Elon Musk: Trumps eifrigster Wahlkämpfer

Fast genau zwei Jahre ist es her, dass Elon Musk Twitter gekauft hat. Bevor er offiziell Eigentümer wurde, sagte er: „Damit Twitter das Vertrauen der Öffentlichkeit verdient, muss es politisch neutral sein, und das bedeutet, den rechten und linken politischen Rand gleichermaßen zu verärgern.“ Von diesem Neutralitätsanspruch ist wenig übrig geblieben. Musk nutzt die mittlerweile in X umbenannte Plattform heute, um seinen politischen Positionen und Präferenzen mehr Reichweite zu geben, und im Vorfeld der amerikanischen Präsidentenwahlen hat er sie zunehmend zu einem Werbevehikel für Donald Trump gemacht. Er hat hier ein gewaltiges Publikum von mehr als 200 Millionen Followern, so viele wie niemand sonst.

Sein Aktivismus beschränkt sich nicht auf X. Er finanziert die Organisation „America PAC“, die Trump im Wahlkampf unterstützt; er trat mit Trump auf einer Kundgebung im besonders umkämpften „Swing State“ Pennsylvania auf; und er hielt dort auch separat von Trump eine Reihe von Reden. Er spielte seinen Reichtum kürzlich auch mit einer öffentlichkeitswirksamen Gewinnaktion aus, indem er versprach, bis zur Wahl am 5. November täglich eine Million Dollar an eine Person zu verschenken, die er politisch auf seiner Linie wähnt. Ein möglicherweise gesetzeswidriges Manöver, wie das Justizministerium mittlerweile in einem Brief an Musks Organisation warnte.

Sollte sich am Ende herausstellen, dass Musk auf das richtige Pferd gesetzt hat, könnten sich all diese Anstrengungen auszahlen. Er könnte jenseits des Firmenimperiums, das ihn zum reichsten Menschen der Welt gemacht hat, auch erheblichen politischen Einfluss bekommen. Trump hat ihm einen Regierungsposten in Aussicht gestellt, als Chef einer neuen Kommission, der für mehr Effizienz in staatlichen Behörden sorgen soll. In dieser Funktion wäre Musk laut Trump eine Art „Minister für Kostensenkungen“. Musk selbst beschreibt das als uneigennützige Aufgabe, er hat gesagt, er wolle „Amerika dienen“ und lege keinen Wert auf „Bezahlung, Titel oder Anerkennung“.

Ambitionen auf einen Regierungsposten

Eine solche Rolle würde freilich einige Fragen aufwerfen, denn Musks Unternehmen wie der Elektroautohersteller Tesla und der Raumfahrtspezialist ­SpaceX ­haben sehr viel mit genau den Behörden zu tun, für die Trump ihm Zuständigkeiten übertragen will. Sie bekommen Aufträge von ihnen und werden auch von ihnen reguliert. „Das sind enorme Interessenkonflikte, die sich nicht überwinden lassen“, sagt Kathleen Clark, eine Rechtsprofessorin an der Washington University, die unter anderem auf ethische Fragen spezialisiert ist. Nach ihrer Auffassung wäre es „beispiellos“, wenn Musk einen solchen Posten bekäme. „Das wäre, als ob man einem Fuchs die Aufsicht über den Hühnerstall überlässt.“ Die Publikation „Politico“ titelte kürzlich mit Blick auf eine mögliche Rolle Musks in der US-Regierung: „Donald Trump könnte Elon Musk zu einem amerikanischen Oligarchen machen.“

In der heißen Phase des Rennens um das amerikanische Präsidentenamt tut sich Musk als einer von Trumps eifrigsten Wahlkämpfern hervor. Der Multiunternehmer wendet viel Zeit und Geld auf, um Trump zur Rückkehr ins Weiße Haus zu verhelfen. Seine Einträge auf X drehen sich heute mehrheitlich um Politik und nicht um seine Unternehmen. Es ist eine in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Wandlung. Nach eigener Aussage hat er 2016 für Hillary Clinton und 2020 für Joe Biden gestimmt, also für Trumps jeweilige Gegenkandidaten. Noch 2022 riet er Trump, „in den Sonnenuntergang zu segeln“, also von der politischen Bühne abzutreten. Und vor wenigen Jahren bekundete Musk, er würde sich am liebsten ganz aus der Politik heraushalten. Aber das ist Geschichte. Heute gefällt sich Musk als politische Figur, und er sucht global die Nähe zu Politikern. Dazu gehört offenbar auch Wladimir Putin. Das „Wall Street Journal“ berichtete gerade, seit Ende 2022 stehe er in regelmäßigem Kontakt mit dem russischen Präsidenten.

Viele andere Wirtschaftslenker legen Wert darauf, es sich mit keinem politischen Lager zu verscherzen. Musk legt jetzt im amerikanischen Wahlkampf ein ganz anderes Muster an den Tag. Er bezieht sehr klar Position zugunsten von Trump und zeigt keinerlei Scheu, dessen Rivalin Kamala Harris zu verunglimpfen. Die „New York Times“ schrieb kürzlich, Musk rede mehrere Male in der Woche mit Trump. Wenn er in persönlichen Unterhaltungen über Trump spreche, sei er „obsessiv“ und „fast manisch“, er habe ohne Ironie bekundet: „Ich liebe Trump.“ In einem Interview sagte er kürzlich lachend, wenn Trump die Wahl verliere, sei er „fucked“, also erledigt.

Musk selbst erklärt seine politische Umorientierung oft mit einer Entfremdung von der Demokratischen Partei. Ihr hält er zum Beispiel eine allzu „woke“ Gesinnung vor, also übermäßige politische Korrektheit und eine Neigung, freie Meinungsäußerung einschränken zu wollen. Die Biden-Regierung dürfte auch selbst zum Bruch mit Musk beigetragen haben. Als der heutige Präsident im Sommer 2021 im Weißen Haus einen Gipfel rund um Elektromobilität mit Top-Managern veranstaltete, war ausgerechnet Tesla, der klare Marktführer in dem Segment, nicht eingeladen. Musk hat das offenbar enorm geärgert, er hat Biden vorgeworfen, Tesla „ignoriert“ zu haben, und ihn seither wiederholt öffentlich beschimpft. Die Annäherung von Trump und Musk hat aber auch insofern Logik, weil die beiden in mancherlei Weise aus dem gleichen Holz geschnitzt sind: Sie sind ausgeprägte Machtmenschen mit einem unstillbar erscheinenden Verlangen nach öffentlicher Aufmerksamkeit.

Eine Art Oligarch

Ann Skeet, Direktorin am Markkula Center for Applied Ethics an der kalifornischen Santa Clara University, kann sich auch vorstellen, dass Musk Trump für leichter zu manipulieren hält. Sein erklärtes Interesse an einem Regierungsposten lasse vermuten, dass er seinen Einfluss in Washington weiter vergrößern wolle, „und vielleicht findet er, mit Trump könne er das am effektivsten tun“. Skeet meint, man könne Musk angesichts seines immensen Reichtums und der vielen von ihm kontrollierten Unternehmen schon heute als eine Art Oligarchen sehen. Bekäme er eine Rolle in der Regierung, würde er seine Machtfülle jenseits der Privatwirtschaft auf staatliche Institutionen ausweiten.

Es ist unklar, wie viel formellen Einfluss Musk in einer Trump-Regierung haben würde. Aber Trump deutete kürzlich in einer Rede an, er wolle die Kommission, die Musk führen solle, mit weitreichenden Befugnissen ausstatten. Sie solle eine Art Wirtschaftsprüfer für die gesamte Regierung sein und „drastische Reformen“ empfehlen.

Die Sorge um Interessenkonflikte rührt daher, dass Musk nicht aus einer neutralen Warte an eine solche Aufgabe herangehen würde. Seine Unternehmen haben reichlich Berührungspunkte mit staatlichen Institutionen und oft auch ein kompliziertes Verhältnis zu ihnen, in mancherlei Hinsicht gibt es sogar eine gegenseitige Abhängigkeit. Die Regierung zählt zu Musks Kunden und ist auch ein Subventionsgeber. SpaceX zum Beispiel hat mehrere Milliardenaufträge von der Raumfahrtbehörde NASA erhalten und ist derzeit auch das einzige Unternehmen, das verlässlich Astronauten von amerikanischem Boden ins Weltall bringen kann. Tesla hat viel von staatlichen Anreizen zum Kauf von Elektroautos profitiert.

Musks Unternehmen sind aber auch immer wieder ins Visier von Regulierern geraten. Die Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA führt zum Beispiel Ermittlungen gegen Tesla durch, dabei geht es um Fahrassistenzsysteme des Autoherstellers, die mit Unfällen in Verbindung gebracht worden sind. Musk hat sich auch oft über allzu strenge Regulierung beklagt, etwa dass die Flugaufsicht FAA sich zu lange Zeit nimmt, um Raketenstarts von SpaceX zu genehmigen. Besonders heftig ist er mit der Börsenaufsicht SEC aneinandergeraten. Sie hat ihn vor einigen Jahren wegen Wertpapierbetrugs verklagt und ihm vorgeworfen, irreführende Angaben rund um einen möglichen Rückzug Teslas von der Börse gemacht zu haben. Er stimmte damals einem Vergleich zu und zahlte eine Geldstrafe, was ihn nicht davon abgehalten hat, die SEC seither wiederholt zu attackieren.

118 Millionen Dollar für Trump

Die Aussicht auf nachsichtigere Regulierungsbehörden dürfte auch ein Grund sein, warum Musk Trump im Weißen Haus sehen will. Und in einer Regierungsfunktion, die auf Entbürokratisierung abzielt, könnte er einen solchen Kurs mitprägen. Ethik-Spezialistin Skeet sagt, es sei zweifelhaft, dass Musk auf einem solchen Posten objektiv bleiben könne, wenn seine Unternehmen berührt seien. „Er würde wahrscheinlich nichts empfehlen, das SpaceX Aufträge kostet.“ All das überwiegt in seinem Kalkül vielleicht auch etwaige Nachteile von Trump, etwa dass er weniger Begeisterung für Elektroautos an den Tag legt als Harris.

Auch Kritiker von Musk bestreiten nicht, dass privatwirtschaftliche Expertise der Regierung guttun kann. Und es gibt viele Beispiele von amerikanischen Top-Managern, die in die Politik gewechselt sind. Oft haben sie aber versucht, dem Eindruck von Interessenkonflikten entgegenzuwirken, zum Beispiel indem sie Aktien an den Unternehmen verkauft haben, bei denen sie vorher beschäftigt waren. Das tat zum Beispiel Henry Paulson, der einstige Vorstandschef der Bank Goldman Sachs, als er amerikanischer Finanzminister wurde.

Rechtsprofessorin Clark sagt: „Es ist schwer vorstellbar, dass Elon Musk sich von den Anteilen an seinen vielen Unternehmen trennt, um diese Kommission zu führen.“ Trump ist selbst kein Vorbild, was das Vermeiden von Interessenkonflikten betrifft. Er blieb Eigentümer seines Immobilienkonzerns, als er Präsident wurde, und hat lediglich die Geschäftsführung an seine ältesten Söhne übertragen. Musks Vermögen wird im „Bloomberg Billionaires Index“ derzeit auf 270 Milliarden Dollar geschätzt. Insofern kann er die täglichen Millionenschecks, die er im Moment in seiner Gewinnaktion vergibt, leicht verschmerzen, ebenso wie die mindestens 118 Millionen Dollar, die er bislang an America PAC überwiesen hat.

Sophia Rosenfeld, Geschichtsprofessorin an der University of Pennsylvania und Autorin eines Buchs über die Verbreitung von Falschinformationen in der Politik, hält diesen immensen Reichtum auch für einen maßgeblichen Grund dafür, warum Musk im Wahlkampf so kompromisslos für Trump und gegen Harris eintritt. Er fühle sich vermutlich „isoliert“ von etwaigen Zwängen, niemanden allzu sehr vor den Kopf zu stoßen. Und selbst wenn seine Wette auf Trump nicht aufgeht: Auch unter Kamala Harris würde die amerikanische Regierung wohl schwerlich umhinkommen, mit seinem Firmenimperium zu arbeiten.