Ex-Wirecard-Chef Markus Braun verliert Hauptverteidiger: Kein Geld mehr

Mitten im Betrugsprozess um die milliardenschwere Pleite des Finanzkonzerns Wirecard verliert Ex-Vorstandschef Markus Braun seinen Hauptverteidiger. Rechtsanwalt Alfred Dierlamm sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch, er habe sein Mandat in dem Prozess vor dem Landgericht München aus finanziellen Gründen niedergelegt. Denn das Honorarbudget der zuständigen Manager-Haftpflichtversicherung sei aufgebraucht. „Der Topf ist leer“, sagte Dierlamm.

„Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Mandatsbeendigung ausschließlich wirtschaftliche Erwägungen und keine Gründe in der Sache selbst zugrunde liegen“, erklärten Dierlamm und seine Kanzleikollegin Elena-Sabella Meier in einem Reuters vorliegenden Schreiben an das Gericht. Dierlamm gilt als einer der prominentesten deutschen Strafverteidiger in zahlreichen Wirtschaftsverfahren wie im VW-Dieselskandal oder im Cum-Ex-Skandal.

Der einstige Milliardär Braun wird in diesem Verfahren nun von Pflichtverteidigern vertreten, die aus der Staatskasse bezahlt werden. Die Federführung übernahm nach eigenen Angaben die Rechtsanwältin Theres Kraußlach, die bereits vor Prozessbeginn im Dezember 2022 zu Brauns Verteidigerteam gestoßen war. Wer letztlich für die Prozesskosten aufkommen muss, wird das Gericht in seinem Urteil entscheiden, das im kommenden Jahr erwartet wird.

Einer der größten Finanzskandale der Nachkriegsgeschichte

Der Dax-Konzern Wirecard war 2020 zusammengebrochen, als aufflog, dass auf Treuhandkonten in Asien 1,9 Milliarden Euro fehlten. Es handelt sich um einen der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Staatsanwaltschaft spricht von Betrug, Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Untreue. Braun hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Ein geständiger Mitangeklagter gilt als Kronzeuge, ein dritter Angeklagter schweigt bisher.

Braun und zahlreiche weitere Ex-Manager von Wirecard sind wegen des Bilanzskandals in etliche Straf- und Zivilprozesse verwickelt. Einen Großteil der Kosten trug der Versicherer Chubb, bei dem Wirecard wie viele andere Unternehmen auch eine Haftpflichtversicherung für seine Topmanager abgeschlossen hatte. Aufgrund der englischen Bezeichnung „Directors and Officers“ wird diese auch D&O-Versicherung genannt.

Der Topf bei Chubb für diverse Verfahren belief sich nach Angaben aus Anwaltskreisen auf rund 17 Millionen Euro. Auch darüber wie auch über Honorarforderungen gegen weitere D&O-Versicherer wie Swiss Re hatte es Prozesse vor mehreren Gerichten gegeben. Dierlamm verwies in seinem Schreiben an das Landgericht München darauf, dass Brauns Anwälte Ende März in Frankfurt in einem Rechtsstreit mit Chubb unterlegen waren.