Die Linke wird ihre Fehler nicht mehr tief wiederholen
Die Linke hat den Menschen einmal Hoffnung gegeben auf eine gerechte Gesellschaft. Aber das ist lange her. Erschöpft von der Digitalisierung und der Globalisierung, wollen die Leute heutzutage keine Utopie mehr. Die meisten Leute wollen, dass in ihrer Lebenswelt alles bleibt, wie es ist – daher auch die Ablehnung aller Fremden. Flüchtlinge bedeuten Veränderung, und es kann nur schlechter werden. Die Populisten von AfD und BSW sprechen nun beides an: Xenophobie und konservative Sehnsucht. Während das Leben immer komplizierter wird, erst recht der Politikbetrieb mit dem ständigen Aushandeln von Kompromissen, glauben mehr und mehr Wähler den Parteien mit einfachen Antworten. Die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg verheißen nichts Gutes. Schon bald könnte eine Dystopie Wirklichkeit werden.
Friedrich Merz und Robert Habeck: „Das Beste aus beiden Welten“
Deutschland nach den Bundestagswahlen im September 2025: Friedrich der Große ist noch einmal mit blauem Auge davongekommen und will nun eine Regierung mit den Grünen bilden. Der selbst ernannten „Fortschrittskoalition“ aus SPD, Grünen und FDP folgt jetzt das „Bündnis für die Zukunft“, wie ehedem in Österreich – „das Beste aus beiden Welten“, wie Friedrich Merz und Robert Habeck der Öffentlichkeit verkünden. Wirtschaft und Schöpfung sollen bewahrt und der Kapitalismus nachhaltig gestaltet werden. Auch den Osten wolle man nicht vergessen, nachdem AfD und BSW dort die meisten Stimmen bekommen haben. „Wir haben verstanden“, sagt der neue Bundeskanzler in einer ersten Regierungserklärung vor dem Parlament. Es gelte, die Menschen wieder ernst zu nehmen, abzuholen, mitzunehmen usw. Das Erschreckende an seiner Rede wird nicht die Phrasendrescherei sein, sondern der Kameraschwenk ins Plenum: Von jetzt an wird die SPD im Bundestag die linkste Kraft sein – die Partei der Hartz-IV-Gesetze. Aber was soll noch passieren, was nicht schon passiert ist?
Und die Linkspartei? Vielleicht wird der eine oder die andere wehmütig an jene Zeit zurückdenken, zwischen den Jahren 2005 und 2021, da es in diesem Land eine progressive Mehrheit gegeben hat. Wie hat die Linke diese Zeit genutzt? Wichtige Papiere, Leitanträge und Resolutionen wurden verabschiedet. In Berlin wurden die Obdachlosen gezählt. Und immerhin haben sich die eigenen Verhältnisse verbessert. Außerdem haben die Genossen bei der Sprachreform wichtige Akzente gesetzt, so dass sich heute niemand mehr diskriminiert fühlen muss – Gerechtigkeit mit Grammatik erkämpfen, was für eine grandiose Idee. Hat doch funktioniert, oder? Was kann denn wichtiger sein, als Menschen erziehen zu wollen?
Bis heute mangelt es den Spitzen in Partei und Fraktion an kritischer Selbstreflexion, Nelli Tügel hat darüber unlängst im Freitag geschrieben. Dietmar Bartsch, Gregor Gysi, Petra Pau und andere ziehen seit über 30 Jahren die Strippen, reden von Umverteilung, ohne aber von den eigenen Privilegien (Diäten) etwas abgeben zu wollen. Irgendwelche Charity-Schecks sollen hier nicht interessieren; es geht um die Einrichtung von Sozialfonds wie bei der KPÖ in Graz, um mehr Politik und etwas weniger Karriere. Doch dafür fehlt den Funktionären die Fantasie. Wann und warum hat die Linkspartei den Kontakt zu den Niedriglöhnern verloren, zu den Alleinerziehenden und Stütze-Empfängern?
Daran, dass die Schreibtischlinke seit jeher die eigenen Büroangestellten mit der Basis verwechselt, krankt jeder parteiinterne Diskurs. Der Niedergang der eigenen Organisation wird auf den Rechtsruck der Gesellschaft zurückgeführt; die „Wagenknechte“ seien schuld und natürlich der Ukraine-Krieg, nicht jedoch das eigene Reden und Handeln. Solange jegliches Fehlerbewusstsein fehlt, werden die Fehler wiederholt – allerdings nicht mehr lange.