„Herr Orbán, Sie sind ein Vorbild. Wir werden dem Pfad von Ungarn verfolgen“, lobt Weidel

Der Raum wirkte dekoriert wie für einen Staatsbesuch: Die AfD-Chefin Alice Weidel war zu Gast bei Viktor Orbán. Bei der anschließenden Pressekonferenz erlebten die Zuschauer eine Lobeshymne auf den ungarischen Staatschef.
Wenige Tage vor der Bundestagswahl am 23. Februar ist AfD-Chefin Alice Weidel nach Ungarn gereist, ums sich dort mit dem Staatschef Viktor Orbán in Budapest zu treffen.
Bei der anschließenden Pressekonferenz kritisierte Weidel die Bundesregierung aufs Schärfste. „Unser Land, Deutschland, ist schwach geworden. Mit einer schwachen Führung. Mit einer schwachen Wirtschaftspolitik. Angela Merkel hat unser Land ruiniert“, sagte Weidel.
Weidel forderte zudem eine härtere Migrationspolitik und sprach von einer „ungesteuerten Migration“, die „importierte Kriminalität“ und eine steigende Jugendkriminalität verursache. „Die Menschen leiden unter hoher Ausländerkriminalität – das ist belegt“, erklärte sie. „Ungarn ist das Bollwerk gegen illegale Migration.“
Sie machte die Grünen und die frühere Kanzlerin Angela Merkel für eine verfehlte Energiepolitik verantwortlich und betonte: „Das energiepolitische Rückgrat wurde zerstört, Deutschland hat die höchsten Steuern und Abgaben unter den Industrienationen.“ Die AfD wolle Steuern senken, die CO2-Abgabe abschaffen und Deutschland wirtschaftlich wieder konkurrenzfähig machen.
Weidels Lobrede auf Orbán
Und weiter: „Deutschland hat zudem die höchsten Steuern aller Industrienationen. Deshalb ist es uns so wichtig, die Ordnung wiederherzustellen. Herr Orbán, Sie sind ein Symbol für Vernunft, Souveränität und Unabhängigkeit.“
„Ich möchte ein wohlständiges Deutschland, was in guten Beziehungen zu seinen Nachbarn steht. Und dazu gehört, unser eigenes Land wieder von dem Kopf auf die Füße zu stellen. Keine umgesteuerte Migrationspolitik, keine verfehlte Wirtschaftspolitik – wir sind angetreten, die Steuern drastisch zu senken. Und dafür sind Sie uns ein besonderes Vorbild. Wir werden dem Pfad von Ungarn folgen. Wir werden unser Land wieder in Ordnung bringen.“
Auch die Europäische Union geriet in Weidels Kritik. Sie sprach sich für eine umfassende Reform der EU aus und verlangte, die Kompetenzen Brüssels drastisch zu beschränken. „Die Bürokratie in Brüssel ist teuer und korrupt. Ursula von der Leyen hat kein Mandat, sie ist nicht einmal gewählt,“ so Weidel. Entscheidungen müssten in den nationalen Parlamenten getroffen werden. Abschließend rief sie dazu auf, Europa „von Tag eins an“ neu auszurichten und die „ruinöse Wirtschafts-, Steuer- und Migrationspolitik“ zu beenden.
Orbán sieht Übereinstimmung mit AfD-Programm
Orbán sah besonders in der Migrationspolitik Übereinstimmungen mit den AfD-Forderungen: „Alle Punkte des AfD-Programms kommen Ungarn zugute – insbesondere in der Migrationsfrage“, sagte er auf einer Pressekonferenz. Gleichzeitig betonte er die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen Deutschland und Ungarn und forderte eine stärkere wirtschaftliche Stabilität in Europa.
Scharfe Kritik übte Orbàn an der Europäischen Union. Er sieht die EU auf einem falschen Kurs, sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch in der Klimapolitik: „Die grüne Politik bringt uns an den Abgrund. Wir zahlen zwei- bis dreimal so viel für Energie wie unsere Wettbewerber.“
Zudem warf er Brüssel vor, Entscheidungen gegen den Willen der Bürger zu treffen und die Migration weiter voranzutreiben. Auch die Sanktionen gegen Russland und die hohen Ausgaben für die Ukraine bezeichnete er als schädlich für Europa.
Abschließend erklärte Orbàn, dass nur Deutschland und Frankreich die EU aus ihrer Krise retten könnten: „Ein kleines Land wie Ungarn kann das nicht leisten. Wenn die EU funktioniert, funktioniert auch Ungarn.“ Das Treffen mit Weidel bewertete er als Zeichen einer engeren Zusammenarbeit und betonte die Notwendigkeit eines politischen Kurswechsels in Europa.
„Ich glaube, dass wir gemeinsam anstrengen sollten, die Europäische Union zu reformieren“, sagte Weidel. Das gelänge nur, wenn diese zurückgebaut werde. „Die sollen sich alle vernünftige Jobs suchen, damit sie wissen, wie es sich anfühlt, zu arbeiten und Steuern zu zahlen. Und vielleicht könnten sie dann nachvollziehen, welche Politik wir wollen.“
Die AfD betont seit Jahren ihre Nähe zur rechtspopulistischen und EU-kritischen Politik des seit 2010 in Ungarn regierenden Orbán. Im vergangenen Jahr sagte Weidel, sie habe volle Bewunderung für Orbán, ebenso wie für den österreichischen FPÖ-Politiker Herbert Kickl.
Die AfD sitzt bisher nicht in der von Orbán gegründeten rechten Europaparlaments-Fraktion der Patrioten für Europa. Die zuletzt gestiegenen Umfragewerte der rechtspopulistischen AfD könnte diese für Orbán jedoch interessant machen, zumal der Ungar seit Jahren daran arbeitet, die rechten und extrem rechten Kräften in Europa zu bündeln.
Source: welt.de