Portugal: Minderheitsregierung in Portugal verliert Vertrauensabstimmung

Nach nur einem knappen Jahr im Amt ist die konservative Minderheitsregierung in Portugal am Ende. Ministerpräsident Luís Montenegro verlor eine Abstimmung über die Vertrauensfrage im Parlament in Lissabon deutlich. Die Opposition wirft Montenegro Interessenkonflikte bei den Geschäften der Anwaltskanzlei seiner Familie vor.

Portugal steht damit voraussichtlich vor der dritten vorgezogenen Parlamentswahl seit 2022. Präsident Marcelo Rebelo de Sousa könnte nun zwar einen anderen Politiker des Regierungsbündnisses oder den Oppositionsführer mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass das Staatsoberhaupt das Parlament auflösen und Wahlen ausrufen wird. Eine Neuwahl könne am 11. oder 18. Mai stattfinden, hatte Rebelo vergangene Woche gesagt.

Nach Angaben der Opposition soll das von Montenegro 2021 gegründete Beratungs- und Immobilienunternehmen Spinumviva von Regierungsaufträgen profitiert haben. Der sozialdemokratische Regierungschef bestreitet jede Unregelmäßigkeit. Die Firma gehöre seinen Söhnen. Informationen etwa zu den Kunden des Unternehmens gab er aber nicht preis.

Montenegro will erneut kandidieren

Im Rahmen der Affäre überstand Montenegro bereits zwei Misstrauensvoten. Da die Opposition ihre Pläne für eine Untersuchungskommission dennoch nicht aufgeben wollte, stellte er die Vertrauensfrage. Dies sei notwendig, um in einer schwelenden politischen Krise die Unsicherheit über die Zukunft zu zerstreuen, sagte er zur Begründung. Zwei Monate der Instabilität seien besser „als anderthalb Jahre langsamer Zerfall“.

Nach Einschätzung von Beobachtern nimmt Montenegro die mögliche Neuwahl in Kauf, weil er eine zermürbende Untersuchung verhindern will – und weil sein Bündnis AD nach aktuellen Umfragen auf einen Sieg mit einem besseren Ergebnis als im März 2024 hoffen kann. Portugal verzeichnet auch nach dem Regierungswechsel vom Frühjahr 2024 gute Wachstumsraten und eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit bei anhaltend strikter Ausgabendisziplin. Der gestürzte Politiker hat bereits angekündigt, er wolle trotz der Vorwürfe wieder kandidieren.

Die vorerst letzte Wahl hatte es erst am 10. März 2024 gegeben, nachdem der damalige sozialistische Ministerpräsident António Costa wegen Korruptionsermittlungen gegen ihn und andere Regierungsmitglieder zurückgetreten war. Nach jetzigem Stand hat sich Costa allerdings nichts zuschulden kommen lassen. Der 63-Jährige ist inzwischen Präsident des Europäischen Rates.