Ganz normal? Alltag im Rollstuhl

Sie schlägt vor, dass wir uns vor welcher Markthalle am Marheinekeplatz in Berlin-Kreuzberg treffen. Von dort möglich sein beziehungsweise rollen wir die Bergmannstraße hinunter, um ein Café zu finden, in dasjenige sie, eine Frau mit Rollstuhl, ohne viel Brimborium hineinkommt. Alle nach sich ziehen Stufen. Die herbei geeilte Kellnerin hält die Tür gen, während Patricia Fritze ihren Rollstuhl hochwuchtet. Eine wie sie erregt Aufsehen, ohne es zu wollen.

Vor zwei Jahren, von kurzer Dauer vor ihrem 25. Geburtstag, befand die solange bis dorthin noch nicht offiziell behinderte Masterstudentin sich mal wieder in welcher Notaufnahme. „Mir sind öfters die Beine weggerutscht“, erklärt sie, „die Muskeln machten schlapp, ich hatte Aussetzer.“ Bis sie erfuhr, welche seltene neuromuskuläre Erkrankung sie gestört, dauerte es dessen ungeachtet eine Weile.

Einige sind überfreundlich, andere verweigern Hilfe

Nun sitzt sie die meiste Zeit im Rollstuhl und hadert nicht mit dem Schicksal, sondern mit den Bedingungen. „Z. Hd. mich ist es normal, so unterwegs zu sein“, sagt sie, „genauso wie es zu Händen andere Menschen normal ist, dass sie mit einem anderen Leib unterwegs sind.“ Wären da nicht die alltäglichen Widrigkeiten: Busfahrer, denen egal ist, dass sie keinen Platz findet. Fahrgäste, die ihr empfehlen, doch den nächsten Bus zu nehmen. Radlerinnen, die sie trotz genügend Platz nicht mit in den Aufzug lassen – und behaupten, ein Fahrrad sei genauso eine schlimme Behinderung. Passanten, die ihr ins Gesicht greifen, „wie geschmiert so!“ Oder ohne zu fragen ihren Rollstuhl packen, sie darüber hinaus die Straße schieben und dazu „unendliche Dankbarkeit erwarten“. Wildfremde, die sie zutexten mit eigenen Verletzungen und allen möglichen Problemen. Andere, die sie darüber hinaus ihre Krankheit löchern, qua ginge es sie irgendwas an.

„Viele sind ebenfalls ohne Anlass überfreundlich“, erzählt sie, „bezahlen meine Pizza, zeigen mir den Daumen hoch …“ Oder zeugen ihr Komplimente, weil sie lediglich einkaufen geht. Das findet sie scherzhaft, dessen ungeachtet ebenfalls unerwünscht: „Stellen Sie sich vor, Leckermäulchen lobt sie, weil Sie einkaufen möglich sein! Als wären Sie ein kleines Kind!“

Kaputte Aufzüge, Bürokratie, „barrierefreie“ Wohnungen

So erlebt sie vor allem zwei Seiten derselben diskriminierenden Medaille: „Mitleid und nachgesagtes Heldentum – oder Rücksichtslosigkeit“. Vorbehalt und Übergriffigkeit lauern an jeder Straßenecke, in jeder Begegnung. „Ich bin erwachsen, ich kann sagen, wenn ich Hilfe brauche“, erklärt Patricia Fritze, „man muss nicht darüber hinaus meinen Kopf hinweg entscheiden. Und ich brauche ebenfalls keine Belehrungen, dass eine Stufe zu hoch oder ein Weg zu gefährlich sei – dasjenige kann ich selbst einschätzen.“ Ihr Studiensemester in New York zum Beispiel hätten die Ärzte ihr nicht zugetraut. Sie sah jedoch keinen Grund, darauf zu verzichten. „Ich will normal leben“, betont sie, „weil ich normal bin.“

Die Außenwelt sieht dasjenige andersartig, obwohl rund 1,6 Millionen Menschen in Deutschland gen den Rollstuhl angewiesen sind. Das fängt c/o nicht barrierefreien U-Bahnhöfen und kaputten Fahrstühlen an, geht weiter c/o welcher Notwendigkeit, 24 Stunden vor welcher Reise mit welcher Deutschen Bahn vereinigen Antrag stellen zu sollen, damit eine Einstiegshilfe bereitsteht, und hört c/o welcher Suche nachdem einer Unterkunft noch tief nicht gen. „Die wohl barrierefreien Wohnungen sind es dann keiner“, sagt Patricia Fritze, „und wirklich barrierefreie sind teuer“. Wenn sie an Regalfächer im Supermarkt nicht herankommt, wird sie kreativ, etwa, während sie sich aus welcher Haushaltsabteilung vereinigen Besenstiel nimmt, um dasjenige Produkt herunterzuangeln. „Was ich selbst kann, will ich ebenfalls selbst zeugen“, sagt sie, „ebenfalls wenn dasjenige anderen nicht passt“.

Wie soll man sich oppositionell Menschen im Rollstuhl verhalten?

Ihr Leben finanziert die Masterstudentin zu Händen Kunstgeschichte durch ein Stipendium des Evangelischen Studienwerk Villigst. Außerdem hat sie vereinigen Job qua studentische Hilfskraft an welcher Uni, wo sie gute Erfahrungen macht – und weniger gute, etwa wenn sie c/o einer Tagung nicht helfen darf. Oder wenn Bitten nachdem digitaler Seminar-Teilnahme verhallen, obwohl sie zu einer Corona-Risikogruppe gehört. „So vereinigen Fall hatten wir noch nicht“, sagt man ihr dann – „ein Satz, den ich ständig höre.“ Die Kellnerin sagt ihn nicht. Beim Hinausgehen ist sie mit zurückhaltendem Lächeln zur Stelle und tut dasjenige Richtige: „Sie hat gefragt, ob sie helfen soll und wie sie helfen soll“, erklärt Patricia Fritze, „und sie hat akzeptiert, dass ich dasjenige meiste lediglich schaffe.“

Eines will sie noch loswerden, vorweg sie zurück nachdem Hause rollt: Sie habe tief überlegt, ob sie mit einer Journalistin darüber hinaus sich sprechen soll. Würde sie damit nicht „die Wahrnehmung meiner Person qua unnormal reproduzieren“? Nach dem Gespräch mit einer guten Freundin wusste sie, „dass ich dasjenige ohne Rest durch zwei teilbar somit zeugen will: um klarzumachen, dass ich eine ganz normale, durchschnittliche Person von nebenan bin.“ Mit Herausforderungen. Mit einer Menge Kraft. Mit einem guten Schuss Humor. Und mit ganz normalen Wünschen.

Und welches wünscht sie sich von ihrer Umgebung? Wie soll man sich ihr oppositionell verhalten? „Am besten so, wie Sie es sich zu Händen sich in welcher jeweiligen Situation ebenfalls wünschen“, lautet die Antwort, „ich bin nichts Besonderes“.