Freie Demokratische Partei: Kuhle warnt vor leichtfertiger Rhetorik zu möglichem Ende jener Ampel
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle warnt davor, die Ampelkoalition fahrlässig aufs Spiel zu setzen. Er könne den Frust in seiner Partei nach der Landtagswahl in Brandenburg und die Zweifel, dass die Koalition gegen die schlechte Wirtschaftslage etwas ausrichten könne, sehr gut nachvollziehen, sagte Kuhle im ZDF-heute-journal. „Nur man muss es versuchen und man sollte in dieser Zeit nicht leichtfertig oder spielerisch mit einem Aus dieser Koalition kokettieren“, sagte er. Ständig damit zu spielen, sei nicht verantwortungsvoll, sagte der Politiker angesichts von Rufen in der FDP, die Koalition zu verlassen.
Der bayerische FDP-Landeschef Martin Hagen hatte nach der Wahl, bei der die FDP weniger als ein Prozent der Stimmen für sich gewinnen konnte, auf einen Beschluss des Bundesvorstands gedrängt, die Ampelkoalition mit SPD und Grünen aufzukündigen. FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki stellte den Fortbestand der Ampelkoalition ebenfalls infrage und drohte mit einem Bruch. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai machte die Koalition für das Ergebnis verantwortlich und sagte: „Es muss und es wird einen Herbst der Entscheidungen geben.“
Ex-Bundesinnenminister Baum warnt Partei vor Ausstieg aus Koalition
Auf diese Äußerungen angesprochen sagte FDP-Chef Christian Lindner, er sei „nicht pessimistisch“ und setze auf einen „Herbst der Entscheidungen“. Kuhle betonte, die wirtschaftliche Lage sei so dramatisch, dass es mit „Kleckermaßnahmen“ nicht getan sei. Notwendig sei eine „Wirtschaftswende“. Lindner habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ampelkoalition kein Wert an sich sei, sondern dazu beitragen müsse, dass es dem Land wieder besser gehe.
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hat seine Partei indes eindringlich davor gewarnt, die Koalition mit SPD und Grünen nach den schweren Wahlschlappen der Liberalen zu verlassen. „Die FDP darf auf keinen Fall aus der Ampelkoalition aussteigen. Das wäre Selbstmord“, sagte Baum der Rheinischen Post. Bei Neuwahlen kämen die Liberalen womöglich nicht mehr in den Bundestag, warnte der 91-Jährige. Auch sei jetzt nicht Zeit für einen vorgezogenen Bundestagswahlkampf, der alle Kräfte binden würde. „Unser Land und die Welt haben jetzt ganz andere Probleme. Ein Ausstieg der FDP aus der Ampel wäre eine Flucht vor der Verantwortung.“
Esken geht von Fortbestand der Ampel aus
Die FDP müsse sich um ein breiteres Politikangebot kümmern, mahnte Baum. Die Sorge um die finanzpolitische Stabilität und um das Wirtschaftswachstum sei wichtig, dürfe aber nicht das Hauptziel der Liberalen sein. „Wir erleben eine krisenhafte Zuspitzung in der Weltpolitik, die es so in Jahrzehnten nicht gegeben hat. Und wir haben als FDP dazu nicht die nötigen Perspektiven“, sagte Baum. Er empfahl seiner Partei auch, alles zu tun, um Kernbranchen wie die Auto-, die chemische und die Stahlindustrie im Land zu halten, notfalls mit staatlichen Hilfen und Beteiligungen.
SPD-Chefin Saskia Esken setzt auf einen Verbleib der Liberalen in der Koalition. Sie sei sicher, dass Finanzminister Lindner gerade für die vereinbarte Wachstumsinitiative und andere Vorhaben Verantwortung übernehmen wolle.