Jürg Federspiel: Die Todbringerin
Mary Mallon heißt die Frau, die Jürg Federspiel in seinem bedeutendsten Buch, der 1982 erschienenen Ballade von der Typhoid Mary beschwört. Eine dunkle amerikanische Mythe hatte er sich da zur Heroin seiner Erzählung auserkoren, er, der der Stadt New York so verbunden war und die dann auch die eigentliche Hauptrolle in diesem Text einnimmt.
Der historisch dokumentierte Fall ist schnell erzählt: 1884 immigriert ein fünfzehnjähriges Mädchen namens Mary aus Irland in die USA, lebt in New York zunächst bei Onkel und Tante und verdingt sich dann als Köchin und Hausmädchen. In den Familien, die sie beschäftigen, brechen immer wieder tödliche Epidemien aus, sodass sie ein ums andere Mal die Stellung wechseln muss. Was lange keiner wusste: Mary Mallon trägt – wohl von Geburt an – das Typhus-Bakterium in sich, gegen das sie selbst immun ist, das sie aber insbesondere über die von ihr zubereiteten Speisen in die New Yorker Gesellschaft einschleppt.