Gipfeldiplomatie: China setzt seine G6 gegen die G7 des Westens

Zwei fast gleichzeitige Gipfel – in Hiroshima tagten die G7-Staaten mit zahlreichen Gästen aus dem Globalen Süden, in der alten Kaiserstadt Xi’an traf sich Präsident Xi Jinping mit den Staatschefs der zentralasiatischen Republiken Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan. In beiden Fällen ging es um die künftige Weltordnung. Wie die sich derzeit darstellt, wird sie keinen Bestand haben.

Darum baten die Japaner als G7-Gastgeber auch Australien und Südkorea hinzu, ebenso Schwergewichte des Globalen Südens wie Indien, Indonesien, Brasilien und Vietnam. Eingeladen waren die Komoren, momentan Vorsitzende der Afrikanischen Union, und die Cookinseln für das Pacific Islands Forum, beide zählen zu den ärmsten Ländern weltweit. Es ist unerlässlich, gerade mit diesen Gesandten des Globalen Südens zu reden, wenn global umgebaut werden soll. China kann sich dabei mit Geld, Technologie und Handel als Förderer anbieten, um die zentralasiatische Region voranzubringen und dort mit seiner Entwicklungsstrategie an Einfluss zu gewinnen. Insofern ging von Xi’an ein klares Signal aus, das Russland ebenso wie dem Westen galt: China baut bereits an seiner neuen Weltordnung und handhabt dies betont respektvoll gegenüber den Partnerländern. Es wird derartige Treffen künftig regelmäßig einberufen und ein G6-Format installieren.

In Hiroshima ging es weniger perspektivisch zu, wenn beschlossen wurde, wegen des Ukraine-Krieges den Sanktionen gegen Russland die eigentlich beabsichtigte Schlagkraft zu verschaffen, die sie offenkundig nicht haben. Noch immer nehmen G7-Länder Rücksichten auf eigene Geschäftsinteressen und hoffen, dass andere die Strafmaßnahmen mittragen. Ob das nun avisierte Embargo für Diamanten aus Russland greift, hängt von Indien und Südafrika ab. Verweigern die sich, werden russische Rohdiamanten auch weiter international gehandelt, und das Embargo verpufft. Will man Russland schaden, muss man sich auf sekundäre Sanktionen einlassen, um Umweggeschäfte zu beschränken.

Das träfe freilich nicht nur Kriegsprofiteure im Westen, sondern ebenso China, Indien und andere Staaten. Für die USA mit ihrem riesigen Binnenmarkt mag eine weitgehende Abkopplung von China denkbar sein, für die übrigen G7-Länder wie die EU insgesamt nicht. Es kostet die Staaten des demokratischen Kapitalismus schon Mühe genug, Russland ökonomisch zu isolieren, China aber spielt in einer anderen Liga. Also beließ man es in Hiroshima bei der Absicht, den Handel mehr zu diversifizieren, China als systemischen Rivalen zu behandeln und den eigenen Interessen so zu folgen, wie Peking das tut. Zum Feind machen will man sich China indes nicht. Es wird gebraucht zur Lösung der drängendsten Weltprobleme. Die Chinesen haben viel zu bieten, gerade im Umwelt- sowie Klimaschutz und sind dem Westen hier vielfach voraus.

Wolodymyr Selenskyj hat Hiroshima genutzt, um weitere Hilfen einzusammeln, finanziell und militärisch. Seine Luftwaffe soll demnächst durch F-16-Jets verstärkt werden. Selenskyj traf Indiens Premier Narendra Modi und den indonesischen Prädidenten Joko Widodo, während der brasilianische Staatschef Lula da Silva ausdrücklich keine separate Begegnung wollte. Der Einfluss der G7 schwindet, sie brauchen China und die Schwellenmächte des Globalen Südens, um die Gefahr eines Atomkrieges zu bannen. Wladimir Putin und Kim Jong-un hören eher auf klare Ansagen aus Peking und Delhi als auf Appelle aus dem Westen.