Krieg im Sudan: UN nennen Krieg im Sudan „größte Vertreibungskrise unserer Zeit“
Der Bürgerkrieg im Sudan
hat sich nach Angaben der Vereinten Nationen zur größten
Vertreibungskrise unserer Zeit entwickelt. Mittlerweile sind etwa 12,7
Millionen Menschen vertrieben. 8,6 Millionen Menschen sind
innerhalb des Landes auf der Flucht, oft zum wiederholten Male.
Von jenen, die über die Grenze
geflohen sind, haben die meisten im Tschad, in Äthiopien, Libyen oder Ägypten Schutz
gefunden. Im Tschad ist die medizinische Versorgung prekär: Dort gibt es teils nur einen Arzt für 25.000 Menschen. In
vielen Regionen können aus dem Sudan geflüchtete Kinder keine Schule
besuchen.
Machtkampf seit zwei Jahren
Im Sudan
war im April 2023 ein Machtkampf zwischen Armeechef Abdel Fattah al-Burhan und seinem ehemaligen Vize, dem Kommandeur der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF), Mohamed Hamdan Dagalo,
eskaliert. Die Kämpfe hatten in
der Hauptstadt Khartum begonnen und weiteten sich schnell auf weitere Landesteile aus. Mehrere diplomatische Anläufe für ein Kriegsende scheiterten.
Die sudanesische
Armee kontrolliert aktuell den Osten und Norden des Landes sowie
Khartum seit März 2025, während die RSF-Miliz fast die gesamte Region
Darfur
im Westen eingenommen hat und weite Teile des Südens
kontrolliert. Beide Kriegsparteien greifen immer wieder
Zivilisten an. Zuletzt wurden bei einem Angriff der RSF auf das Lager
Samsam in Darfur mindestens 450 Zivilisten getötet. Oft kommt es seitens der RSF
zu Massakern an der schwarzen Bevölkerung. Aktuell gehen NGOs von
insgesamt etwa 150.000 Toten aus.
Nach UN-Angaben sind 30 Millionen Menschen im Land auf
humanitäre Hilfe angewiesen. Die Hilfe für den Sudan
ist jedoch stark unterfinanziert. Bisher sind nur zehn Prozent der erforderlichen
Mittel gesichert.
Bereits im August 2024 wurde offiziell eine
Hungersnot ausgerufen, zunächst im Vertriebenencamp Samsam, später in zehn weiteren Gebieten. Nach
Einschätzung der Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen könnten 17 weitere Regionen von einer Hungersnot betroffen sein. Insgesamt leiden 26 Millionen Menschen nach Angaben der Welthungerhilfe im Sudan unter akutem Hunger. In Verbindung mit Mangelernährung sind zudem Infektionskrankheiten wie Masern, Cholera und
Diphtherie ausgebrochen.
Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe
Im Sudan fehlt es an Nahrung, sauberem Wasser, medizinischer Hilfe und Sicherheit.
Immer wieder berichten Geflüchtete auch von sexueller Gewalt. Zu Vergewaltigungen kommt es vor allem bei der Eroberung von Städten durch
bewaffnete Gruppen, auf der Flucht oder im Alltag. Betroffen sind insbesondere Frauen und Mädchen, aber auch Kleinkinder. 2024 wurde 221-mal eine Vergewaltigung Minderjähriger angezeigt, heißt es in einem Bericht des UN-Kinderhilfswerks Unicef. Die Dunkelziffer liegt vermutlich um ein Vielfaches höher.
Einige Täter hätten Mädchen und Frauen
laut einem Bericht von Amnesty International tagelang als Sexsklavinnen in Häusern festgehalten. Aus Angst vor Stigmatisierung in der konservativen sudanesischen Gesellschaft verschweigen Betroffene oft selbst den eigenen Angehörigen eine Vergewaltigung. Im zentralen Bundesstaat Gezira nahmen sich im Oktober 2024 mehrere Frauen das Leben, nachdem sie Opfer von Gruppenvergewaltigungen durch paramilitärische RSF-Kämpfer wurden.
Die Zahl der Überlebenden, die unterstützende Dienstleistungen in Anspruch nahmen, ist
nach UN-Angaben zwischen Dezember 2023 und Dezember 2024 um 288
Prozent gestiegen. Doch die meisten erhalten keine psychologische Unterstützung.
Zudem kommt es immer wieder zu Angriffen auf
medizinische Einrichtungen und Personal. Seit Kriegsbeginn hat die NGO Ärzte ohne Grenzen mehr als 80 gewaltsame Vorfälle verzeichnet. Laut
der Weltgesundheitsorganisation sind 70 Prozent der Gesundheitseinrichtungen
in den Konfliktgebieten geschlossen oder kaum funktionsfähig.