Kleist-Briefe: „Vielleicht wünschte er sich sogar Freiheit“

DIE ZEIT: Frau Fleig, was erfahren wir aus den neu aufgefundenen Kleist-Briefen?

Anne Fleig: Wir können jetzt Kleist noch stärker als politischen Autor wahrnehmen. Die Briefe an den österreichischen Diplomaten Joseph von Buol zeigen eine enge Freundschaft und ein gemeinsames Interesse: Die beiden einte der Kampf gegen Napoleon, der auch im Konspirativen geführt wurde.

ZEIT: Kleist und Buol haben sich in Dresden kennengelernt, waren etwa gleich alt, um die 30.

Fleig: Sie müssen sich sehr nahe gewesen sein. Kleist schreibt an einer Stelle der Briefe: „ich drücke einen heißen Kuß auf Ihre Lippen.“ Dann auch: Er „sehne“ sich nach einem Brief von ihm. Buol hat Kleist in Dresden 1807 als Dichter mit einem Lorbeerkranz geehrt, er wollte ihn als Schriftsteller unterstützen, ihm womöglich eine Anstellung am Wiener Burgtheater verschaffen. Als Österreich Napoleon dann den Krieg erklärt, muss Buol abreisen – die Sachsen sind ja mit Frankreich verbündet. Kleist reist ihm Richtung Wien nach und schreibt ihm von unterwegs euphorisch von der Schlacht von Aspern. Zunächst sieht es so aus, als könnten die Österreicher den Krieg gewinnen.