Hamburg-St. Pauli: Wie an dieser Reeperbahn ein Landsmann-Beteiligungsverfahren grandios scheiterte – WELT
Zehn Jahre hat die „Planbude“ an der Zukunft der Esso-Häuser an der Reeperbahn mitgearbeitet. Nun wirft das Stadtteil-Projekt hin und hat den Grundeigentümer als Schuldigen ausgemacht. Für die Stadt Hamburg bleibt die Frage: Was passiert mit dieser prominenten Baulücke?
Eines der meistbeachteten Beteiligungsmodelle für Großprojekte in Hamburg ist am Ende, dabei sollte es doch Vorbild werden für die Umsetzung anderer urbaner Bauvorhaben: Die Planbude, im Auftrag des Bezirks Mitte gegründet, um die Anliegen der Anwohner der geplanten Esso-Häuser an der Reeperbahn im Stadtteil St. Pauli zu vertreten, hört nach zehn Jahren auf. Der Grund aus Sicht der Planbuden-Organisatoren: Die zur Münchner Schörghuber Gruppe gehörende Bayerische Hausbau als Grundstückseigentümerin und Bauherrin würde das Projekt „nach all den Fortschritten wie Architekturwettbewerb 2016, städtebaulichem Vertrag 2018, millionenschweren Subventionszusagen der Stadt und einem gültigen Bebauungsplan einfach in die Tonne treten.“
Firmeninterne Vorgänge seien dafür verantwortlich: „Erbe Florian Schörghuber übernimmt das Ruder im Konzern und schrumpft bei eingetrübter Baukonjunktur die Abteilung für Projektentwicklung auf ein Achtel“, klagt die Initiative. Längst habe die Bayerische Hausbau das Fachpersonal entlassen. „Seien wir ehrlich: Der Konzern hat gar nicht mehr die Fähigkeit, die selbst geplanten Esso-Häuser zu bauen.“ Stattdessen verbreite das Unternehmen, dass viele Bürgerwünsche dazu geführt hätten, dass seit dem Abriss der früheren Bebauung und der berühmten Esso-Tankstelle im Jahr 2014 mitten auf dem Kiez eine rund 6000 Quadratmeter große Baulücke klafft.
Tatsächlich waren durch diese Form der Beteiligung zahlreiche Wünsche aus dem Stadtteil in die konkreten Planungen eingeflossen – nicht wenige davon waren teuer in der Umsetzung und niedrig im Ertrag, jedenfalls für den Bauherren. So sollten auf dem Gelände rund 200 Wohnungen entstehen, davon mehr als 60 Prozent öffentlich geförderte Mietwohnungen und Baugemeinschaften, Gewerbe, Einzelhandel und Kiez-Clubs wie das Molotow. Zudem sollten unter anderem die Dächer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und etwa zum Verweilen, Basketball spielen oder Gärtnern genutzt werden. Laut Planbude hatten sich rund 2300 Menschen an dem Entwurf beteiligt. Geplanter Fertigstellungstermin des Projekts: 2025. Aber bisher ist kaum mehr als ein Bauzaun entstanden.
Die Bayerische Hausbau signalisiert allerdings nicht erst seit kurzem, dass sie kein Interesse mehr an dem Gesamtprojekt hat. Angesichts gestiegener Baukosten und Zinsen geht ihre Rechnung nicht mehr auf, und schon gar nicht mit einem bunten Strauß an weiteren Anforderungen. Man wolle eine Lösung gemeinsam mit der Stadt finden, heißt es auch jetzt aus dem Unternehmen. Eine der Lösungen könnte sein, dass die städtische Wohnungsgesellschaft Saga das Projekt übernimmt, entsprechende Prüfungen werden dort auch bestätigt, allerdings ohne Nennung von Details.
Besonders ärgert die Planbuden-Macher, dass auf Senatsebene die Zukunft des Paloma-Viertels ganz neu gedacht und womöglich auch verhandelt werde. „Diesen Weg vom Pionier-Modell einer kooperativen Stadtentwicklung zum gewöhnlichen Spekulationsobjekt werden wir nicht mitgehen. Wir sind raus“, heißt es in einer Mitteilung.
Die Bayerische Hausbau hatte das Areal, das direkt neben dem Stage-Musicalhaus und am Spielbudenplatz liegt, bereits 2008 erworben. Sie hat aber nach wie vor keinen Bauantrag gestellt. Für die Stadt Hamburg ist das misslich bis peinlich, denn auch andere Bauprojekte in der Stadt kommen nicht voran – die ehemaligen Signa-Projekte wie der Elbtower gehören dazu, aber auch Flächen auf dem früheren Gelände der Holsten-Brauerei in Altona.
Source: welt.de