Corona, Schlaganfall – Schlaganfall

…….so tönte es aus Radio und TV. War wohl eine geheime Botschaft an mich ( wg. „Hausmitteilung“ und so). Also nutzte ich meinen „freien Tag“ – ich bin der Einladung „meiner“ Flüchtlingsfamilie nicht gefolgt -, um nicht ganz freiwillig (der Countdown hat begonnen) über meinen Schlaganfall zu berichten. Nicht, weil ich Lust zum Jammern hätte. Sondern, weil ich Erfahrungen gemacht habe, mit denen ich so nicht gerechnet habe. Und vielleicht geht es anderen auch so. Und – gefühlt – läuft es in den Medien online in der Regel bei medizinischen Beiträgen ja unter dem Motto: „Geld oder Leben“. Und dem muss ich mich hier vor dem 22.05. auf jeden Fall nicht unterwerfen.

Es passierte am zweiten Tag nach der Corona-Impfung mit Biontec. Fälschlicherweise hatte ich angenommen, durch die Impfung meine „Enkelchen“ vor einer Ansteckung durch mich zu schützen. Man hörte ja entsprechendes, aber eher anders herum: mich vor den Kindern zu schützen. Was dann auch nicht stimmte. Das Spike-Protein war mir zwar von Anfang an suspekt. Aber es war ja BIONTEC. Made in Germany, also gut.

Am übernächsten Tag war ich mit meinem Einkauftrolley zu Fuß unterwegs zu ALDI. Dort packte ich gerade etwas Obst ein, da war etwas in meinem Kopf . Ich fühlte mich seltsam und dachte, es wäre vielleicht klüger, jetzt nach Hause zu gehen. Also reihte ich mich in die Schlange an der Kasse ein, zahlte, und machte mich – wie gewohnt – zu Fuß auf den Weg nach Hause. Zügig etwa 30 Minuten zu Fuß.

Nach dreiviertel der Strecke fiel mir das Gehen zunehmend schwerer, und an meinem Haus angekommen, musste ich mich zuerst übergeben, bevor ich meinen Trolley in den zweiten Stock schleppte. Dann ab ins Bett, weil mir wieder kotzübel wurde. Anruf beim Hausarzt, der mir außergewöhnlich heftige Impf-Nebenwirkungen bescheinigte und Zäpfchen gegen Übelkeit verschrieb.

Nach seiner Schicht schaute „mein“ Syrer vorbei, stützte mich, wenn ich mich wieder übergeben musste – also jedes Mal, wenn ich den Mund aufmachte -, rief seine Schwiegermutter an, die die Nebenwirkungen bestätigte und meinte, das sei am nächsten Tag wieder vorbei. Dann die Zäpfchen aus der Apotheke, die ich nicht verwendete, um nichts zu verschleiern.

Aus irgendeinem Grund schaute ich nach einem Merkblatt für Schlaganfall, das immer auf meinem Nachttisch lag. Aber da lag nur noch eines für Herzinfarkt. Die App , die ich zu selbigen Zweck auf meinem Handy hatte, funktionierte nicht mehr. Sie war inzwischen eingestellt worden. (Glück muss man haben!) Also verlegte ich mich aufs Schlafen, was scheinbar noch funktionierte.

Am nächsten Morgen Besserung, aber nicht vorbei. Und Pfingsten drohte. Also Anruf beim Bereitschaftsdienst. Der Arzt machte dann auch einige Schlaganfall-Tests. Da war aber nichts Auffälliges. Trotzdem ließ er mir die Telefonnummer einer nahen Rot-Kreuz-Station da, „falls Sie sich Sorgen machen“. Nachmittags Anruf bei der Nummer. Sanitäter machen ihre Routine-Untersuchungen. Wieder nichts. Beim Packen sagt plötzlich einer der beiden: „Face.“ Der andere bittet mich, eine bestimmte Position einzunehmen. Dann:“Jetzt seh’ ich es auch“. Anruf bei der lokalen Stroke Unit. Ich gehe noch eigenständig die Treppe runter. Dann geht die Post ab mit Blaulicht. Nützt aber nix mehr.

Der Verlauf bis dahin ist wohl nicht typisch, kommt aber vor. Sagt später der Arzt in der Reha. Soweit mein Pech. Ich denke inzwischen, dass der untypische Verlauf etwas mit dem Spike-Protein zu tun hat. Auf keinen Fall meint energisch mein Neurologe. In der Stroke Unit zeigen die vorher unauffälligen Tests jedenfalls erstmals einen Schlaganfall an. Also ab zum CT. Die Ärztin sagt mir dann, man könne auf den Bildern nichts erkennen, es müsse noch ein MRT gemacht werden. Das passiert dann Tage später, nachdem die Ärztin nochmals angerufen hat. Ergebnis: Pons Infarkt rechts. Könnte ziemlich schlimm ausfallen.

So hatte es die Ärztin von Anfang an vermutet. Allerdings hatte sie – nach Rücksprache mit dem Oberarzt – entschieden, dass ich keine Lyse bekäme. Weil nicht klar war, wie lange genau der Schlaganfall zurücklag (vermutlich weit mehr als 6 Stunden). Und, weil nicht klar war, ob es sich um eine Blutung oder eine Thrombose handelte.

Ich widersprach nicht. Durch den Fall eines Bekannten wusste ich, dass Lyse und Gehirnblutung eine katastrophale Kombination sein können. Aber keine Lyse bedeutete wiederum das Ende meines bisherigen Lebens ohne Behinderung. Ein Bild meiner „Enkelchen“ schoss mir durch den Kopf. Nie mehr mit ihnen herumtollen! Das war eigentlich das Schlimmste in dieser Situation.

Dann auf die Überwachungsstation. Voll verdrahtet und verschlaucht. Am nächsten Morgen war mit der linken Seite nichts mehr anzufangen. Selbst höchste Anstrengungen waren vergebens. Kein Finger regte sich. Tage später Verlegung auf die Normalstation. Eine Physiotherapeutin kam einmal und nie wieder. Die Logopädin kam wieder. Die Ergotherapeutin auch. Und brachte mir auf Wunsch eine Geh-Apparatur ins Zimmer, mit der sie mich erste Schritte machen ließ. Dann der Mann vom Sozialdienst, der mich zwischen diversen Rehas wählen ließ.

Ich entschied mich für den Nord-Schwarzwald, da mein Syrer gerne mal in den Schwarzwald wollte, und ich im Süd-Schwarzwald schon zur Reha gewesen war. Der Oberarzt kam auch vorbei und meinte, die gute Nachricht sei, dass der Infarkt selbst relativ klein wäre, die schlechte, dass relativ wenig Nervenzellen im Umfeld wären, die für die toten Zellen einspringen könnten. Und, was die Lyse betreffe, die würde ohnehin nur bei etwa 30 Prozent der Patienten mit Erfolg durchgeführt. Ich würde mich aber noch wundern, was man auch mit der Reha heute noch alles erreichen könne – sofern man dran bleibt. Schwätz Du nur! Arzt eben, dachte ich.

In der Reha liegend angekommen, wurde mir gleich am Empfang erstmals ein (leicht defekter) Rollator zugeschoben, mit dem ich zu meinem Zimmer gehen sollte. Mein physiotherapeutischer Erstkontakt fragte mich, was ich als erstes tun wollte. Treppensteigen!. Gesagt, getan. Anschließend kamen mir Freudentränen. Auch im Folgenden waren es die Beine, die mir am meisten Freude bereiteten. Die Ergotherapie mit dem linken Arm war dagegen Schwerstarbeit. Ich nannte es Folterkammer. Aber irgendwann ließ sich ein Finger bewegen, der Arm ein bisschen heben, Münzen greifen… Am Ende wurde mir sogar bescheinigt, ich könne meine Wäsche bügeln. Über das Zusammenfalten sah man lieber hinweg. Manche Männer sollen das ohne Schlaganfall noch schlechter beherrschen….. Danach musste ich mich jeweils total erschöpft hinlegen. Nur die Logopädie verlief einigermaßen mühelos.

Vom nicht-ärztlichen Personal hörte ich, dass ich nicht der Einzige dort sei, der nach einer Corona-Impfung einen Schlaganfall hatte. Nur sei der zeitliche Zusammenhang nirgends so eng wie bei mir. Einmal fiel das Wort Contergan-Skandal. Verifizieren kann ich das alles nicht. Ich selbst war hauptsächlich mit meinem Zustand beschäftigt. Erst als ich den Krankenhaus-Bericht las, in dem die Impfung mit keinem Wort erwähnt wurde, wurde ich stutzig. Dass die Lokalzeitung mich anrief, mir einen sachlichen Ton bescheinigte, meinen Leserbrief aber nicht veröffentlichte, verstärkte den Eindruck. Nur mein Hausarzt zweifelte nicht daran, dass mein Schlaganfall etwas mit dem – unvollständig getesteten – Impfstoff zu tun haben müsse. Schadenersatz zu fordern, darauf kam ich nicht. Wäre auch wenig gesundheitsfördernd. Im Unterschied zur Reha.

Allmählich spürte ich dort, dass sich etwas verbesserte. Nun musste ich aber darum kämpfen, nicht gleich nach Hause geschickt zu werden. Eine zusätzliche Woche (?) konnte ich herausschinden, dann hieß es, meine Kasse erlaube nicht mehr. Von wegen „Hoffentlich…….versichert“!

Mein Syrer besuchte mich derweil ein paar Mal – auch mit Familie – und brachte mir ein paar Sachen, die in meinem Krankenhaus-Koffer fehlten. Auch den Laptop für die Flüchtlingsarbeit. Der war auch nötig, denn vom Jobcenter, wo der Syrer trotz Berufstätigkeit, aufstocken muss, kam sogleich ein Schreiben, er habe ein Auto betankt. Der Besitz eines Autos müsse angegeben und als Vermögen angerechnet werden. Ich bekam den Brief – wie vereinbart – über WhatsApp. Also gleich am ersten Rehatag (?) Mail an Jobcenter: das Auto gehört mir, sei mit linksseitiger Lähmung aber etwas schwer von mir zu bedienen. Nützte nichts. Wieder zuhause kommt ein neues Schreiben: Sie haben am …. getankt, am …und…. Parkgebühren bezahlt. Damit sei eindeutig bewiesen, dass mein Syrer doch einen PKW besitze. Kopie des Fahrzeugscheins bitte. Das war mir dann doch zu viel. Ich schrieb eine gesalzene Beschwerde an den Chef. Antwort: Ja, das sei natürlich ein Sonderfall, aber man sei halt verpflichtet. …..Reha muss offensichtlich nicht langweilig sein…….

Noch während ich damit im Schwarzwald zugange war, suchten meine Nichten, mit denen ich aufgewachsen war, einen Platz im Betreuten Wohnen für mich. Und wurden fündig. Gegenüber meiner Wohnung, über der Straße, war im Betreuten Wohnen des dortigen Altersheims ein Apartment frei. Mit ihren Familien erledigten sie dann auch gleich den Umzug. Bis auf Bücher, CDs und wofür sonst noch der Platz fehlte. Es erwartete mich also ein gemachtes Nest. Für den restlichen Umzug benötigte ich dann die restliche Kündigungsfrist. Nicht wegen der zu bewegenden Menge, sondern wegen der nötigen Ruhephasen. Eigentlich war es eine Fortsetzung der Reha mit anderen Mitteln.

Soviel zu den Themen Jobcenter und Familie. Und ein paar Portionen Glück. Mein „Messermann“ und sein „Kopftuch-Mädchen“ meinten spontan, nachdem ich mich seither um sie gekümmert hätte, würden sie sich ab jetzt um mich kümmern. So ist es denn auch bis heute. Sie müssen Frau Weidel irgendwie missverstanden haben. Wahrscheinlich wegen der Deutsch-Kenntnisse!

Dem Internet-Händler, der bereit war, meine Bücher und CDs zu übernehmen, fehlte es nicht an Deutsch-Kenntnissen. Er war sogar biodeutsch. Auf die Idee, mir vielleicht ein paar Cent für mehrere Tausend Klassik-CDs und mehrere hundert Fachbücher anzubieten, kam er dennoch nicht. Mir war es zu peinlich, etwas zu fordern. Schließlich war es ja ein Glück, dass mir überhaupt jemand das alles abnahm. Soviel zu meinen ganz persönlichen Migrationsproblemen.

So humple ich jetzt also mit Gehstock durch den Rest meines Lebens und lerne die wunderbare Welt der Schwerbehinderten kennen, spiele mit den mittlerweile 3 Kindern – die mit meinem Gehstock -, stürze gelegentlich, wenn ich über etwas stolpere (eine alte Angewohnheit) und bleibe nicht immer unbeachtet liegen, bewältige mit Mühe einen Großteil meines Alltags, und versuche, mich mit meinen Schlafstörungen zu arrangieren. Auf Wein verzichte ich. Gehirnzellen sparen.

Ich bin noch einmal davon gekommen. Im Krankenhaus hatte ich einen Traum, in dem ich mir sicher war, in ein paar Wochen wieder der alte zu sein. Wird so wohl nix mehr. Aber die Kinder lieben mich noch immer ………

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