Katalonien: Carles Puigdemont kam, sprach und verschwand wieder

Wie viele Experten hatten in den spanischen Medien über die Rückkehr des katalanischen Ex-Präsidenten Carles Puigdemont schwadroniert. Es hieß, diese werde nicht stattfinden. Sobald der verlorene Sohn Spanien betrete, werde er verhaftet, spätestens nach der Sitzung des katalanischen Parlaments (dem Puigdemont als Abgeordneter angehört), wenn dort die Wahl des neuen Regionalpräsidenten über die Bühne sei.

Der Sicherheitsapparat überwachte Flughäfen und Straßen. Barcelona schien im Belagerungszustand. Die autonome Polizei Mossos d’Esquadra hatte mit dem Parc de la Ciutadella den Sitz der Abgeordnetenkammer abgeriegelt. Unter dem an das Gelände grenzenden Triumphbogen sollte es eine Begrüßung für Puigdemont geben, ausgerichtet von seiner Partei JxCat und anderen für ein souveränes Katalonien kämpfenden Gruppen. Auch dort Absperrungen, Polizei in Uniform und Zivil. Dann füllte sich am Vormittag des 8. August diese Stätte der Begegnung mit Tausenden, Bilder von Puigdemont schwenkenden Menschen, die riefen: „Puigdemont, unser Präsident. Wir werden gewinnen!“

Und plötzlich tauchte, wie von Geisterhand geführt, Puigdemont auf – zwischen dem katalanischen Parlamentspräsidenten Josep Rull und der JxCat-Vorsitzenden Laura Borràs. Er stieg auf die Bühne und hielt eine von leistungsstarken Lautsprechern übertragene kurze Rede. Danach verschwand er im Pulk der Ab-geordneten und ward nicht mehr gesehen.

Puigdemonts Anwalt Gonzalo Boye starrte an der Parlamentspforte verstört auf sein Handy, und die Mossos d’Esquadra begannen eine Großfahndung, „Operation Jaula“ (Käfig) genannt, die nach Stunden eines Megastaus auf den Straßen Barcelonas abgebrochen wurde.

Am selben Tag mussten zwei Kollegen der Mossos d’Esquadra in Haft, die angeblich Puigdemont ziehen ließen. Die Polizeiführung teilte schließlich mit, eine Festnahme des Exil-Politikers in aller Öffentlichkeithätte zu einem Massenaufruhr geführt. Wer weiß? Prominente Juristen bezweifeln, dass die Flucht strafbar war, denn Puigdemont fiele eindeutig unterdie Amnestie, der Haftbefehl habe daher keine Rechtsgrund-lage. Bald würde das Verfassungsgericht den sowieso als rechtswidrig aufheben. Puig-demonts erneute Rückkehr wärefällig.