Das Erste-Sommerinterview: Olaf Scholz rechnet mit Verabschiedung des Bundeshaushalts im Juli

Im Streit um die Haushaltsverhandlungen hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die vorgesehenen Einsparungen für den Bundeshaushalt 2025 verteidigt. „Wir müssen mit dem Geld auskommen, das wir haben. Daran führt nun mal kein Weg vorbei“, sagte Scholz im ARD-Sommerinterview.

Die Koalition habe sich fest vorgenommen, einen Haushalt aufzustellen, der sich entlang der Finanzplanung für die Ressorts bewege. Darüber werde sehr konstruktiv geredet, sagte Scholz. Der Haushaltsplan für das kommende Jahr soll am 3. Juli im
Bundeskabinett verabschiedet werden. Angesichts eines Haushaltslochs von
rund 25 Milliarden Euro verlangt Finanzminister Christian Lindner (FDP)
aber deutliche Kürzungen in den Budgets mehrerer Ministerien, vor allem
des Sozialressorts. Über den Bundeshaushalt werde ansonsten im Bundestag entschieden „und das ist auch der richtige Ort, solche Debatten zu führen“, sagte Scholz weiter. 

Auf die Frage, ob er eine Notlage wegen des Ukraine-Krieges feststellen werde, um den Spielraum für neue Schulden zu vergrößern, sagte Scholz, es gehe jetzt darum, „erst mal seine Hausarbeiten zu machen und Stück für Stück jeden einzelnen Haushaltsposten durchzugehen und nicht irgendwie sich den bequemen Ausweg zu suchen“. Alle anderen Fragen stellten sich nicht jetzt. „Was wir dann machen, wenn wir alles getan haben und gucken, da ist noch ein Problem zu lösen, müssen wir dann auch gemeinsam bereden.“

Scholz wies zudem auf Mahnungen aus der SPD, Einschnitte bei Sozialausgaben abzuwenden, zurück: „Wir werden den Sozialstaat verteidigen. Und wir werden ihn auch entwickeln.“ Beim Bürgergeld gelte es, die Treffsicherheit zu erhöhen. „Das heißt, dass niemand sich drücken kann, dass man mitarbeitet, um die eigene Arbeitslosigkeit zu überwinden.“ Es dürfe auch nicht passieren, dass jemand arbeite, Einkommen verschweige und gleichzeitig Bürgergeld bekomme. Deshalb würden Schwarzarbeitskontrollen des Zolls ausgebaut. Die Koalition werde dazu auch noch Gesetzesverschärfungen beschließen, sagte Scholz.

Bundeskanzler sichert der Ukraine weiterhin Unterstützung zu

Scholz sieht unterdessen die Ukraine-Politik seiner Regierung auch als Grund für die schlechten Umfragewerte in Ostdeutschland. „Es ist schon so, dass es viele Bürgerinnen und Bürger gibt, die nicht einverstanden damit sind, dass wir die Ukraine unterstützen, die auch nicht einverstanden damit sind, dass wir Sanktionen gegen Russland verhängt haben“, sagte Scholz. Das schlage sich auch in den Wahlergebnissen nieder. „Aber da gibt es aus meiner Sicht nicht die Alternative, dass wir das jetzt ändern.“ Russland habe die Ukraine angegriffen. Mit diesem klassischen Eroberungskrieg werde versucht, die Landkarte zu verändern. Die jahrzehntelange Verständigung darauf, Grenzen nicht mit Gewalt zu verschieben, sei von Russland aufgekündigt worden.

Scholz sagte, er habe immer für Besonnenheit geworben. Alle Möglichkeiten für eine friedliche Entwicklung, die nicht in eine Kapitulation der Ukraine münden, sollten ausgelotet werden. „Und dazu stehe ich auch weiter“, sagte Scholz. Und man habe ja gesehen, dass man auch etwas bewirken können – zum Beispiel mit der Friedenskonferenz in der Schweiz.

Eine Zusammenarbeit auf regionaler Ebene mit der russlandfreundlichen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die Umfragen zufolge etwa bei der kommenden Landtagswahl in Thüringen weit vor der SPD landen könnte, schloss Scholz hingegen nicht aus. „Was in den Ländern gemacht wird, muss vor Ort beurteilt werden. Und diese Haltung haben wir unverändert“, sagte er. „Für den Bund muss ich allerdings sagen: Wegen der Zukunft Deutschlands ist das eine unvorstellbare Idee.“

Scholz macht sich Sorgen wegen Parlamentswahl in Frankreich

Nach dem Rechtsruck bei den Europawahlen blickt Scholz auch mit Unbehagen auf die anstehende Parlamentswahl in Frankreich. „Ich mache mir Sorgen wegen der Wahlen in Frankreich“, sagte Scholz. Er hoffe, „dass Parteien, die nicht Le Pen sind, um es so zu sagen, erfolgreich sind bei der Wahl“, sagte Scholz mit Verweis auf die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen. „Aber darüber entscheiden die Französinnen und Franzosen.“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat nach großen Verlusten für seine liberale Partei Renaissance bei der Europawahl das Parlament aufgelöst und Neuwahlen angesetzt, die am 30. Juni und am 7. Juli stattfinden. Einer Umfrage zufolge liegen Frankreichs Rechtspopulisten deutlich vorn

Dass es „noch viel dramatischere Ergebnisse bei den Europawahlen in einigen anderen Ländern gegeben hat, bedrückt mich mindestens so viel wie das Ergebnis, was wir hier in Deutschland verzeichnet haben“, sagte Scholz dazu. Auch die Kanzlerpartei SPD hatte ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Europawahl eingefahren. Die AfD war bundesweit die zweitstärkste Kraft, in den fünf ostdeutschen Bundesländern wurde sie sogar stärkste Partei.