Italien: Italienische Justiz ermittelt gegen Ministerpräsidentin Meloni

Die italienische Justiz hat Ermittlungen gegen Italiens Ministerpräsidentin
Giorgia Meloni aufgenommen. Grund ist die umstrittene Freilassung eines vom
Internationalen Strafgerichtshof (ICC) wegen Kriegsverbrechen gesuchten
Libyers. Sie werde unter anderem der Beihilfe zu einem Verbrechen verdächtigt,
teilte Meloni selbst mit. Ein entsprechendes Verfahren gegen sie sei bereits
eingeleitet.

Die Staatsanwälte ermittelten demnach auch gegen
Justizminister Carlo Nordio, Innenminister Matteo Piantedosi und den
Staatssekretär für Geheimdienstangelegenheiten, Alfredo Mantovano. 

Konkret geht
es dabei um Osama Elmasry Njeem Njeem, einen Brigadegeneral der libyschen
Polizei. Der Internationale Strafgerichtshof wirft ihm Kriegsverbrechen und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, unter anderem Mord, Folter und
Vergewaltigung von Gefangenen in Libyen. Er war am 19. Januar nach einem
Hinweis des ICC in Turin festgenommen worden, zwei Tage später aber wieder
freigekommen und unmittelbar ins libysche Tripolis geflogen worden, wo er von
Anhängern jubelnd empfangen wurde.  

Meloni arbeitet mit Libyen zusammen

Für Aufmerksamkeit hatte der Fall auch international gesorgt,
weil Meloni sich auf libysche Sicherheitskräfte verlässt, um Migranten daran zu
hindern, von dem nordafrikanischen Land aus nach Süditalien zu gelangen. 

Meloni teilte mit, sie habe nicht vor, zurückzutreten. Dass
gegen sie ermittelt werde, bedeute weder, dass sie schuldig sei, noch dass
zwangsläufig formelle Anklagen folgen würden. 

Innenminister Piantedosi hatte vergangene Woche gesagt, das
römische Berufungsgericht habe Njeems Freilassung angeordnet, weil es seine
Verhaftung als nicht verfahrenskonform angesehen habe. Laut Innenministerium
war Njeem freigekommen, weil die örtliche Polizei das Justizministerium nicht
sofort über die Verhaftung informiert habe, was aber vorgeschrieben sei.  

ICC untersucht Verbrechen im Rahmen des Bürgerkrieges

Piantedosi hatte später von einer „sozialen Gefährlichkeit“ Njeems
gesprochen. Aus Gründen der Staatssicherheit habe er daher eine
Ausweisungsverfügung erlassen. Außenminister Antonio Tajani hatte zudem gesagt,
der ICC sei „nicht das Wort Gottes und nicht die Quelle aller
Wahrheit“. Auch sei Italien ein souveränes Land „und wir treffen
unsere eigenen Entscheidungen“.

Der ICC untersucht seit dem Bürgerkrieg in Libyen im Jahr
2011 schwere Verbrechen in dem Land. Nach ICC-Angaben war Italien im Zuge der
erwarteten Festnahme aufgefordert worden, sich mit dem Gericht in Verbindung zu
setzen, falls es Probleme mit dem Verhaftungsprozess gebe. Njeem sei jedoch
ohne vorherige Ankündigung oder Konsultation des ICC freigelassen worde.