Immobilienmarkt Ostmark: Mieterparadies mit Schattenseiten
In Deutschland fehlen 800.000 Wohnungen, 100.000 mehr als im vorigen Jahr. Abhilfe soll nach dem Willen der Ampelregierung nun der gemeinnützige Wohnungsbau schaffen, der in Österreich erprobt ist und über die Grenzen hinweg als Vorbild gilt.
Das Magazin der „New York Times“ druckte unlängst eine Lobeshymne. Gern führt Wiens Bürgermeister Besucher durch das vorgebliche Mieterparadies, in dem der Staat und nicht der Markt Angebot und Nachfrage regulieren. Im Mai 2023 organisierte die deutsche Bundesbauministerin Klara Geywitz eine Exklusivführung „Neues soziales Wohnen“.
Spekulanten müssen draußen bleiben
Dabei ist das Prinzip ein altes. Es geht zurück auf den Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland erfundenen Genossenschaftsbau. Dass ausgerechnet die Deutschen ihren gemeinnützigen Wohnungsbau vor 30 Jahren abgeschafft haben, wirkt dabei wie ein Witz.
Die Österreicher haben ihn perfektioniert und reguliert. Das Gesetz befreit die Anbieter von der Körperschaftsteuer, fesselt sie jedoch bei der Höhe der Miete an die tatsächlichen und nachgewiesenen Kosten. Die Rendite ist gering, aber auskömmlich und planbar. Spekulanten müssen draußen bleiben. Knappheitspreise werden so vielleicht verhindert, Knappheiten im günstigen Angebot, das sich einer großen Nachfrage erfreut, allerdings nicht.
Hier zeigt sich die dunkle Seite des Paradieses. Wer einmal eine der günstigen Wohnungen ergattert hat, setzt sich dort sein Leben lang fest. Soziale Kriterien wie die Zahl der Bewohner oder die Höhe des Einkommens spielen keine Rolle mehr. Neue Angebote sind entsprechend dürftig.
Wirklich Bedürftigen oder Neuankömmlingen bleibt die Tür zum Paradies deshalb oft verschlossen, sie müssen auf dem freien Markt mit höheren Preisen zurechtkommen. In Zeiten steigender Baukosten, Zinsen und sinkender Bautätigkeit ist das keine gute Nachricht. Bei den letzten Wahlen hat sich der Unmut darüber schon entladen. Österreichs gemeinnütziger Wohnungsbau hat viele Vorzüge, ein Wundermittel gegen Wohnungsknappheit ist er nicht.