Jerusalem: Gewalt unter Protesten ultraorthodoxer Juden gegen Wehrdienst in Israel

In Israel haben Tausende ultraorthodoxe Männer gegen die gerichtlich verfügte Verpflichtung zum Wehrdienst in der israelischen Armee protestiert. Laut örtlichen Medienberichten kam es am Sonntagabend in Jerusalem zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei. Die mit schwarzen Anzügen bekleideten Demonstranten hatten sich zunächst in einen ultraorthodoxen Viertel der Hauptstadt versammelt. Nach Einbruch der Dunkelheit zog die Masse in Richtung Zentrum. Nach
Angaben der Polizei warf die Menge Steine und demolierte das Auto eines
ultraorthodoxen Regierungsmitglieds.

Die Polizei versuchte die Randalierer mit berittenen Beamten und einem Wasserwerfer zu zerstreuen, doch die Lage
war am Sonntagabend noch nicht unter Kontrolle. Nach Polizeiangaben wurden fünf Personen festgenommen.

Auslöser der Proteste war ein kürzlich ergangenes Urteil des höchsten Gerichts des Landes, wonach fortan auch ultraorthodoxe Männer zum Wehrdienst verpflichtet werden müssen. Das Urteil gilt als Rückschlag für die rechtsreligiöse Regierung des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Warnung vor Mangel an Soldaten

Jahrzehntelang galten Ausnahmen für ultraorthodoxe Männer bei der Wehrpflicht in Israel. Diese liefen aber vor drei Monaten aus. Netanjahus Regierung gelang es nicht, ein Gesetz zu verabschieden, das die Erleichterungen zementieren sollte. Daraufhin verfügte das höchste Gericht eine Streichung der staatlichen Subventionen für ultraorthodoxe Männer im wehrpflichtigen Alter, die in Religionsschulen studieren.

Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara entschied Ende März zudem, dass das Militär verpflichtet sei, auch die bisher weitgehend vom Dienst befreiten Religionsstudenten einzuziehen. Nach Angaben des Gerichts handelt es sich um 63.000 Männer. Die Armee warnte zuletzt angesichts des Gaza-Kriegs eindringlich vor einem drastischen Mangel an Kampfsoldaten. Zudem empfinden es viele Israelis als ungerecht, dass ultraorthodoxe Juden vom Dienst an der Waffe und gefährlichen Kampfeinsätzen ausgenommen sind.