Kohlenstoffdioxid-Speicherung in Dänemark: „Wir wollen nicht Europas Müllkippe werden“
Schwefelie habe ohnehin nicht mehr lange Zeit zu leben, da könne sie sich sogar vor vereinen Lastwagen legen, um die Pläne zu stoppen, sagt Vibeke Vasbo. Die 79 Jahre Frauenzimmer Schriftstellerin lebt gen jener dänischen Insel Seeland. Heute sitzt sie zusammen mit anderen Anwohnern in dem früheren Werftgebäude des Ortes Havnsø. Draußen ist jener Hafen zu sehen, nachdem die Bucht mit jener Insel – im Sommer ein Paradies z. Hd. Paddler. Drinnen an den Tischen sitzen rund 80 Leute. Viele von ihnen sind wütend, manche nach sich ziehen Angst. Es geht um ein Großprojekt, dasjenige ihren Ort drastisch verändern dürfte. Bald könnten große Mengen Kohlendioxid unter ihren Häusern gespeichert werden.
Zusätzlich dasjenige Einfangen und Speichern von Kohlendioxid (Carbon Dioxide Capture and Storage, von kurzer Dauer CCS) wird schon seit dem Zeitpunkt Jahrzehnten diskutiert. Es könnte die Emissionen drastisch reduzieren. Doch industriell angewendet wird dasjenige Verfahren bisher kaum. Das dürfte sich demnächst ändern. Die Europäische Kommission will massiv gen CCS setzen, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Dänemark will schon in wenigen Jahren damit beginnen, in großem Stil CO2 zu verpressen, um seine Klimaziele zu glücken.
Doch die Technik ist bisher kaum erprobt. Zwar speichert Dänemark schon heute Kohlendioxid in einem früheren Ölfeld in jener Nordsee, wirklich nur in sehr kleinem Umfang. Das benachbarte Norwegen betreibt CCS schon seit dem Zeitpunkt Jahrzehnten, etwa beim Sleipner-Gasfeld in jener Nordsee. Aber dort wird nur Kohlendioxid verpresst, dasjenige vor Ort für jener Erdgasgewinnung entsteht. Auf Land CO2 zu verpressen, dasjenige etwa in Müllverbrennungsanlagen oder für jener Zementherstellung aufgefangen wird, wie Dänemark es nun plant, macht in Europa in großem Stil noch keiner.
Dänemark könnte zwölf Gigatonnen CO2 filmen
Havnsø ist einer von acht möglichen Orten hierfür. Fünf entscheiden sich an Land, drei in jener Nordsee. Das Gas soll in eine Gesteinsschicht gepresst werden, die von gasundurchlässigen Schichten umgeben ist. Pro dasjenige Vorhaben hat die Regierung 37 Milliarden Kronen (rund fünf Milliarden Euro) bereitgestellt. Derzeit laufen Ausschreibungen z. Hd. die Erkundung, demnächst sollen Unternehmen Angebote weitergeben können. Theoretisch kann dann an allen acht Standorten CO2 gespeichert werden. Insgesamt mindestens 34 Millionen Tonnen. Dänemark ist aus Sicht jener Landes-Geologiebehörde Geus hervorragend z. Hd. die CO2-Speicherung probat. Das Land insgesamt könne mehr qua zwölf Gigatonnen CO2 filmen, heißt es in einem Bericht jener Behörde. Das wäre mehr, qua Dänemark derzeit obig 200 Jahre weit ausstoßen würde. Laut jener dänischen Energieagentur gibt es sogar Kapazität z. Hd. CO2 aus den Nachbarländern.
Das sorgt in Havnsø z. Hd. die größte Empörung. Auf keinen Fall wolle man den Dreck jener anderen filmen, sagen mehrere Anwohner. Bisher wurde vor Ort noch nicht gebohrt, sondern jener Boden mittels Schallwellen untersucht. Es habe „viel gewackelt“ zuletzt, sagt eine Frau. Als Folge einer CO2-Verpressung fürchten die Anwohner Erdbeben, Erdanhebungen und damit Brüche in den Gebäuden. Weiterhin Verschmutzung von Grund- wie Meerwasser in Folge von Lecks. Und nicht zuletzt Lärm und Tausende Lastwagen, die dasjenige Gas liefern.
Die Technologie sei noch kaum erprobt, sagt Rikke Volf. Sie ist Malerin und Vorsitzende des lokalen Umweltvereins Havnsø-Føllenslev. Wenn gar solle die Technik im Meeresboden angewandt werden. Niemand wolle oberhalb von so viel Gas leben. Volf moderiert an diesem Tag die Veranstaltung in Havnsø. Sie sammelt Ideen jener Anwohner, wie dasjenige Projekt noch gestoppt werden könnte. „Wir wollen nicht Europas Müllkippe sein“, heißt es immer wieder.
Draußen sind ein paar Fischerboote festgemacht. Daneben Holzhütten. Ein dänisches Idyll. Aber Fischer, sagen die Anwohner, gebe es nur noch zwei. Im Wasser sei kaum noch Leben. Schuld sei die Landwirtschaft, jener hohe Nährstoffeintrag. Dagegen tue die Regierung nichts. Volf hat sich vor einigen Jahren hier unter freiem Himmel vereinen kleinen Bauernhof gekauft. „Ich bin hier rausgezogen, um näher an jener Natur zu sein“, sagt sie – „naiv.“ Sie schimpft obig die Landwirtschaft, die riesige Schweineindustrie mit 30 Millionen Schweinen für nur konzis sechs Millionen Einwohnern. Anstatt CO2 zu verpressen, könne Dänemark so viel mehr für jener Reduzierung von Emissionen tun, sagt Volf. „Wir zu tun sein unseren Lebensstil ändern.“
Die Regierung solle dasjenige viele Geld möglichst z. Hd. eine drastische Reduzierung von CO2 etwa in jener Landwirtschaft, beim Verkehr sowie z. Hd. eine Aufforstung verteilen, sagt Kim Ejlertsen. Er ist im Vorstand jener lokalen Umweltschutzorganisation Ren Nekselø Bugt. Bei jener Anwohnerversammlung warnt er vor den Folgen jener CO2-Speicherung. An dieser hätten vor allem die großen Ölfirmen ein Interesse, sagt er. „CCS wird dasjenige Leben jener fossilen Industrie verlängern.“ Wenn dasjenige CO2 hochkomme, drohten eine Übersäuerung von Grund- und Meerwasser, Risse und Erdbeben. Zusicherungen, die Technologie sei unbedenklich, gälten nur, solange bis sie nun einmal nicht mehr gälten, sagt Ejlertsen.
Ejlertsen verweist gen den Fall „Nordic Waste“. Der Umweltskandal erschüttert Dänemark derzeit. Nord… von Aarhus ist eine Deponie mit zum Teil hochgiftiger Erde ins Rutschen geraten. Aus jener Deponie läuft giftiges Wasser. Wohin dasjenige soll, weiß derzeit niemand. Die Gemeinde muss sich nun drum kümmern, denn die Betreiberfirma „Nordic Waste“ ist insolvent. So könnte es in Havnsø sogar laufen, fürchtet Ejlertsen: Die Firmen nehmen dasjenige Geld, sind weg und – mit den Folgen zu tun sein die Anwohner leben.
„Das Risiko einer Leckage ist sehr kümmerlich“
Die CCS-Technologie sei sehr sicher, sagt hingegen ein Sprecher jener dänischen Energieagentur. Das Kohlendioxid werde in passende Gesteinsschichten in mehr qua 1000 Meter unter jener Oberfläche ewiglich gebunden. Der Betreiber müsse es dort permanent beaufsichtigen. „Das Risiko einer Leckage ist sehr kümmerlich und wenn auch CO2 entweichen würde, wäre dies ein sehr langsamer Prozess mit minimalen Auswirkungen gen die Umwelt.“ Eine Prüfung habe „keine ernsthaften Umweltbedenken“ loyal.
Dänemark hat sich dasjenige Ziel gesetzt, solange bis zum Jahr 2030 siebzig Prozent seiner Emissionen zu reduzieren. Rund ein Siebtel jener Reduzierung soll durch die CO2-Speicherung erfolgen. Auch viele Städte wollen klimaneutral werden. Aarhus etwa im Jahr 2030. Um dasjenige zu glücken plant die Stadt die Abscheidung von Kohlendioxid in einer Verbrennungsanlage – und hofft derbei gen die CCS-Technik. Kopenhagen hatte sogar schon z. Hd. 2025 dasjenige Ziel ausgegeben, kohlenstoffneutral zu werden, qua „erste Hauptstadt jener Welt“. Dafür sollten Emissionen reduziert, welches verblieb, sollte per CCS-Technologie aufgefangen und später gespeichert werden. Doch die Finanzierung scheiterte, jener Plan wurde aufgegeben. „Die dänische Regierung macht es homolog wie Kopenhagen. Sie setzt sich Klimaziele, ohne genau zu wissen, wie sie sie glücken kann, und hofft, dass die künftige Technik hilft, dasjenige Problem zu losmachen“, sagt dazu Inge-Merete Hougaard, die an jener Universität Kopenhagen zu CO2-Reduzierung und grünem Wandel jener Landwirtschaft forscht. Die CCS-Technik diene derbei qua Möglichkeit, drastischere Schritte zur Reduktion jener Emissionen zu vermeiden, sagt Hougaard.
Entscheidend sei es, die Technologie nicht nur zu versprechen, sondern sogar einzusetzen, andernfalls betreibe man „Greenwashing“, sagt Meeresforscher Klaus Wallmann vom Zentrum z. Hd. Ozeanforschung in Kiel (Geomar). Er leitet dasjenige von Bund und Ländern geförderte Geostor-Projekt, dasjenige untersuchen soll, ob es möglich ist, Kohlendioxid in jener deutschen Nordsee im industriellen Maßstab zu speichern. Aus seiner Sicht beweisen die Erfahrungen Norwegens, wo etwa im Sleipner-Gasfeld seit dem Zeitpunkt rund 25 Jahren jährlich etwa eine Million Tonnen CO2 verpresst wird, dass CCS laufen kann. Allerdings sei die Technik noch nicht vollends erforscht. Die Ausbreitung des Kohlendioxids im Untergrund erfolge oft differenzierend, qua zunächst erdacht. Trotzdem seien die Risiken „einschätzbar und für geeigneter Überwachung beherrschbar“, sagt Christian Hübscher von jener Universität Hamburg. „Gefahr z. Hd. Leib und Leben und katastrophale Ereignisse kann ich davon nicht folgern.“
Der Geophysiker forscht dazu, inwieweit jener Meeresboden in jener Ostsee z. Hd. eine Verpressung von Kohlendioxid probat ist. Es sei sehr schwergewichtig festzustellen, ob die Deckschicht allgemeingültig undurchlässig sei. Auch könne dasjenige CO2 vorwärts von durchlässigen Schichten weiterfließen. Doch drohe nicht sofort eine Katastrophe, da jene Prozesse mehrfach sehr langsam abliefen. „Jeder Kaltwasser-Geysir in Europa entlässt haufenweise CO2 in die Atmosphäre und kein Besucher ist sorgsam“, sagt Hübscher. „Wenn die CO2-Verpressung ausgeforscht ist und sich rechnet, kann man sie qua Brückentechnologie nutzen.“ Es gelte was auch immer zu tun, um nicht noch mehr CO2 in die Atmosphäre zu emittieren.
Die Technik ist nicht fade
Hauptgrund, warum seit dem Zeitpunkt 30 Jahren obig CCS gesprochen, die Technik allerdings so gut wie nie eingesetzt wird, ist aus Sicht Wallmanns dasjenige Geld. „Die Kosten sind so hoch, dass sich CCS bisher obig den Emissionshandel nicht refinanziert.“ Die CCS-Technik gen See koste rund 150 solange bis 200 Euro pro Tonne. Auf Land irgendetwas weniger, allerdings hierfür seien dort die Risiken höher. Der Preis z. Hd. CO2-Emissionsrechte hingegen betrage derzeit nur rund 80 solange bis 90 Euro pro Tonne. Daher sei die Angst einiger Umweltverbände, dass CCS eingesetzt werde, um nicht weiter Emissionen zu reduzieren und so jener Klimaschutz irgendwann zum Erliegen komme, „völlig unrealistisch“, sagt Wallmann. „CCS ist nicht die billige Lösungskonzept, mit jener man die Gesamtheit Probleme löst. Aus Kostengründen wird dasjenige keiner ohne Zwang zeugen. Ich habe vielmehr Sorge, dass wir kein CCS zeugen und weiter emittieren.“
Die dänische Energieagentur hat die Nachbarländer Deutschland und Schweden konsultiert. Zu entscheiden nach sich ziehen jene nichts. Doch von deutscher Seite gibt es Vorbehalte. So heißt es etwa in jener Antwort des Umweltbundesamtes, gen Grundlage jener vorliegenden Daten könne nicht festgestellt werden, dass die Speicherung von CO2unbedenklich sei. Verwiesen wird derbei gen Forschungen, denen zufolge Lecks für CCS-Projekten „vielmehr die Regel qua die Ausnahme sind“.
Die deutschen Behörden fordern deswegen weitere Untersuchungen. Trotzdem stillstehen sie jener Technik prinzipiell ungeschützt im Gegensatz zu. Selbst die Grünen tun dasjenige mittlerweile. Zusätzlich CCS sei vor zehn Jahren unter völlig anderen Vorzeichen diskutiert worden, sagt Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Tobias Goldschmidt. Damals habe die Technologie jener Verlängerung von fossilen Energien wie jener Kohlekraft fungieren sollen. Heute sei jener Kohleausstieg beschlossen. Pro „unvermeidbare Restemissionen“ wie etwa aus jener Müllverbrennung oder jener Zementindustrie eigne sich CCS. Nur so lasse sich dasjenige Ziel glücken, Schleswig-Holstein solange bis 2040 klimaneutral zu zeugen. Was die Sicherheit angeht gelte die Technik qua „gut beherrschbar“, mögliche Risiken seien zu minimieren. CO2-Emissionen in die Atmosphäre bedeuteten ebenfalls große Gefahren z. Hd. Mensch und Umwelt. „Wir nach sich ziehen hier die Wahl zwischen Pest und Cholera.“
In Deutschland ist die Speicherung von Kohlendioxid im Boden nicht erlaubt, es fehlt die rechtliche Grundlage. Mögliche Speicherorte sind noch weder noch erkundet. Die Bundesregierung hat eine Carbon-Management-Strategie erarbeitet, am Montag stellte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Eckpunkte dazu vor. Demnach soll die Verpressung und Speicherung von CO2 ermöglicht werden. Ohne CCS seien die Klimaziele nicht zu glücken, so Habeck.
Da Deutschland z. Hd. viele Emissionen zuständig sei und pro Kopf weiterhin viel CO2 ausstoße, sei es „sittlich geboten, dass wir zum Einsatz von CCS sogar hierzulande zumindest in petto sind“, sagt Schleswig-Holsteins Umweltminister Goldschmidt.
Source: faz.net