Justiz: „Auch deutsche Regierende haben Gerichtsentscheide schon ignoriert“

In Thüringen droht der Justiz der Stillstand, weil die AfD aktuell den Richterwahlausschuss blockiert. Wie verwundbar ist die dritte Gewalt, wenn autoritäre Populisten mächtiger werden? Das haben Juristen des „Verfassungblog“ zuletzt im „Thüringen-Projekt“ erforscht, nun weiten sie ihre Forschung im „Justiz-Projekt“ auf ganz Deutschland aus. Hier erzählt der Leiter Friedrich Zillessen, was er und seine Kollegen vorhaben.

ZEIT ONLINE: Herr Zillessen, was
wollen Sie mit dem Justiz-Projekt herausfinden? 

Friedrich Zillessen: Wir fragen: „Was wäre,
wenn?“ Was würde mit der Unabhängigkeit der Justiz geschehen, wenn autoritäre
Populisten Macht im Staat bekämen? Beim Vorgänger, dem Thüringen-Projekt, haben wir am Beispiel eines Bundeslandes untersucht, wo Einfallstore
liegen, durch die Autoritäre an die Macht gelangen und sie ausbauen könnten, unter anderem in der Bildung, im
Parlament, bei Medien und im Kulturbereich. Nun konzentrieren wir uns mit der
Justiz auf einen bestimmten Bereich, der üblicherweise ganz besonders im Fokus von
autoritären Populisten steht, und schauen dafür auch auf die anderen
Bundesländer und den Bund. Es ist wichtig, dass wir mit Wissen ausgestattet sind,
Strategien frühzeitig erkennen und vor ihnen warnen können.