Denkfabrik Agora: Die Rufe nachher einem Digitalminister werden unbefleckt
Die digitale Transformation des Staates muss in der nächsten Bundesregierung „Chefsache“ werden. Das fordert die Denkfabrik Agora Digitale Transformation in ihrer Agenda für ein digitales Deutschland und schlägt dazu einen eigenen Staatsminister im Bundeskanzleramt vor, der als „vollwertiges Kabinettsmitglied mit Vetorecht“ installiert werden solle, vergleichbar mit der derzeitigen Bundesbeauftragten für Kultur und Medien.
Notwendig seien eigenes Personal und ein eigenes Budget, betonte Agora-Geschäftsführer Stefan Heumann. Statt eines Maßnahmenkatalogs wie in der aktuellen Digitalstrategie der früheren Ampelregierung müsse es eine ressortübergreifende Transformationsstrategie geben.
Die Diskussion über die Ausrichtung einer künftigen Digitalpolitik ist schon seit Wochen im vollen Gange. Denn das Ergebnis der bisherigen Bemühungen ist eher bescheiden. Zuletzt hatte sich der Digitalrat, ein Fachgremium zur Umsetzung der Digitalstrategie, kritisch zum bisherigen Ansatz geäußert. Selbst das Bundesdigitalministerium unter der Führung von Volker Wissing (parteilos) hatte vor Weihnachten einen Strategiewechsel gefordert und für ein eigenständiges Ressort plädiert, das sich nur um die Digitalisierung des Staates inklusive der Infrastruktur kümmern solle.
Zu viele Köche verderben den Brei
An der aktuellen Struktur gibt es gleich mehrere Probleme: Zum einen ist Wissings Digitalministerium gleichzeitig für den Verkehr zuständig. Die Aufmerksamkeit des Ministers lag in den vergangenen Jahren deshalb vor allem auf der ebenfalls notwendigen Generalsanierung der Bahn.
Auf der anderen Seite teilen sich mehrere Ministerien Kompetenzen im Digitalbereich. So ist die wichtige Verwaltungsdigitalisierung im Bundesinnenministerium ansässig, das wiederum mit der inneren Sicherheit und der Migrationspolitik andere Baustellen hat. In der Fehleranalyse der vergangenen Jahre wird zudem immer wieder bemängelt, dass die jeweiligen Bundesregierungen nie ein eigenständiges Budget vorgesehen haben. Das hat auch die damalige Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung im Kabinett von Angela Merkel, Dorothee Bär, an einer effektiven Arbeit gehindert. Sie war zwar im Bundeskanzleramt angesiedelt und damit im Zentrum der Macht. Allerdings hatte sie weder Geld noch einen eigenen Stab zur Verfügung.
Für einige Digitalprojekte fehlt das Geld
Die gemeinnützige Organisation Agora fordert deshalb, die neue Bundesregierung solle ein Budget installieren, das aus zwei Komponenten bestehe: einem zentralen IT-Budget für die ressortübergreifende Finanzierung von IT-Diensten und deren Betrieb sowie einem Topf zur Finanzierung von Digital- und Modernisierungsprojekten für die Bundesverwaltung. In der aktuellen Haushaltskrise haben nämlich mehrere Ministerien das Problem, dass ihnen die notwendigen finanziellen Mittel fehlen, um schon entwickelte IT-Projekte weiterzuführen.
Zudem müsse eine Digitalagentur die notwendige Transformation umsetzen, fordert Agora. Konkret geht es dabei um die Entwicklung und Bereitstellung von einheitlichen Plattformen oder Standards. Dies sei notwendig, damit sich die Ministerien wieder auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren könnten. Wichtig dafür sei eine „schlanke, aber schlagkräftige Personalstruktur“.
Der Stand der Digitalisierung ist auch deshalb in einem beklagenswerten Zustand, weil Bund, Länder und Kommunen oft nicht zusammenarbeiten, sondern parallel an den gleichen Anwendungen. Deshalb sind viele Angebote zwar fertig, aber noch nicht flächendeckend ausgerollt. So gab das Bundesinnenministerium Ende 2024 bekannt, dass nun alle 115 priorisierten Leistungen des Online-Zugangsgesetzes zur Verfügung stehen.
Dabei geht es etwa um die Beantragung von Kindergeld oder Bildungskrediten, die inzwischen digital abgewickelt werden können. Kompliziert wird es bei föderalen Verwaltungsleistungen, die zwar ebenfalls verfügbar sind, aber eben noch nicht überall. So ist zum Beispiel die digitale Wohnsitzanmeldung nach einem Umzug bisher nur in 15 der 20 größten deutschen Städte digital möglich. In vielen Städten müssen die Bürger noch immer zum Amt.