Diplomatie: Ungarn bestellt deutsche Botschafterin ein

Die deutsche Botschafterin in Ungarn Julia Gross wurde wegen des Äußerns von Kritik an der ungarischen Regierung einbestellt. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto schrieb zur Begründung, Gross habe sich in einer öffentlichen Ansprache „auf schwerwiegende, die Souveränität unseres Landes verletzende Weise in die inneren Angelegenheiten Ungarns eingemischt“.

Gross hatte am Mittwoch in einer Veranstaltung anlässlich des Tags der Deutschen Einheit in Budapest gesagt, die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban habe einen Weg eingeschlagen, der die beiden Länder sowie ihre Partner auseinandertreiben werde. So untergrabe Ungarn zudem das Vertrauen in EU- und Nato-Länder, beispielsweise hinsichtlich seiner Ukraine-Politik.

Außenminister Szijjarto nannte die Rede „in ihrer Gänze inakzeptabel“. Ungarn verlange von den im Lande tätigen Botschaftern und
Botschafterinnen Respekt.

Das deutsche Auswärtige Amt teilte zu dem Vorfall mit: „Zum Glück können wir unter europäischen Freunden unsere Differenzen auch offen ansprechen.“ Dies sei auch Thema bei dem Gespräch der Botschafterin im ungarischen Außenministerium gewesen.

Ein wichtiger, aber schwieriger Partner

Deutschland ist Ungarns wichtigster Handels- und Investitionspartner. Zuletzt hatten in Ungarn tätige deutsche Unternehmen aus verschiedenen Dienstleistungsbranchen beklagt, von der dortigen Regierung unter Druck gesetzt zu werden. Sie wolle Märkte unter die Kontrolle regierungsnaher Oligarchen bringen.

Die Regierung des Rechtspopulisten Orbán scherte in der Russlandpolitik wiederholt von der gemeinsamen EU-Linie aus. Im eigenen Land baut sie nach Ansicht von Kritikerinnen und der EU seit Jahren demokratische Freiheiten und Rechtsstaatlichkeit ab. Erst diese Woche hat die EU-Kommission deswegen Ungarn verklagt. Ungarn hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne und handelt dabei zum Teil isoliert, beispielsweise beim Verzögern von Ukraine-Hilfen.