Libanon: Israel hat laut eigenen Angaben Rückzugsort welcher Hisbollah getroffen
Nach dem massiven israelischen Luftangriff in einem Vorort von Beirut suchen Retter nach Überlebenden. Mehrere Gebäude seien in dem dicht besiedelten Vorort Haret Hreik zerstört worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur NNA. Es könnte deshalb Dutzende oder sogar Hunderte Tote geben, hieß es.
Die Zeitung Ha’aretz berichtete unter Berufung auf israelische Regierungsvertreter, es seien schätzungsweise 300 Menschen getötet worden. Das libanesische Gesundheitsministerium sprach zunächst von sechs Toten und 91 Verletzten. Diese Zahlen könnten aber steigen, weil viele Opfer wahrscheinlich noch unter Trümmern liegen. Auf Videos vom Ort des Angriffs waren große Trümmerberge zu sehen. Die Beseitigung von Trümmern laufe, erklärte das Ministerium.
Sicherheits- und Nahostexperte Michael Horowitz schrieb auf der Plattform X, Risse im Boden deuteten darauf hin, dass eine im Untergrund liegende Struktur angegriffen worden sei. Israel hat Militärexperten zufolge im Gazakrieg 900 Kilogramm schwere Bomben eingesetzt, die als „Bunkerbrecher“ bekannt sind und ganze Wohnhausanlagen zum Einsturz bringen können.
Israels Militär griff nach eigener Darstellung das Hauptquartier der Hisbollah an, das sich demnach unter Wohngebäuden befunden haben soll. Dabei wurden laut eigenen Angaben mehrere hochrangige Kommandeure der Miliz getötet, darunter der Kommandeur der Raketeneinheit im Südlibanon, Muhammad Ali Ismail, sowie dessen Stellvertreter. Ismail sei „für zahlreiche Terrorakte verantwortlich“ gewesen, hieß es weiter. Dazu gehörten „der Abschuss von Raketen auf das Gebiet des Staates Israel und der Abschuss einer Boden-Boden-Rakete auf das Zentrum des Landes am Mittwoch“. Die Hisbollah hat die Angaben bisher weder bestätigt noch dementiert.
Verbleib von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah unklar
Zum Schicksal des Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah gibt es keine gesicherten Angaben. Laut einer mit der Angelegenheit vertrauten Person ist er seit dem israelischen Angriff im Süden Beiruts nicht mehr erreichbar, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Auch Stunden nach dem Angriff hat sich die Hisbollah noch nicht zu Nasrallah geäußert. Eine der Hisbollah nahestehende Person teilte Reuters wiederum mit, Nasrallah sei am Leben, und auch die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, er sei in Sicherheit. Aus iranischen Regierungskreisen hieß es, sein Status werde geprüft. Hassan Nasrallah soll in einem unterirdischen Hauptquartier ein Führungstreffen abgehalten haben, berichteten fünf israelische Beamte, die unter der Bedingung der Anonymität über Geheimdienstberichte sprachen, der New York Times.
Menschen im letzten großen Rebellengebiet Idlib in Syrien haben den – bislang nicht bestätigten – Tod von Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah hingegen im Libanon gefeiert. Sie strömten dort am Abend auf die Straße, verteilten süßes Gebäck, hupten mit ihren Autos; einige gaben aus Freude Schüsse in die Luft ab, wie auf Videos in sozialen Netzwerken zu sehen war. Scharen von Menschen versammelten sich, sangen und klatschten und schwenkten Fahnen der syrischen Opposition.
Weitere Angriffe in der Nacht
Israel setzte seine Luftangriffe nahe der libanesischen Hauptstadt Beirut in der Nacht fort. Die Luftwaffe führe Angriffe auf strategische Einrichtungen der Hisbollah in der Umgebung von Beirut durch, teilte die israelische Armee mit. Dazu gehörten Waffenproduktionsanlagen, Gebäude, in denen moderne Waffen gelagert würden, sowie Kommandozentralen der proiranischen Miliz, hieß es. Die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete von mindestens elf Angriffen in Vororten südlich der Hauptstadt sowie in mehreren Orten im Süden des Libanon, unter anderem nahe Tyros.
Zuvor hatte das israelische Militär zum ersten Mal zur sofortigen Evakuierung bestimmter Gebäude in Vororten südlich von Beirut aufgerufen. Das teilte der israelische Armeesprecher Avichay Adraee in arabischer Sprache in einem Beitrag auf der Plattform X mit. Der Aufruf gelte für die Menschen, die in der Nähe bestimmter Gebäude lebten, die von der Hisbollah genutzt würden, hieß es. Zu ihrer eigenen Sicherheit sollten sich die Menschen mindestens 500 Meter von den Gebäuden fernhalten. In dem Beitrag zeigten Karten die genauen Orte, für die Israel zur Evakuierung aufrief.
Menschen fliehen ins Zentrum von Beirut
Hunderte Menschen sind vor den israelischen Bombardierungen in den südlichen Vororten der libanesischen Hauptstadt Beirut ins Stadtzentrum geflohen. Sie versammelten sich in der Nacht in Parks und zentralen Plätzen, wie Augenzeugen sagten. Die Menschen wurden laut einem Bericht der libanesischen Staatsagentur NNA dazu aufgerufen, sich über eine Telefonhotline einen Platz in einer Notunterkunft zu sichern.
Im Libanon wurden landesweit mehr als 500 Notunterkünfte geöffnet, in denen sich derzeit mehr als 70.000 Menschen befinden. Örtliche Journalisten berichteten, in Beirut würden Menschen nicht nur in Parks, sondern auch auf der Straße und an öffentlichen Stränden Schutz vor den Angriffen suchen.
„Gaza ist der Schlüssel zur Beendigung der Gewalt“
UN-Generalsekretär António Guterres warnte vor dem UN-Sicherheitsrat eindringlich vor einer Ausweitung des Konflikts. Er unterstütze den Vorschlag einer vorübergehenden Waffenruhe, die die Lieferung humanitärer Hilfe ermögliche und den Weg für die Wiederaufnahme ernsthafter Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden ebne. „Wir brauchen diese Waffenruhe jetzt.“ Endlose Verhandlungen wie im Gazastreifen könne man sich nicht leisten.
„Gaza bleibt das Epizentrum der Gewalt. Und Gaza ist der Schlüssel zur Beendigung der Gewalt“, sagte Guterres. „Die Schockwellen, die von dem beispiellosen Tod und der Zerstörung in Gaza ausgehen, drohen nun die gesamte Region in den Abgrund zu stürzen: ein Flächenbrand mit unvorstellbaren Folgen.“ Die Todesspirale müsse ein Ende haben und das humanitäre Völkerrecht müsse geachtet werden.
US-Präsident Joe Biden hat derweil angeordnet, die Aufstellung der US-Streitkräfte im Nahen Osten zu prüfen und „bei Bedarf“ anzupassen.
Nach dem massiven israelischen Luftangriff in einem Vorort von Beirut suchen Retter nach Überlebenden. Mehrere Gebäude seien in dem dicht besiedelten Vorort Haret Hreik zerstört worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur NNA. Es könnte deshalb Dutzende oder sogar Hunderte Tote geben, hieß es.
Die Zeitung Ha’aretz berichtete unter Berufung auf israelische Regierungsvertreter, es seien schätzungsweise 300 Menschen getötet worden. Das libanesische Gesundheitsministerium sprach zunächst von sechs Toten und 91 Verletzten. Diese Zahlen könnten aber steigen, weil viele Opfer wahrscheinlich noch unter Trümmern liegen. Auf Videos vom Ort des Angriffs waren große Trümmerberge zu sehen. Die Beseitigung von Trümmern laufe, erklärte das Ministerium.