Gesundheitsministerkonferenz: Deutschland, ein Flickenteppich

Die Maskenpflicht besteht noch in Bus und Bahn, auch im ICE, aber im Flugzeug schon seit Monaten nicht mehr. Und wer isoliert sich eigentlich noch konsequent zu Hause, trotz Corona-Infektion? Das Virus ist für viele Menschen  bereits in den Alltag eingepreist, die Covid-Infektion rangiert für viele gleich mit der Grippe. Das zeigt sich an den  vielen Maskenmuffeln im ÖPNV ebenso wie an den meist milden Verläufen der Omikron-Infektionen. Auch Pandemiefachleute wie Christian Drosten sehen die endemische Phase nahen, andere werben dafür, auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung zu vertrauen: Wer Symptome hat, soll demnach einfach nicht zur Arbeit gehen.   

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern hat das nicht beeindruckt. Zwar war angesichts der erfreulicherweise bisher ausbleibenden Winterwelle der Druck auf die Gesundheitsressortchefs gewachsen, noch verbliebene Pandemieschutzmaßnahmen zu lockern. Bislang hatten die Bürger und Bürgerinnen die Pflicht, sich nach einer durch einen PCR-Test bestätigten Infektion mindestens fünf Tage in die Isolation zurückzuziehen – bis zum Nachweis eines negativen Bürgertests. Zudem besteht die Maskenpflicht in Bus und Bahn – fürs Einkaufen schreiben die Bundesländer die Maske dagegen gar nicht mehr vor, entgegen dem Rat von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Der Impuls, die Isolationspflicht bundesweit abzuschaffen, kam von fünf Bundesländern: Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und Schleswig-Holstein hatten sie bereits ohne bundesweite Abstimmung aufgehoben – immerhin ein knappes Drittel aller Bundesländer, in dem ein Großteil der Bevölkerung lebt. Aus anderen Teilen Deutschlands kam daraufhin der Wunsch nach einer einheitlichen Lösung. Denn wie so oft in der Pandemie führte die Länderstruktur Deutschlands auch hier zu Problemen: Infizierte Pendler, die etwa von Bayern nach Thüringen zur Arbeit fahren,  dürfen derzeit zwar zur Arbeit aufbrechen, legal unterwegs wären sie aber nur bis zur Landesgrenze. In Bayern arbeitende Thüringer müssten dagegen zu Hause bleiben. „Eine unbefriedigende Situation“, beschreibt eine Ministeriumssprecherin in Erfurt das Regelungschaos. 

Doch in der Schalte der Minister saßen auch Lauterbach und der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, beide gehören zum Team Vorsicht und rieten in der Runde von Lockerungen dringend ab, wie Teilnehmende schildern. Am Ende blieben alle bei ihren Positionen, man konnte sich auf kein bundeseinheitliches Vorgehen einigen. „Da ist keiner von seiner Linie abgerückt“, sagt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums in Magdeburg. 

Ähnlich sieht es bei der Maskenpflicht aus. Schleswig-Holstein und Bayern hatten jüngst angekündigt, die in Bussen und Bahnen aufzuheben und damit den Druck auf andere Landesregierungen erhöht. Verkompliziert wird auch hier die Lage durch unterschiedliche Zuständigkeiten: Die Maskenpflicht im Nah- und Regionalverkehr schreiben die Landesregierungen vor – per Regierungsverordnung. Die Maske im Fernverkehr dagegen schrieb die dafür zuständige Ampel-Koalition ins Infektionsschutzgesetz des Bundes, die Pflicht gilt bis April 2023. Den Flugverkehr wiederum sparte man aus, hier ist schon seit dem Sommer keine Maske mehr vorgeschrieben.    

Schnelle Änderungen sind hier deshalb unwahrscheinlich. Die Maskenpflicht für den Nah- und Regionalverkehr wäre bundesweit leicht aufzuheben, dies erfordert lediglich einen Beschluss der Landesregierungen. Um die Maskenpflicht im ICE zu beenden, muss dagegen der Bundestag in Berlin zusammenkommen und abstimmen. Doch die Ampel-Koalition wird das Infektionsschutzgesetz dort nicht gegen den Widerstand der Grünen abändern, die weiter für eine Maskenpflicht plädieren. 

Um die Regelungen in den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht weiter zu verkomplizieren, bleibt den Landesregierungen am Ende wohl nur, eine Entscheidung über das Ende der Maskenpflicht im ÖPNV aufzuschieben. Doch damit vertagen sie das Problem nur: In einigen Bundesländern, etwa Thüringen, laufen die Schutzverordnungen noch dieses Jahr aus. Dann müssen sie entscheiden, ob sie die Maskenpflicht verlängern oder nicht. 

Für die komplizierte Lage ist auch die FDP mitverantwortlich. Sie tritt einerseits in der Corona-Politik für maximale Freiheit und Selbstverantwortung ein: Als im Spätsommer das Infektionsschutzgesetz verlängert werden sollte, konnte Gesundheitsminister Lauterbach gegen den liberalen Justizminister Marco Buschmann nur noch ein Mindestmaß an Präventionsmaßnahmen durchsetzen. Zugleich war die FDP mit dem Versprechen in die Ampel-Regierung eingetreten, über die Schutzmaßnahmen so weit wie möglich den Bundestag entscheiden zu lassen und nicht nur die Landesbehörden. Also bleibt auch bei der Maskenpflicht alles, wie es ist. Denn den Flickenteppich der Regelung weiter zu verkomplizieren, würde deren Akzeptanz in der Bevölkerung weiter schwächen, sagt ein Teilnehmer der Ministerschalte.