Migrationspolitik: Juso-Chef wirft Olaf Scholz Einschüchterung vor

Der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation, Philipp Türmer, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeworfen, seine Kritiker wegen des geplanten Sicherheitspakets der Regierung unter Druck zu setzen. „Ich hoffe, dass sich niemand, der gegen das Paket stimmen will, davon
einschüchtern lässt und kann allen nur sagen: Lasst Euch nicht unterkriegen“, sagte der Juso-Chef dem stern. 

Scholz
hatte Kritikerinnen in der Bundestagsfraktion ermahnt, für das Vorhaben
zu stimmen. Anderenfalls werde er „von seinen Möglichkeiten Gebrauch machen“. Einige in der SPD hatten das als Anspielung auf die Vertrauensfrage verstanden. Dem wurde aber aus dem Umfeld des Bundeskanzlers widersprochen. „Er hat nicht mit der Vertrauensfrage gedroht“, sagte der designierte Generalsekretär, Matthias Miersch, in der ARD-Sendung maischberger. Die Diskussion sei aber „durchaus lebendig“ gewesen, was er angesichts des Themas für angebracht halte. Es gelte der Appell an die sogenannte Fraktionsdisziplin, wonach die Abgeordneten im Bundestag geschlossen für die Position stimmen, die die Mehrheit vertritt. Einen faktischen Fraktionszwang gibt es nicht.

Der Bundestag soll noch in dieser Woche über das Paket abstimmen. Dann könnte es am 18. Oktober in den Bundesrat kommen.

Türmer beklagt Diskursverschiebung

Türmer sagte, er sei froh, dass es innerhalb der Fraktion zu Widerstand gekommen sei. Er erwarte, dass viele nicht für das Paket stimmen werden. „Das Paket geht in die völlig falsche Richtung“, sagte er. Es sorge für eine massive Diskursverschiebung nach rechts, „weil der Kampf gegen Islamismus zu einem Kampf gegen Geflüchtete gemacht wird“. Das Paket der Ampel schikaniere Geflüchtete statt Islamisten, „das ist das Grundproblem“, sagte Türmer. Die pauschale Kriminalisierung von Geflüchteten sei nicht hilfreich.

Zudem kritisierte Türmer die Abschiebepolitik des Bundeskanzlers. „Seitdem Olaf Scholz im großen Stil abschieben will, versuchen die Ausländerbehörden ihre Zahlen irgendwie nach oben zu schrauben“, sagte er. In der Folge würden Menschen abgeschoben, die hier „hervorragend integriert“ seien. Er könne „bei dieser völlig verfehlten Abschiebepolitik“ nur „noch heulen“.

Die Ampelfraktionen im Bundestag hatten sich nach dem islamistischen Anschlag von Solingen auf das Sicherheitspaket verständigt. Es sieht unter anderem Verschärfungen des Waffenrechts, stärkere polizeiliche Kontrollbefugnisse und Maßnahmen gegen irreguläre Migration vor.

Eine mit einer Sachfrage wie einem Gesetzentwurf verbundene
Vertrauensfrage bietet dem Bundeskanzler die Möglichkeit, sich zu
vergewissern, ob seine Politik noch mit den Bundestagsmitgliedern
übereinstimmt. Tut sie das nicht, kann der Bundespräsident auf Antrag
des Bundeskanzlers das Parlament auflösen, und es kommt zu Neuwahlen.