HUK-Umfrage: Bedeutung des Autos nimmt zu, Wunsch nachher E-Autos sinkt
Die aktuellen Umstände der Mobilität – geprägt zum Beispiel von Verkehrsstaus, Beschränkungen der Fahrspuren für Autos, zuletzt auch Streiks bei öffentlichen Verkehrsmitteln – haben nach Ergebnissen der HUK-Mobilitätsstudie das Verhalten der Deutschen geändert. Leidtragende sind die Innenstädte. Zu den Verhaltensweisen, die durch die „aktuellen Bedingungen für die persönliche Mobilität“ hervorgerufen werden, gehören für 33 Prozent der Befragten „Weniger Fahrten in die Innenstädte zum Einkaufen“ und ebenso für 33 Prozent „Mehr Käufe im Internet“. 19 Prozent antworteten, dass sie die Besuche von Veranstaltungen wie Konzerten oder Theateraufführungen reduziert hätten. Zugleich gehörte zu 21 Prozent der Antworten die Aussage, dass man mit Freunden und Verwandten häufiger digital kommuniziere als sie persönlich zu treffen.
Die Antworten der von der Versicherung HUK in Auftrag gegebenen Umfrage und Studie mit 4100 Teilnehmern vom Februar 2024 zeigen zudem Frustration über die Bahn, eine wachsende Beliebtheit des Autos unter jüngeren Umfrageteilnehmern sowie eine abnehmende Bedeutung des Elektroantriebs.
Erstmals hat das Elektroauto eine abnehmende Wertschätzung erhalten. 2024 beurteilten nur noch 15 Prozent der Befragten das Elektroauto als ideales Verkehrsmittel der Zukunft. Vor einem Jahr waren es noch 19 Prozent. Unter Umfrageteilnehmern im Alter zwischen 16 und 39 Jahren war dabei das E-Auto für 23 Prozent das ideale Verkehrsmittel der Zukunft (2023: 24 Prozent) unter den Befragten mit mehr als 40 Jahren nur noch für 8 Prozent (2023: 14 Prozent). Unterschiedliche Antworten je nach Alter gibt es auch zur Frage, wie die Befragten grundsätzlich zu reinen E-Autos stehen: 49 Prozent der Befragten im Alter von 16 bis 34 Jahren antworteten mit „gut“ oder „sehr gut“. Ein ähnlich positives Urteil kam unter den Umfrageteilnehmern im Alter von mehr als 55 Jahren nur noch von 29 Prozent.
„Klarheit und Konsistenz“
Zugleich waren aber Jüngere besonders betroffen vom plötzlichen Wegfall der Kaufprämie für Elektroautos. 38 Prozent der Befragten unter 40 Jahren gaben an, dass sie wegen der Streichung der Prämie ihre Pläne geändert hätten. Von den Befragten mit mehr als 40 Jahren sahen sich nur 17 Prozent in ihren Planungen getroffen. Die Notwendigkeit zu Änderungen der Kaufpläne für Neuwagen wurde auch regional sehr unterschiedlich gesehen. 32 Prozent der befragten Berliner berichteten von dieser Notwendigkeit, 29 Prozent der Hessen, 27 Prozent der Bayern, aber nur 21 Prozent der Brandenburger, und 19 Prozent der Befragten in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der Bundesdurchschnitt lag bei 24 Prozent.
Für das HUK Coburg-Vorstandsmitglied Jörg Rheinländer weisen die Umfrageergebnisse zum Elektroauto in eine Richtung: „Die Bürger brauchen Klarheit und Konsistenz bei staatlichen Programmen und Strategien, denn insbesondere bei der Elektromobilität ist eine Bereitschaft zum Umstieg gerade bei jüngeren Fahrern da.“
Auto ist unter Jungen die Nummer 1
Verglichen mit der Umfrage im Corona-Jahr 2021 hat das Auto wieder an Bedeutung gewonnen, Fahrrad und Zufußgehen dagegen verloren. 72 Prozent der Befragten antworteten 2024, dass das Auto (einschließlich Elektroauto und Autos mit E-Fuels oder Wasserstoff) die Anforderungen der Zukunft am besten erfüllten – 2023 waren es 69 Prozent. Nur noch 16 Prozent bekannten sich zum Fahrrad, gegenüber 26 Prozent im Jahr 2021. In der Coronazeit fanden auch 30 Prozent, zu Fuß gehen gehöre zu den wichtigen Arten der Verkehrsteilnahme, 2024 waren es nur noch 22 Prozent. Die Bahn wurde 2024 von 15 Prozent als wichtiges Verkehrsmittel genannt, gegenüber 16 Prozent im Jahr 2021.
„Viele wird überraschen, mit welch großer Mehrheit vor allem bei den sehr jungen Menschen das Auto als Fortbewegungsmittel klar an Nummer eins steht – gerade vor dem Hintergrund politischer Diskussionen, das Auto zurückzudrängen“, sagt HUK Coburg-Vorstandsmitglied Jörg Rheinländer. Denn unter den Umfrageteilnehmern im Alter zwischen 16 und 24 Jahren ist die Zustimmung zum Auto als wichtiges Fortbewegungsmittel der Zukunft mit 78 Prozent (gegenüber dem Bundesdurchschnitt von 72 Prozent) überdurchschnittlich hoch. Der Vergleichswert für die jungen Befragten von 2023 lag noch bei 74 Prozent.
Von der Schiene nicht überzeugt
Für die Verbesserung der Mobilität in Deutschland sahen 35 Prozent der Befragten als wichtigsten Ansatzpunkt einen Ausbau des Straßennetzes, 18 Prozent den Ausbau des Straßennetzes und 13 Prozent die Verbesserung der Fahrradwege. Zugleich antworteten 57 Prozent der Befragten aber auch, die Verlagerung des Personenverkehrs in Richtung Schiene sei „eine im Grundsatz richtige Strategie, die aber in der Praxis in Deutschland nicht funktioniert“. Von den Autoren der Studie wird diese Antwort als Zeichen der Frustration über die Bahn gewertet.
Insgesamt antworteten 68 Prozent der Befragten, dass das deutsche Verkehrsnetz nicht dem eines modernen Industrielandes entspreche. 63 Prozent meinten, der Zustand des deutschen Verkehrsnetzes behindere die wirtschaftliche Entwicklung.
Viele fürchten steigende Kosten
Bei den am meisten erwünschen Sofortmaßnahmen steht trotzdem obenan der Ausbau des Angebots an Bussen, Bahnen und öffentlichem Nahverkehr, mit 41 Prozent (2023: 40 Prozent). Der Wunsch nach Vergünstigung der Kosten von Bussen und Bahnen hat nachgelassen, von 43 Prozent 2023 auf nur noch 40 Prozent im Jahr 2024. An dritter Stelle steht der Wunsch nach einem Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen, der von 27 Prozent der Befragten gestützt wird (2023: 28 Prozent). Leicht abgenommen hat auch der Wunsch nach Ausbau des Fahrradwegenetzes, von 21 auf 20 Prozent. Leicht verstärkt hat sich dagegen die Nachfrage nach besserer Vernetzung der Verkehrsmittel; 2024 sahen das 17 Prozent als erwünschte Sofortmaßnahme, nach 15 Prozent bei der Umfrage von 2023.
Unter den zunehmenden Sorgen beim Thema Mobilität stand 2024 obenan die Furcht von 40 Prozent vor steigenden Kosten der Mobilität (2023: 38 Prozent). 25 Prozent befürchteten eine „zu starke öffentliche Bevormundung“ (2023: 20 Prozent). 23 Prozent äußerten die Sorge über einen „Verlust an Individualität und Selbstbestimmung bei der Auswahl von Fortbewegungsmitteln“; der entsprechende Anteil hatte 2023 erst bei 19 Prozent gelegen.