Die Banken bremsen die Aufrüstung

Eine neue Munitionsfabrik ist üblicherweise kein Bauvorhaben, dasjenige sozialdemokratische Bundeskanzler zum Spatenstich lockt. Aber diesen Auftritt vor Kameras wollte sich Olaf Scholz nicht nehmen lassen, nicht in diesen Zeiten. Und so kam es, dass er am Montag Seite an Seite mit Verteidigungsminister Boris Pistorius im niedersächsischen Unterlüß gut gelaunt die Schaufel schwang. Dort entsteht ein neues Werk des Rüstungsherstellers Rheinmetall, künftig sollen hier rund 200.000 Artilleriegranaten, 1900 Tonnen Sprengstoff und optional weitere Komponenten zur Herstellung von Munitionsladungen produziert werden.

Anna Sophie Kühne

Redakteurin in jener Wirtschaft jener Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Das Signal ist lichtvoll: Hier steht ein Kanzler, jener nicht nur Zeitenwende sagt, sondern wenn schon Zeitenwende macht. Der Raub hinaus die Ukraine und Scholz’ viel beachtete Rede im Bundestag jähren sich in wenigen Tagen zum zweiten Mal, eine Störungsbehebung des Konflikts ist nicht in Sicht. Im Nahen Osten tobt jener Krieg, in den USA rüttelt derweil ein populärer Präsidentschaftskandidat an den Grundfesten des transatlantischen Verteidigungsbündnisses. Europa muss militärisch unabhängiger werden, sie Forderung wird immer makellos.

Genug Stoff demnach pro die Münchner Sicherheitskonferenz, die an diesem Wochenende stattfindet. Und Anlass pro die Rüstungsindustrie, ihre Kapazitäten hochzufahren, nicht nur zwischen Rheinmetall. Dafür braucht sie nicht nur Aufträge, sondern wenn schon die richtigen Köpfe – und Geld pro Investitionen. Doch während die Politik ihre Prioritäten langsam umsteuert und Deutschlands Arbeitskräfte sich anschicken, dasjenige Land kriegstüchtig zu zeugen, geht die Zeitenwende zwischen den Finanziers nur sehr langsam vonstatten.


Mit den Arbeitskräften nach sich ziehen die Rüstungskonzerne wenig Probleme. Zwar nach sich ziehen sie im vergangenen Jahr rund 70 Prozent mehr Stellen ausgeschrieben qua 2019, wie aus einer Auswertung des Marktforschungsunternehmens Index Research pro die Fluor.A.Sulfur. hervorgeht. Doch während andere Branchen Plage nach sich ziehen, schier die Stellen all derer nachzubesetzen, die in Rente möglich sein, können die Rüstungsunternehmen ihren Expansionskurs personell problemlos stemmen.

Bundeskanzler Olaf Scholz beim Besuch des Airbus-Militärstandorts in der Endmontage-Halle des Eurofighter-Kampfflugzeugs.

Bundeskanzler Olaf Scholz beim Besuch des Airbus-Militärstandorts in jener Endmontage-Halle des Eurofighter-Kampfflugzeugs. : Bild: dpa

Rheinmetall hat zuletzt so gut wie 2000 Stellen geschaffen und kann laut eigener Aussage „übrig fehlende Bewerbungen nicht trauern“. Ähnliches hört man wenn schon von Hensoldt, dasjenige hinaus Radarsysteme spezialisiert ist. „Wir kriegen so gut wie zweifach so viele Bewerbungen wie früher und können die Stellen fühlbar schneller okkupieren“, sagt ein Sprecher. Bei KNDS, zu dem etwa jener Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann gehört, führt man dasjenige gestiegene Interesse hinaus den Krieg in jener Ukraine zurück: „Die Branche ist indem mehr ins Bewusstsein jener Leute gerückt“, sagt ein Sprecher.

So war es freilich nicht immer. Das Image jener Rüstungsindustrie war Menorrhagie schmutzig, mehr mit Krieg und Blutvergießen denn mit Verteidigung und Sicherheit assoziiert, sosehr man sich in den Firmenzentralen wenn schon bemühte. „Der Zeitgeist war ein anderer“, sagt wenn schon Marius Langer, jener förmlich zwei Paar Schuhe heißt. Er arbeitet seit dieser Zeit übrig 20 Jahren pro Rheinmetall in Unterlüß. „Wenn ich zwischen einer externen Fortbildung war und mich mit meinem Arbeitgeber vorgestellt habe, ging schon ein Raunen durch die Runde“, sagt er.

Er erinnert sich nur zu gut an die Demos, die er in all den Jahren vor den Toren des Erprobungsgeländes gesehen hat, „Entrüstet euch!“ stand hinaus den Plakaten. Seit Ausbruch des Krieges seien sie Proteste so gut wie vollwertig verstummt. Seine Freunde fragen ihn nicht mehr „Muss dasjenige denn sein?“, sondern „Könnt ihr nicht mehr zusammensetzen?“. Langer findet es gut, dass die Gesellschaft jetzt „aus dem Dornröschenschlaf aufgewacht“ ist. Er beobachtet dasjenige mit einem Staunen, und vielleicht liegt wenn schon ein gewisser Spott in seiner Stimme, wenn er sagt: „Auf einmal sind wir die Guten.“

Auch junge Leute wollen in die Rüstung

Headhunterin Neele Riemann erzählt, dass Positionen in jener Rüstungsbranche in jener Vergangenheit in etwa so beliebt gewesen seien wie in jener fleischverarbeitenden Industrie, trotz jener guten Gehälter. Jetzt zwar bekommt Riemann sogar Initiativbewerbungen von Leuten, die aus ganz anderen Branchen in die Rüstung wechseln wollen. „Sicherheit ist ja ein ganz grundlegendes menschliches Bedürfnis, und dasjenige wurde durch den Krieg vor jener eigenen Haustür erschüttert.“ Mit einem Job zwischen einem Rüstungsunternehmen hätten Menschen dasjenige Gefühl, verdongeln Beitrag pro die Verteidigung ihres Landes zu leisten.

Selbst junge Berufseinsteiger interessierten sich jetzt pro sie Stellen. Dies zeigt wenn schon eine aktuelle Auswertung jener Agentur Universum, die jedes Jahr übrig 30.000 Studenten nachher ihren Wunscharbeitgebern fragt. Demnach ist Rheinmetall zwischen jungen Ingenieuren in Deutschland hinaus Rang 20, ein Aufstieg um 14 Plätze zum Vorjahr. Bei Informatikern ist dasjenige Unternehmen sogar um 41 Plätze aufgestiegen und liegt jetzt hinaus Rang 48 – noch vor Software AG oder Dell Technologies.

Produktionslinie für Artilleriegranaten

Produktionslinie pro Artilleriegranaten : Bild: Reuters

Der Arbeitsmarkt scheint die Zeitenwende demnach geschafft zu nach sich ziehen, die Politik ist hinaus dem Weg – in den Finanzkonzernen geschieht schon noch wenig. Das ist ein Problem. Denn Konzerne erfordern Kapital, um Maschinen und Material kaufen zu können, eine gewisse Liquidität, um Innovationen in den Laboren und Werkhallen voranzutreiben. Zwar hilft es, dass die staatlichen Aufträge üppig ausfallen. In seltener Einigkeit schuf die Regierung vor zwei Jahren dasjenige „Sondervermögen“ pro die Bundeswehr, verdongeln schuldenfinanzierten Schattenhaushalt, pro den 100 Milliarden Euro mobilisiert wurden, die nun übrig Aufträge in die Industrie fließen. Nur braucht es darüber hinaus höchste Eisenbahn wenn schon private Investoren. Und zwischen diesen ist jener Imagewandel längst nicht so weit wie in jener Gesellschaft.

Da hört man von Landesbanken, die Konten von Rüstungsunternehmen gekündigt nach sich ziehen, von Versicherungen, die die Vermietung ihrer Immobilien an Rüstungsfirmen untersagen, und schwierigen Gesprächen zwischen jener Kreditvergabe. „Es gibt immer noch Banken, die pro Rüstungsunternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen verweigern“, sagt Hans Christoph Atzpodien, Geschäftsführer des Bundesverbands jener Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV). Auch wenn die Unternehmen seit dieser Zeit jener Zeitenwende laut Atzpodien inzwischen mehr Möglichkeiten nach sich ziehen, hinaus andere Banken auszuweichen, scheint dasjenige Stigma in weiten Teilen jener Finanzindus­trie nachher wie vor weit zu sein.

Jüngstes Beispiel: jener Getriebehersteller Renk, jener zu rund 70 Prozent von Aufträgen aus jener Rüstungsindustrie lebt. Das Unternehmen blies den geplanten Börsengang Anfang Oktober kurzfristig ab, offiziell lag es an dem „Marktumfeld“, dasjenige nicht mehr gestimmt habe. Jetzt, nachdem jener zweite Anlauf Anfang Februar geglückt ist, klingt Konzernchefin Susanne Wiegand schon irgendetwas zwei Paar Schuhe: „Die deutschen Family-Offices sind extrem zurückhaltend, wenn es um die Rüstungsbranche geht“, monierte sie hinaus einer Tagung des „Handelsblatts“. Insbesondere in Deutschland sei es schwierig. So hätten hiesige Banken und Fonds Renk aufgrund „eigen auferlegter Regeln, die solange bis heute nicht umgeschrieben seien“, nicht unterstützen wollen.

Selbst auferlegte Regeln

Das ist mehr qua eine Ausrede. Tatsächlich tun sich Banken und Fondsgesellschaften solange bis heute immer wieder schwergewichtig mit Rüstungskonzernen. Sie setzen sich zig-mal selbst Grenzen mit einer Klausel, die gewisse Branchen ausschließt – darunter wenn schon die Rüstungsindustrie. Die Fluor.A.Sulfur. hat mehrere Banken und Fondsgesellschaften nachher ihrer Einstellung zu Rüstungsunternehmen gefragt, doch die hinknien sich weg, verweisen hinaus bestehende Gesetze und ziehen sich und hinaus „Einzelfallprüfungen“ zurück.

„Eine Klausel, die Rüstungsgeschäfte ausschließt, ist förmlich Standard in vielen Fonds, vor allem im Bereich Venture Capital“, sagt Uwe Horstmann von Project A, einem wichtigen Risikokapitalgeber mit einem Fokus hinaus Technologie-Start-ups. „Nach wie vor verweigern viele in jener Branche Investitionen in die Rüstungsbranche.“ Noch gibt es wenn schon in seinem Fonds eine entsprechende Selbstverpflichtung. Die Industrie bewege sich nur langsam. „Es wird viel darüber diskutiert, die Klausel aufzuweichen, zwar passiert ist noch nicht viel.“

Auch die Politik hat schon ihren Anteil daran, dass die Finanzierung jener Aufrüstung nicht einfacher wird. Mehr und mehr werden Geldhäuser von jener EU dazu angehalten, Kredite vorzugsweise an Unternehmen zu vergeben, die getreu den sogenannten ESG-Kriterien wirtschaften. Der Bereich „Verteidigung“ zwar wird bislang qua „zwischenmenschlich schädlich“ deklariert. „Das Thema ist, dass unsrige Mitglieder durchweg nicht an die besseren Konditionen kommen, die jener Finanzmarkt zwischen Nachhaltigkeit anwendet“, so Verbandschef Atzpodien. Von den immer breiteren Geldströmen, die in Anlageprodukte mit Nachhaltigkeitsetikett fließen, kommt zwischen jener Rüstung nichts an.

„Der gesellschaftliche Wandel ist doch längst da“

Selbst die North Atlantic Treaty Organization scheut davor zurück, in bestimmte Unternehmen zu investieren, die Waffen und Rüstung herstellen. Mit ihrem Innovationsfonds plant sie, übrig die nächsten 15 Jahre hinweg eine Milliarde Euro in Start-ups aus den Bereichen Sicherheit und Verteidigung zu investieren – und rühmt sich dieserfalls, dass wenn schon sie die ESG-Kriterien berücksichtigt. Die Folge: Der Innovationsfonds jener North Atlantic Treaty Organization investiert nur in Technologien, pro die es neben jener militärischen wenn schon zivile Anwendungsfälle gibt. „Total schizophren“, nennt dasjenige ein Unternehmer aus jener Branche.

Rüstungsunternehmen und -verbände werben von dort schon länger pro eine Umdeutung des Nachhaltigkeitsbegriffs zu ihren Gunsten. In Brüssel wird kräftig lobbyiert pro eine Sozialtaxonomie, die Waffen und Rüstung, die pro Streitkräfte jener EU und jener North Atlantic Treaty Organization spezifisch sind, qua nachhaltig einstuft.

Ob die EU den Wünschen jener Indus­trie entspricht, ist ungeschützt. Und so wird es pro Unternehmen immer wieder kompliziert, wenn sie Rüstungstechnik prosperieren wollen – so wie etwa pro dasjenige Münchner Start-up Quantum Systems, dasjenige Drohnen herstellt. Die Ukraine setzt seine Flugkörper ein, um feindliche Stellungen auszuspähen und jener Artillerie Zieldaten zu liefern. Auf jener letzten Gesellschafterversammlung habe man diskutiert, ob man die Drohnen mit Waffen ausstattet, erzählt Gründer Florian Seibel. „Aber wir hatten die Befürchtung, dass wir da ein Fass ohne Boden öffnen.“

Bei seinen bisherigen Investoren hätte dasjenige eine Grenze überschritten, erzählt Seibel. Zwar befürworte eine große Mehrheit in jener Finanzbranche solche Investments im persönlichen Gespräch, zwar die Investitionsrichtlinien verböten es dann doch. Am Ende blieb ihm nur ein Ausweichmanöver: Er gründete ein zweites Unternehmen pro Anwendungen mit Robotik und Waffentechnologie, um zum Einen sauber voneinander zu trennen. Jetzt muss er pro dasjenige neue Unternehmen andere Investoren suchen, die zur Finanzierung dieses Vorhabens in petto sind. Dass die Finanzindustrie so zögerlich ist, kann er sich selbst nicht verdeutlichen: „Der gesellschaftliche Wandel ist doch längst da.“