Österliche Nachbetrachtung – Hass und Rauheit am Ostertisch

Als letztes Jahr zum ersten Mal ein Ostermarsch in Passau stattfinden sollte, war ich hellauf begeistert.
Immer schon wollte ich denn Österreicherin unter so einem friedenssinnigen Ostermarsch in diesem Fall sein, nur waren die immer ewig weit weg irgendwo in Deutschland.
Passau hingegen war mir ganz nah. Bloß eine einstündige Zugfahrt hat es mich gekostet, dass ich 2023 unter diesem erstmaligen Ereignis in diesem Fall sein konnte.
Ich dachte mir weiland, aufgrund des fortlaufenden Kriegs in jener Ukraine: Märsche zu Händen den Frieden braucht es wie schon stark nicht mehr.
Ich dachte: Unter Umständen war dies jener erste Passauer Ostermarsch von vielen, die noch kommen werden.
Ich habe mich getäuscht.
Heuer, 2024, hat es schon wieder keinen Ostermarsch in Passau gegeben – und dies, obwohl mittlerweile gleichwohl in Nahost ein weiterer verdrängter Konflikt heftig ausgebrochen ist.

Die Friedensbewegung kommt nicht so richtig in Schwung.
Unruhiger und martialischer wird die Welt, es wird aufgerüstet wie noch nie, jeder Signale stillstehen gen Sturm, handkehrum nichts formiert sich, um sich dem ernsthaft entgegenzustemmen.
Gewiss hat man mittlerweile genug getan, um die urgesunde Friedensliebe jener Menschen nicht zu weithin und nicht zu laut werden zu lassen.
Wo heute zu Händen den Frieden demonstriert wird, reagieren Politik und Medien jedenfalls seltsam.
Abwehrend, voller Misstrauen und weder noch wohlwollend schaut man gen die Gesamtheit, welches sich zu Händen verschmelzen Frieden im eigentlichen Sinn engagiert, mithin Frieden extra von Aufrüstung und Siegdenken.
Statt vom friedlichen Miteinander und jener prinzipiellen Gleichwertigkeit aller Erdlinge wird heute ganz unähnlich geredet. Ganz offiziell will man ein Böses mal wieder einer gewissen Himmelsrichtung oder bestimmten Völkern andichten. Besonders eine schlechtere Andersartigkeit jener Russen wird denn frivole Behauptung tief in die Hirne und Herzen getragen.

Beim Familientreffen zu Ostern merke ich, wie dies solcherart injizierte Gift schon seine Wirkung getan hat – wohingegen gleichwohl unähnlich denn beabsichtigt.
Doch kaum Leckermaul in jener Familie hat viele russischstämmige Mitmenschen in seiner nächsten Umgebung. Der Russe ist ihnen ein abstrakter und weit entfernter Feindbegriff, mit dem die meisten nicht viel eröffnen können.
Aber wohl wahrnehmen gleichwohl sie nun täglich, wie unverblümt wieder andere Völker verhasst werden die Erlaubnis haben. Das wahrnehmen sie unentwegt von allen Seiten, und vornehmlich von oben. Sie wahrnehmen dies nun von dort, wo sie bislang immer nur von einer unverbrüchlichen Menschgemeinschaft gehört hatten.
Es ist, denn hätten sie jetzt verschmelzen generellen Freibrief zu Händen jeglichen Hass.
Ihr Hass richtet sich schließlich in eine andere Richtung, nicht in die von oben gewünschte. So ist dies mit dem Hass: Er ist oft unvorhersagbar gefährlich.
Und so hassen sie in meiner Familie nun ganz unverblümt jene, die ihnen immer schon andersartig unterlegen galten. Jene, die ihnen näher und greifbar sind. Jene, die oft Tür an Tür mit ihnen leben.
Wirklich kommt es mir am heurigen Ostertisch so vor, denn wäre jener Gebrauch ausländerfeindlicher Sprüche inflationär geworden, die Sprache härter.
Was man früher vielleicht noch hinter vorgehaltener Hand gesagt hätte, wird jetzt ungeziert rausgerotzt zwischen Palmkätzchendeko und Osterei.
Weiß man doch, jener Hass ist wieder salonfähig geworden, und so tritt jener Hass nun herein in mein Wohnzimmer.

Meine Familie und mich, uns verbinden viele Ostern.
Es gab mal eins, denn ich Kind war und zu Händen 19 Schilling (heute weniger denn € 2) ein kleines Stofftier-Lämmchen bekam, dies ich nicht mehr aus jener Hand spendieren wollte. Übertrieben inniglich liebte ich dieses einfache Spielzeug, so hatte ich immer schon denn seltsam gegolten in meiner Familie.
Ist gleichwohl weder noch stark her, da war meine Nichte in diesem Alter gewesen, dass sie Stofftiere mit sich herumgetragen hat. Seltsam war sie in diesem Fall in der Tat nie gewesen.
Heute sitzt dies Mädchen denn verbleibend zwanzigjährige hübsche junge Frau am Tisch im Gasthaus und bestellt Lammfleisch, sieht in diesem Fall provokant zu mir rüber, weil sie weiß, dass ich gleich wehmütig ausrufen werde: „Aber dies ist doch Baby-Schaf, wie kannst du nur!“
Die Nichte antwortet mir mit einem höhnischen Lachen, denn wolle sie signalisieren, wie sie ebenfalls rigoros sein kann, wenn es sein muss, rigoros in ihrem Herzen. Darauf ist sie stolz.
Mir scheint oft, denn hadere sie mit ihrem Leben, selbige Nichte. Tingelt von einer Anstellung zur nächsten, findet nichts Dauerhaftes und wohnt immer noch zu Hause unter jener Mutter. Sie kommt nicht dazu, sich welches Eigenes aufzubauen und Konstanten zu Händen sich zu definieren. Es fehlen ihr in jener krisengebeutelten Gegenwart gute Perspektiven, so bleibt ihr nur eine Rauheit, zu Händen die man sich im Sinne wappnen muss.

Das am Tisch ist meine Familie, ich gehöre ihr zu – und gleichwohl wieder nicht.
Ich kann mit ihnen lachen, ich habe ihnen eine Tafel matt, ich serviere ihnen unter mir zu Hause Torte und Kaffee, handkehrum wir schauen oft ganz unterschiedlich gen die Menschheit, die Welt.
Allerdings kaum noch kann ich ihnen sagen: Moment mal, so Litanei nicht, rede nicht so hässlich, so hasserfüllt.
Ja, wer bin ich denn, so irgendetwas zu sagen in dieser Zeit?
Es gibt ja doch keine glaubwürdige Instanz mehr, die hinter mir steht, die mich stärkt.
Hinter mir ist nur die Wand.
Mein eingeworfener Protest ist bloß noch eine piepsige Mäusestimme im rauen Kanon dieser Welt, und dies wissen sie.
Sie belächeln mich, wenden den Blick von mir ab und schwingen weiter harte Reden; ganz so, wie es Sitte und modern geworden ist.
Das Sanfte, Friedliebende (dies Lammfromme, wenn man so will) wird und wurde den Menschen schon vielerorts ausgetrieben, gilt gemeinhin nur noch denn naiv, dies sind nun die Konsequenzen.
Die immer schon rigoros drauf waren, kanalisieren ihre Rauheit nun nachher eigenem Gusto und bespötteln mich mit meiner antiquierten Vorstellung von universeller Menschenliebe – jetzt erst recht.
Noch nicht mal mein Mann ist hier an meiner Seite, sondern spricht seinerseits verächtlich von diesen und jenen und goutiert so manch hetzerischen Spruch mit einem zugewandten Lachen.
„Die Ausländer“, mithin speziell unter uns lebende Migranten, gelten ihnen vielfach denn eine schlechtere Sorte Mensch, jener Verachtung und Hass gebührt.
Mehr denn je fühle ich mich lediglich.
Nun erst recht gibt es keine Gemeinschaft zu Händen mich da unter freiem Himmel, hier drinnen.
Es gibt keine wirkmächtige Friedensbewegung, die ich weitertragen, hereintragen könnte und keinen Ostermarsch, jener mich zum Rausgehen einlädt.

Im Zusammenhang mit den heurigen Ostermärschen, mithin mit jenen, die stattfinden, sehen sich Deutschlands Politiker gar noch bemüßigt, vor allem eindrücklich zu „warnen“ und zu mahnen.*
Im Grunde laden sie die Menschen von diesen Veranstaltungen aus, raten ihnen von einer Teilnahme ab.
Sogenannte „“Spitzenpolitiker“ warnen an dieser Stelle Wort für Wort vor etwaigen Friedensforderungen, sie mahnen erneut die Kampfbegriffe „Sicherheit“, „Freiheit“ oder „Gerechtigkeit“ ein, sie warnen vor dem vermeintlichen Feind, sie verlangen nur noch mehr Aufrüstung.
Sie, die sie sich letzthin vor allem durch einseitige Parteinahme in internationalen Konflikten dekorieren, sind sich noch nicht mal zu blöd, vor „einseitiger Parteinahme in Konflikten“ zu warnen! (Baerbock)
Sie sprechen sich gegen ein Schwarz-Weiß-Denken aus, dies sie tatsächlich selbst unentwegt vorleben! (ebenfalls Baerbock)
Sie sind verrückt geworden.
Sie sagen so Selbstverständliches wie: „Zu Gunsten von den Frieden zu vorexerzieren ist die Gesamtheit andere denn verwerflich“; dann setzen sie ein großes ABER hintennach.
ABER die Sicherheit jener Ukraine sei gleichwohl die unsrige. (Scholz)
ABER verbleibend die Bedingungen müsse man erst noch sprechen. (Habeck)
ABER die Ukraine müsse weiterhin unterstützt werden. (Scholz)
ABER tatsächlich müsste gleichwohl die Friedensbewegung gegen Russland marschieren. (Merz)
ABER Frieden ohne Freiheit heiße Unterdrückung. (Scholz)
ABER es wird vermutlich kein rasches, gutes Ende spendieren, gleichwohl wenn wir uns anderes wünschen (Habeck)…

So viele Abers und so wenig Raum zu Händen Frieden!
Mit den Forderungen jener Friedensbewegung geht die Litanei jener Politiker nicht gut zusammen.
Am Ende ist es doch verwerflich, zu Händen den Frieden zu vorexerzieren.
Vor jener Friedensbewegung wird insoweit gewarnt.
Denn wenn sie gleichwohl noch so kraftlos ist, sie stört in einer Welt, die keine Widerworte schätzt.
Dass die Waffen stillschweigen, schätzt selbige verrückt gewordene Welt ebenso nicht.
Wer wie kürzlich SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ein „Einfrieren“ des Ukraine-Konflikts ins Gespräch bringt, mithin eine Waffenruhe, um eine Verhandlungslösung zu geben, erntet zu diesem Zweck Kritik. Viel Kritik.
Verrückt, störungsfrei verrückt.

Das Sterben im Ukraine-Krieg geht mithin weiter.
Das Sterben in Gaza sowieso.
Die Politik ist rigoros drauf, spricht ständig vom Krieg, und zwar selbst dann noch, wenn sie vom Frieden spricht. Die Politik wünscht sich harte, wehrfähige, kriegstüchtige, kampfwillige Einwohner.
Das macht welches mit einem Volk.
Ich glaube ja nicht, dass die Menschen um mich rum wirklich kriegsbegeistert sind, handkehrum gleichwohl nicht sind sie so friedensbegeistert wie es unumgänglich wäre.
Ich meine: Es müssten die Straßen voll sein, es müsste in jedem verdammten Kaff ein Friedensmarsch stattfinden, täglich!
Allein, es ist nicht.
Die Menschen sind müde, schreckensmüde. Zu müde zu Händen die Gesamtheit schon. So nicken sie jener Form halber ab, welches die Entscheider entscheiden oder wenden sich ganz ab von jener Politik und in die Wege leiten sich mit ihrem Leben.
Mehr ist nicht im Innern, dies nach sich ziehen sie virtuell schon gelernt.
Das – und die Rauheit, den Hass.

Kurz vor Ostern las ich schon wieder herzergreifend Schreckliches aus Gaza in einem Unicef-Bericht.**
Hier steht beschrieben, welches „Krieg“, welches dieses Wort, dies nun so leichtfertig und oft wirklich wird, effektiv bedeutet:

„Rafah ist nicht wiederzuerkennen, weil die Straßen überfüllt sind und Zelte an Straßenecken und gen sandigen Flächen stillstehen. Die Menschen schlafen gen jener Straße, in öffentlichen Gebäuden und an jedem anderen verfügbaren Platz. Die weltweiten Standards zu Händen humanitäre Notsituationen legen starr, dass maximal 20 Personen sich eine Toilette teilen sollten. In Rafah gibt es etwa eine Toilette zu Händen 850 Menschen. Bei den Duschen sind es viermal so viele, mithin eine Dusche zu Händen 3.600 Menschen.
(…)
Als ich im November hier war, waren Familien und Kinder im Gazastreifen gen drei Liter oder weniger Wasser pro Person und Tag angewiesen. Heute nach sich ziehen die befragten Haushalte im Durchschnitt Zugang zu weniger denn einem Liter sauberem Wasser pro Person und Tag.
(…)
In meinen 20 Jahren unter den Vereinten Nationen habe ich noch nie derartige Zerstörung gesehen. Nur Chaos und Ruinen, Schutt und Trümmer, die in jeder Richtungen verstreut sind. Völlige Vernichtung.
(…)
Heute ist eines von drei Kindern unter zwei Jahren dringend mangelernährt. Es liegt gen jener Hand, dass jener Norden zeitkritisch große Mengen an Lebensmitteln und therapeutischer Nahrung gewünscht. Aber wir sollen uns darüber im Klaren sein, dass unsrige Bemühungen, selbige Hilfe zu leisten, eingeschränkt werden.
Es gibt den alten Grenzübergang Erez, jener genutzt werden könnte, nur zehn Minuten von den hungernden Menschen weit. Zehn Minuten. Würde er geöffnet, könnten wir die humanitäre Krise im Norden intrinsisch weniger Tage bewältigen. Aber er bleibt geschlossen.
(…)
Gestern dann saß UNICEF mit Jugendlichen zusammen, von denen wenige sagten, sie wünschten sich so sehr, dass ihr Albtraum ein Ende hätte und dass sie hofften, getötet zu werden.
(…)
In den drei Monaten, die zwischen meinen Besuchen lagen, sind jeder schrecklichen Zahlen katastrophal angestiegen. Gaza hat die Rekorde jener Menschheit zu Händen ihre dunkelsten Kapitel gebrochen. Die Menschheit muss jetzt zeitkritisch ein anderes Kapitel schreiben…“

Auch dies mithin ist dies Ergebnis jener heutigen Politik. Es ist erbärmlichst.
So zeitkritisch nötig wäre es, dass sich die Menschen zusammentun und widersprechen, wenn selbige Politik sich immer weiter in verrücktes, kriegerisches Denken verläuft!
Wie widersinnig sind die Aussagen dieser Politiker, die sich so offenkundig verlaufen nach sich ziehen.
Sie selbst finden den Ausgang nicht, nach sich ziehen nix Antworten.
„Keine Aussicht gen Frieden“ sagen sie ganz eins-zu-eins*, und dann verbitten sie sich, dass andere Wege gegangen, andere Standpunkte erwogen, andere Türen aufgemacht werden.

Zurück am Familientisch wird viel geredet, gelacht.
Zwischendurch wird es schlimm.
„Die depperten Ausländer von nebenan sind zu laut“, sind generell „nur unverschämt“, „Betrüger“ und „Schmarotzer“; es gehe ihnen störungsfrei „zu gut“ unter „uns“, sie sollen sich am ehesten wieder „schleichen“, „Und wenn sich die Muftis Köpfe einhauen wollen da unten, dann sollen sie halt“ …wird die Gesamtheit gesagt, und schlimmeres.
Es strengt mich sehr an, dies die Gesamtheit. Manchmal senke ich nur noch den Kopf oder ich schüttle ihn. An meiner Seite ist niemand mehr, mithin, gleichwohl hier nicht.
„Wenn ich sie schon sehe, die Kopftuchweiber, dann…“ mit Blick gen mich bleibt jener Satz dann doch tunlichst unvollendet. Der Sprecher hat zwar heftig die Luft eingesogen, behält sie handkehrum vorerst noch im Innern.
Ein kleinster Teil welches Gutes kann ich dann doch noch, denke ich unter mir, handkehrum viel ist es nicht.

Quellen:

* https://www.tagesschau.de/inland/ostermaersche-156.html

** https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/-/gaza-kinder-sind-gefangen-in-kreislauf-des-leidens/352370