Discover Airlines: Streik im Zusammenhang Lufthansa-Tochter droht

Dem Urlaubsflieger Discover Airlines aus dem Lufthansa-Konzern drohen in der Schlussphase der Ferienzeit Streiks – und zwar sowohl von Flugbegleitern als auch von Piloten. In getrennten, aber zeitgleich angesetzten Urabstimmungen votierten Mitglieder der Unabhängigen Flugbegleiterorganisation (UFO) und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit mehrheitlich dafür, auf den Abschluss von Tarifverträgen – notfalls auch mit Arbeitskampfmaßnahmen – hinzuwirken.

„Unbefristete Arbeitsmaßnahmen sind ab sofort jederzeit möglich“, teilte die VC am Mittwochnachmittag mit. Der UFO-Vorsitzende Joachim Vázquez Bürger mahnte Discover und den Mutterkonzern Deutsche Lufthansa , sich nun „mit dem Nachdenken nicht unnötig viel Zeit“ zu lassen.

Unter den abstimmenden Flugbegleitern fiel die Zustimmung mit 91,8 Prozent noch größer als unter den Piloten, von denen 81 Prozent für den Kampf für eigene Tarifverträge und mögliche Streiks stimmten. Die beiden Gewerkschaften hatten die Urabstimmungen eingeleitet, nachdem Discover überraschend eine Einigung für Piloten und Flugbegleiter mit der Gewerkschaft Verdi verkündet hatte, während die Gespräche mit UFO und VC stocken. Der Vorsitzende Tarifpolitik der VC, Marcel Gröls, sieht darin den Schritt der Arbeitgeberseite, über die Köpfe der Beschäftigten hinweg Tarifverträge mit einer „genehmen Gewerkschaft“ abzuschließen.

Kritik an Verdi

Vázquez Bürger kritisierte, dass der Abschluss von Tarifverträgen „nicht in Hinterzimmern der Arbeitgeberseite nach deren Sympathien geschehen darf.“ Vor allem UFO hatte Zweifel angemeldet, ob Verdi eine größere Mitgliederzahl in der Discover-Belegschaft hat, und hatte eine notarielle Auszählung der Gewerkschaftsmitgliedschaften gefordert.

Aufgestoßen war den Gewerkschaften auch, dass die Einigung mit Verdi Vorteile – sowohl finanziell als auch bei Kündigungsregeln – für Verdi-Mitglieder vorsehen soll. Aus Sicht von UFO ist dies der Versuch „durch Geschenke eine Gewerkschaft aus dem Nichts mächtig zu machen“, das stelle „alles auf den Kopf, was in über 150 Jahren Gewerkschaftsgeschichte schlicht selbstverständlich war“.

Die 2021 geschaffene Discover wird seit Gründung von beiden Gewerkschaften kritisch beäugt – ebenso die Ende Juni neu an den Start gegangene Betriebseinheit Lufthansa City Airlines. Das Personal verdient dort weniger als im Lufthansa-Kernbetrieb. Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann, der kommissarisch für die Finanzen zuständig ist, hatte zur Vorstellung der Konzernhalbjahresbilanz angekündigt, die andere Vergütung und eine höhere Produktivität zusammen führten zu 30 bis 40 Prozent niedrigeren Personalkosten bei Discover und City Airlines. Flugzeuge – vor allem Mittelstreckenjets vom Typ A320 – sollten daher von der Kernmarke zu den neuen Betrieben verschoben werden.

Die Flotte soll wachsen

Als Ziel gilt, dass 40 Prozent der Kurz- und Mittelstreckenjets der Lufthansa-Airlines-Gruppe, zu der der Konzern neben der Marke Lufthansa Discover, die bestehende Cityline und die neue City Airlines zählen, nicht mehr für die Kernmarke unterwegs sein sollen. Begründung: Anderweitig seien kürzere Distanzen kaum noch profitabel zu fliegen.

Stunden vor dem Ende Urabstimmung hatte Discover am Mittwoch mitgeteilt, dass die eigene Flotte nun wachsen werde, um mindestens drei A320- und drei Langstreckenmaschinen vom Typ A330 auf insgesamt „zunächst 33 Flugzeuge“, wobei zunächst wohl bedeutet, es könne weiteres folgen. „Nach unserem Start vor drei Jahren und dem erfolgreichen Aufbau unserer Airline gehen wir nun die nächsten Schritte, um unsere Position als Ferienflieger in Deutschland weiter zu festigen und die Marktpräsenz der Lufthansa Group im wachsenden Privatreisesegment nachhaltig zu stärken“, sagte Discover-Chef Bernd Bauer. Die ursprünglich als Urlaubsbeförderer zu Badezielen gestartete Discover hatte vor Tagen auch mitgeteilt, zum Sommer 2025 Flüge von München nach Island zu übernehmen, die bislang die Kernmarke Lufthansa fliegt.

Die Tarifkonflikte bei Discover haben schon besondere Blüten getrieben. Als UFO zu Jahresbeginn zu einem Streik aufrief, konterte Discover mit dem Vorwurf, die Gewerkschaft wolle streiken, ohne jemals verhandelt zu haben. UFO hatte sich nach eigenen Angaben aber über lange Zeit vergeblich um Verhandlungen bemüht. Nach dem Streikaufruf zu Jahresbeginn gab es die Gespräche dann doch. Nur zu einem Abschluss führten sie nicht, obwohl laut UFO „praktisch fertige Tarifverträge“ vorlägen.

Besorgte Gewerkschaften

Auch die VC hatte wegen einer fehlenden Einigung schon zu Streiks aufgerufen. Im Februar sorgte dann für Verstimmung, dass Discover statt eines Tarifvertrags mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung über höhere Löhne schloss, die laut VC weitgehend die eigenen Forderungen abbildete. Ein Knackpunkt war aber wohl, dass von Lufthansa-Seite zusätzlich eine Vereinbarung über Verhaltensweise in Konflikten einschließlich Mediationspflicht verlangt wurde, was die VC kritisch sah. Verdi hatte zuletzt solch einer Vereinbarung zugestimmt.

Zu aller Verstimmung im Discover-Streit kommt für UFO und VC die Sorge hinzu, dass sich das bei Discover erlebte bei der neuen Lufthansa City Airlines wiederholen könnte. Dem Vernehmen nach führt City Airlines für die zwei Berufsgruppen Piloten und Flugbegleiter nämlich Gespräche mit drei Gewerkschaften – VC, UFO und Verdi. Die Pilotenvereinigung und die Flugbegleiterorganisation rüsteten verbal am Mittwoch schon auf. Die VC hält der Konzernführung vor, um im Umgang mit den Gewerkschaften eine „Doktrin des ‚Teile und Herrsche“ zu verfolgen. Nun drohen Streiks. „Das Management hat viele operative Probleme und schafft sich mit einem solchen Vorgehen weitere“, sagte VC-Sprecher Frank Blanken.