Dynamische Stromtarife: Monopolkommission will eine Happy Hour zum Besten von den Strom

Die unabhängige Monopolkommission, die Bundesregierung und Bundestag in Wettbewerbsfragen berät, fordert eine grundlegende Reform des deutschen Fernwärmemarkts, um die Energiepreise zu senken. Sonst bestehe die Gefahr, dass monopolistisch agierende Unternehmen ihre Macht missbrauchten und übertriebene Preise verlangten, heißt es im „Zehnten Sektorgutachten Energie 2025“, das die Kommission am Dienstag Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) übergeben hat.

„Nur wenn wir die Ursachen der hohen Energiepreise angehen, können wir dauerhaft etwas erreichen“, sagte der Kommissionsvorsitzende Tomaso Duso. „Das Lindern von Symptomen genügt nicht.“ So schlagen die Gutachter dynamische Strompreise je nach Auslastung und Tageszeit vor, um Verbrauch und Erzeugung besser zu steuern. Besonders günstige Zeiten nannte Duso „Happy Hour für Strom“.

Die Studie spricht sich für die flexible Netznutzung mittels Digitalisierung aus und hält unterschiedliche Strompreiszonen für sinnvoll, aber politisch kaum durchsetzbar. In der Elektromobilität befürworten die Autoren mehr Wettbewerb bei Ladesäulen, etwa durch kommunale Ausschreibungen. Wettbewerbsverzerrungen drohten auch in Ladeparks für E-Lastwagen. „Es darf an Autobahnen nicht zu einem Lademonopol für die Tank & Rast GmbH kommen“, mahnte Duso. In der Gaswirtschaft forderte er die frühzeitige Stilllegung von Netzen, die nach 2045 nicht mehr gebraucht würden. Die Netzbetreiber müssten zu verbindlichen Rückbauplänen verpflichtet werden. Bisher sei völlig unklar, wer die Stilllegungen bezahle und wie man die Netzentgelte für die sinkende Zahl von Gasverbrauchern im Griff behalten könne.

„Marktmacht zulasten der Endkundinnen“

Was die Fernwärme angeht, so seien, anders als beim Strom, Erzeugung, Handel und Netz bisher nicht voneinander entflochten, sondern häufig noch immer in der Hand eines einzigen örtlichen Unternehmens. Durch solche lokalen Monopolisten bestehe die Gefahr, „dass Marktmacht zulasten der Endkundinnen und -kunden (Privatverbraucher wie Unternehmen) ausgeübt wird, mit unnötig hohen Energiepreisen als Folge“, kritisieren die Fachleute.

Sie befürchten, dass sich die Risiken in Zukunft noch verschärfen werden, da Gasheizungen im Zuge des Klimaschutzes an Bedeutung verlören und mit Grünstrom betriebene Wärmepumpen nicht für alle Gebäude geeignet seien. „Der bislang bestehende Systemwettbewerb zwischen verschiedenen Heiztechnologien würde weiter an Wirkung verlieren“, warnen die Verfasser. Ein neues wettbewerbliches Konzept für die Fernwärme sei auch deshalb nötig, weil die Politik die Technik vollständig dekarbonisieren und zugleich erheblich ausweiten wolle.

Die Kommission empfiehlt unter anderem, Drittanbietern den Zugang zum Fernwärmemarkt zu öffnen, sodass in Zukunft auch fremde Händler und Erzeuger Energie bereitstellen könnten. Es müsse ein „Recht auf Belieferung“ und ein „Recht auf Einspeisung“ geben, und zwar zu angemessenen Bedingungen. Es sollte zudem ein Wettbewerb um den Bau neuer Netze entstehen, dafür seien umfassende Wegerechte nötig.

Verpflichtung zur Preistransparenz

Die Monopolkommission begrüßt, dass die Branchenverbände zur besseren Nachvollziehbarkeit der Tarife seit Mai 2024 eine Preistransparenzplattform unterhalten. Diese sei aber freiwillig, große teure Anbieter nähmen nicht teil. Besser wäre daher eine verpflichtende Plattform wie in Österreich. Dort sei die Preisdifferenz zwischen teuren und günstigen Anbietern messbar geschrumpft.

Die Fachleute schlagen überdies eine jährlich veränderliche bundesweite Preisobergrenze für Fernwärmeunternehmen vor (Price Cap). Dieser Deckel gälte für einen verpflichtend anzubietenden Grundversorgungstarif. Dieser sollte sich weitgehend an den Kosten orientieren, die der Kunde hätte, wenn er statt der Fernwärme eine Wärmepumpe nutzte. Der hochtransparente Tarif würde allein vom Verbrauch abhängen, es gäbe keine Grundgebühren oder Zusatzkosten. Den Unternehmen stünde es frei, weitere Tarife anzubieten, deren Regulierung dann entfiele.

Die Gutachter bemängeln, dass Fernwärme in Mietshäusern bisher unattraktiv sei. Für neue dezentrale Anlagen wie Gasheizungen oder Wärmepumpen könnten Vermieter ihre Investitionen als „Modernisierungsmieterhöhung“ auf die Mieter umlegen. Kommt stattdessen ein Anschluss an die Fernwärme, zahlt diesen das Lieferunternehmen zunächst selbst und schlägt dann die Investitionskosten auf den laufenden Wärmepreis auf. Der Hauseigentümer darf die Heizkosten aber nur in der bisherigen Höhe an seine Mieter durchreichen. Seit diese Regelung gelte, sei die Zahl neuer Fernwärmeanschlüsse an Bestandsmietshäuser stark gesunken, so die Monopolkommission. Künftig müssten alle Heizungsarten gleich behandelt werden, fordern die Fachleute.