas von der Menschenrechtsorganisation Article 19 ist die Hoffnung berechtigt. „Claudia Sheinbaum hat sich zu mehr Schutz für Journalist:innen bekannt, die Straflosigkeit nach Morden an Journalist:innen soll endlich enden. Das ist positiv. Doch wir müssen abwarten, was sie initiiert, wenn sie Anfang Oktober vereidigt wird“, so der Programmdirektor für den Schutz von Journalist:innen.

Derzeit ist die Hoffnung unter Mexikos Journalist:innen sozusagen greifbar. Zum einen ist Sheinbaum die erste Frau, die in den Präsidentenpalast des Landes einzieht; zum anderen ist die Wissenschaftlerin nicht durch den konfrontativen Regierungsstil ihres Vorgängers und politischen Mentors Andrés Manuel López Obrador aufgefallen.

Der in Mexiko meist als AMLO bezeichnete Präsident hat zwar zu seinem Amtsantritt am 1. Dezember 2018 erklärt, dass es keine weiteren Journalist:innenmorde in Mexiko geben werde. Doch das Gegenteil war der Fall.

In der noch bis Anfang Oktober währenden Amtszeit des linkspopulistischen Politikers wurden bis heute 38 Journalist*innen ermordet, weitere fünf sind bis heute nach Angaben von Article 19 spurlos verschwunden. Etliche weitere sind ins Ausland geflohen – meist, weil sie von der organisierten Kriminalität, den Auftragskillern der Kartelle, bedroht wurden. Doch es gibt auch die Fälle, in denen Kolleg:innen vom Präsidenten höchstpersönlich diffamiert und öffentlich bloßgestellt wurden, sagt die Investigativjournalistin Marcela Turati. „Reyna Haidee Ramírez heißt eine gute Freundin, die Mexiko in Richtung Barcelona verlassen hat“, so Turati.

Etliche Journalist:innen hat der oft selbstherrlich auftretende Präsident auf seinen morgendlichen Pressekonferenzen bloßgestellt, diffamiert und sogar persönliche Details aus deren Steuererklärung preisgegeben. Für Turati ist das ein eklatanter Verstoß gegen die Verfassung und ein Grund, weshalb die Schere im Kopf der Journalist:innen größer geworden ist. „In Mexiko braucht es viel Mut, um über Korruption in Regierungskreisen oder bei den Militärs zu recherchieren“, sagt sie.

Die Zahl der Morde an Journalisten in Mexiko sinkt

Das soll sich ändern und dazu hat sich die designierte Präsidentin Claudia Sheinbaum bekannt. Ende Mai, noch vor ihrer Wahl, unterzeichnete sie ein Abkommen mit „Reporter ohne Grenzen“, welches sie verpflichtet, sich nicht nur für den Schutz von Journalist:innen zu engagieren, sondern auch mehr für die Ermittlung von Straftaten gegenüber Berichterstatter:innen zu tun. Dafür soll eine Kommission nach der Vereidigung von Sheinbaum Anfang Oktober zusammentreten, die konkrete Maßnahmen für mehr Sicherheit von bedrohten Journalist:innen ausarbeitet und zugleich dafür sorgt, dass Polizei und Staatsanwaltschaft mehr Attentate, Morde und Gewalttaten an Journalist:innen aufklären.

Das seien positive Ansätze, meint Marcela Turati, die aber wie viele Journalist:innen auch darauf verweist, dass erst in ein paar Monaten absehbar sei, ob sich in Mexiko wirklich etwas geändert hat, ob die hohe Zahl von Journalist:innenmorden endlich sinken wird. Nach Angaben von Article 19 ist Mexiko das gefährlichste Land für Berichterstatter:innen außerhalb von Kriegszonen. Mindestens sechs Morde gab es bis Anfang Juni. Das sind sechs zu viel, aber immerhin deutlich weniger als im Vorjahr, sagt Marta Durán, die freiberuflich für das französische Radio berichtet. „Zentrale Herausforderung für mich ist es, die Kloake der Generalstaatsanwaltschaft aufzuräumen: korrupte Staatsanwälte und solche, die nach politischen Kriterien agieren, bloßzustellen und Ermittlungen zu fordern und zu fördern.“

Unstrittig ist, dass es gegen diese politische Agenda Widerstände geben wird und dass für die Umsetzung auf allen Ebenen zusätzliches Personal nötig sein wird: in der Justiz und bei den Sicherheitsbehörden. Das hat Claudia Sheinbaum allerdings frühzeitig angekündigt und über die Etats wird bereits hinter den Kulissen verhandelt. Für die Pressefreiheit eine gute Nachricht.