Nachfolge von Christine Lambrecht: Boris Pistorius wird neuer Verteidigungsminister

Der bisherige niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) tritt die Nachfolge von Christine Lambrecht an der Spitze des Verteidigungsministeriums an. Das bestätigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über seinen Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Pistorius ist ein äußerst erfahrener Politiker, der verwaltungserprobt ist, sich seit Jahren mit Sicherheitspolitik beschäftigt und mit seiner Kompetenz, seiner Durchsetzungsfähigkeit und seinem großen Herz genau die richtige Person ist, um die Bundeswehr durch diese Zeitenwende zu führen“, sagte Scholz.

Pistorius ist seit 2013 Innenminister in Niedersachsen, erst vor wenigen Wochen begann seine dritte Amtszeit. Ihm werden seit Längerem bundespolitische Ambitionen nachgesagt. So hatte er sich 2019 gemeinsam mit Petra Köpping um den SPD-Vorsitz beworben. Bereits 2017 war er Teil des Schattenkabinetts des damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Zudem gab es Gerüchte, er könnte Bundesinnenminister werden, sollte sich Nancy Faeser entscheiden, bei der Landtagswahl in Hessen als SPD-Spitzenkandidatin anzutreten.

Ernennung am Donnerstag

Im Kreis der Innenminister von Bund und Ländern gilt Pistorius als kenntnisreicher Fachpolitiker. Auch wenn er bislang stets in Niedersachsen blieb, war er auch an der innenpolitischen Positionierung der Bundes-SPD in Wahlkämpfen und an Koalitionsverhandlungen beteiligt.

Hebestreit zufolge soll Pistorius am Donnerstag seine Ernennungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten und im Bundestag seinen Amtseid leisten. Seinen ersten großen Auftritt als Bundesminister hat Pistorius dann am Freitag. Dann trifft sich die Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein in Rheinland-Pfalz. Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt wollen die Verbündeten der Ukraine über weitere Unterstützung für das Land beraten.

Keine Parität mehr im Bundeskabinett

Mit der Entscheidung für Pistorius gibt Scholz seine bisherige Linie auf, dass Männer und Frauen in gleicher Zahl im Kabinett vertreten sein sollen. Aus Regierungskreisen hieß es, die Kabinettsumbildung beschränke sich auf das Verteidigungsministerium. Die Männer wären dann mit Pistorius als Chef des Wehrressorts in der Mehrzahl.

Die SPD-Frauen hatten zuvor darauf bestanden, dass die Parität beibehalten werde. Der Bundeswehrverband und der Reservistenverband hatten dagegen Führungskompetenzen als Entscheidungskriterium für die Besetzung genannt. 

Modernisierung der Truppe, Umgang mit Waffenlieferungen

Pistorius folgt auf Lambrecht, die am Montag nach einer Reihe von Skandalen ihren Rücktritt eingereicht hatte. In einer kurzen schriftlichen Erklärung nannte sie als Grund die „monatelange mediale Fokussierung auf meine Person“, die eine sachliche Arbeit kaum mehr zugelassen habe. Die Juristin stand wegen ihrer Amtsführung bereits seit Monaten in der Kritik. Für Schlagzeilen sorgte zuletzt ein viel kritisiertes Video an Silvester.

Lambrecht hinterlässt ihrem Nachfolger mehrere Baustellen: So steht die Modernisierung der Bundeswehr unter anderem mithilfe des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens erst am Beginn. Unklar ist zudem, wie es mit den Waffenlieferungen an die Ukraine weitergeht. Zudem kämpft die Bundeswehr mit Mängeln bei zahlreichen Waffensystemen wie zuletzt beim Schützenpanzer Puma und hat Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Munition. Auch der geordnete Rückzug aus Mali, der nach dem Willen der Bundesregierung bis Mai 2024 erfolgen soll, muss organisiert werden.