Finanzminister von NRW wirft Lindners Ministerium Wortbruch vor
Die finanzpolitischen Spannungen zwischen dem Bund und den Ländern wachsen. Jüngster Konfliktpunkt betrifft den Zensus und die damit verbundene Neuverteilung der Umsatzsteuer. Nordrhein-Westfalen wirft dem Bund vor, sich nicht an frühere Zusagen zu halten.
Worum geht es? Mit dem Zensus 2022 wurden die Bevölkerungsstatistiken für die Länder angepasst, was sich unmittelbar auf die Aufteilung der Umsatzsteuer zwischen den Ländern auswirkt. Es gilt als unstrittig, dass die neuen Zahlen schon für dieses Jahr mit der Steuerschätzung in diesem Herbst zu berücksichtigen sind. Unklar ist aber, wie der Ausgleich für die Jahre 2022 und 2023 laufen soll. Das würde in einem kleineren Umfang auch den Bund betreffen.
Optendrenk wirft Lindner-Ministerium Wortbruch vor
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) übt im Gespräch mit der F.A.Z. scharfe Kritik an seinem Amtskollegen Christian Lindner (FDP). „Der Bund hat den Ländern zugesagt: Wenn ihr euch einigt, ist das die Voraussetzung, dass wir den Zensus bei der Verteilung der Umsatzsteuer rückwirkend berücksichtigen. Vor drei Wochen haben sich alle Länder darauf verständigt – aber nun will der Bund nichts mehr von seiner Zusage wissen.“
Die Einigung unter den Ländern war nach Optendrenks Worten kein Selbstläufer, weil einige davon profitieren und andere Geld verlieren. „Aber es war uns allen klar, wir müssen die Sache glatt ziehen. Deswegen haben alle mitgemacht.“ Die Länder hätten verabredet, die Nachberechnung für 2022 im nächsten Jahr vorzunehmen und die für 2023 dann 2026. „2011 haben wir das schon einmal gemacht. Damals ging das problemlos.“
Nach seiner Darstellung hieß es nun zuletzt vonseiten des Bundes, er könne da nicht mitmachen, weil das der Haushalt im nächsten Jahr nicht hergebe, da sei bisher nichts dafür eingeplant. Nach Angaben des CDU-Politikers geht es für den Bund um einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag, keinen hohen. „Es geht also nicht um eine Summe, die die Koalition in Berlin vor Probleme stellt.“
Der Bund widerspricht. Für die Ausgleichsjahre 2022 und 2023 fehlten noch die notwendigen Verordnungen, hieß es auf Nachfrage. Wann die dafür erforderlichen Daten vorlägen, sei derzeit nicht absehbar. „Von den Ländern vorgeschlagene Sonderabrechnungen sind auf Basis der geltenden Finanzausgleichsgesetzes nicht möglich“, hob ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums hervor.
Streit um Altschulden der Kommunen
Optendrenk ist auch deshalb verstimmt, weil er vorher schon ähnliche Erfahrungen gemacht hat. „Es gab mehrere solche Geschichten: Es gab Zusagen bei den kommunalen Altschulden.“ Man habe dies an Voraussetzungen geknüpft, die Regierung in Düsseldorf habe alles dafür getan. „Man hat uns bestätigt, dass unser Plan, über 30 Jahre lang den Kommunen jährlich 250 Millionen Euro zur Altschuldentilgung bereitzustellen, den genannten Punkten entspricht.“
Aber dann habe Minister Lindner auf einmal gesagt, er lege nur einen Gesetzentwurf dazu vor, wenn die übrigen Länder und die Unionsfraktion das alles mittrügen. „Jetzt hängt das fest.“ Die Unionsfraktion wäre bereit, sich das anzuschauen, wenn es einen Gesetzentwurf oder wenigstens ein Eckpunktepapier von Lindner gäbe. „Also auch hier: Erst schickt er uns los, um die Voraussetzungen für etwas zu schaffen – und wenn wir geliefert haben, dann geht es auf einmal doch nicht.“
Die Bundesregierung entgegnet, sie sei unverändert bereit, übermäßig verschuldete Kommunen mit den betroffenen Ländern von ihren Altschulden zu befreien. „Es ist derzeit nicht erkennbar, dass die erforderlichen Mehrheiten im Bundesrat und Bundestag erreicht werden können“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums.