Commerzbank: Rhein, Verdi und Betriebsrat gegen Verkauf
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat sich über das Vorgehen der Bundesregierung bei ihrem Verkauf von Commerzbank-Anteile nach eigenen Worten „irritiert“ gezeigt. „Das Ganze ist ohne Einbindung der hessischen Landesregierung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion erfolgt, die selbst innerhalb der Bundesregierung manchen überrascht hat“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa in Wiesbaden. Die Aufgabe der Bundesregierung sei es, den Finanzplatz Frankfurt zu stärken und nicht, ihn zu schwächen.
Das Vorgehen, die Anteile im Paket der italienischen Großbank Unicredit und damit einem strategischen Investor zu geben, gefährde die Stabilität und Souveränität des deutschen Finanzplatzes und der Commerzbank als zentralem Finanzierer des Mittelstands, warnte der Ministerpräsident. „Für mich ist klar: Wir dürfen einen Ausverkauf unserer Flaggschiffe nicht zulassen.“ Er erwarte, dass der Bund gemeinsam mit Hessen eine Strategie für den Finanzplatz und die Souveränität im Bankenwesen entwickele, erklärte Rhein.
Die Unicredit hatte den schrittweisen Ausstieg des Bundes bei der Commerzbank genutzt und ist überraschend im großen Stil bei dem Dax-Konzern eingestiegen. Die Italiener halten schon neun Prozent der Aktien. Im Zuge des Teilausstiegs war Kritik am Bund laut geworden, der beim Einstieg der Unicredit offenbar überrumpelt wurde. Das Bundesfinanzministerium will die neue Lage nun sondieren. Beim möglichen Verkauf weiterer Commerzbank-Aktien gilt eine Sperrfrist bis Anfang Dezember.
Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaft zürnen
Auch die Gewerkschaft Verdi und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank kritisierten das Vorgehen. Beide fordern Widerstand vom Bund, um eine Übernahme durch die italienische Unicredit zu verhindern. Die Bundesregierung müsse sich für eine starke, unabhängige Commerzbank einzusetzen, heißt es in einem gemeinsamen Statement der Arbeitnehmervertreter.
„Der Bund darf keine weiteren Anteile an der Commerzbank abgeben, sondern muss sich klar für den Erhalt der Commerzbank als eigenständiges Institut positionieren, auch und gerade im Interesse der deutschen Wirtschaft“, forderte Verdi-Chef Frank Werneke.
Womöglich zwei Drittel der Arbeitsplätze in der Schwebe
Sollte ein Deal mit der Unicredit zustande kommen, könnten zwei Drittel der Arbeitsplätze wegfallen, sagte der Vorsitzende des Commerzbank-Gesamtbetriebsrats, Uwe Tschäge, der Nachrichtenagentur Bloomberg. Die Bundesregierung könne eine solche Übernahme verhindern. Der stellvertretende Commerzbank-Aufsichtsratschef forderte, der Bund dürfe keine übereilten Entscheidungen beim Verkauf weiterer Commerzbank-Aktien treffen. Ende Juni zählte die Commerzbank nach eigenen Angaben global rund 38.700 Vollzeitstellen, davon mehr als 25.000 in Deutschland.
Die Betriebsräte wollen Tschäge zufolge im Oktober und November Betriebsversammlungen zu dem Thema abhalten. Zwischen Betriebsrat und Politikern habe es bisher noch keinen direkten Austausch in der Sache gegeben.