Chefin dieser Arbeitsagentur: Nahles gegen 1000-Euro-„Anschubprämie“
Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, kritisiert den Plan der Bundesregierung, Langzeitarbeitslosen im Fall einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme eine „Anschubprämie“ von 1000 Euro zu zahlen. „Diese Prämie brauchen wir nicht, um unseren Job zu machen. Was wir brauchen, ist, dass uns die Politik in Ruhe arbeiten lässt“, sagte die frühere SPD-Vorsitzende der „Wirtschaftswoche“. Auch in der SPD gibt es erhebliche Vorbehalte gegen das Vorhaben.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verteidigte das Vorhaben. „Die vielen, die sagen: „Das bringt’s“, das sind die Wirtschafts- und Arbeitswissenschaftler, und zwar auch die konservativen“, sagte der Grünen-Politiker am Mittwochabend in der Sendung „RTL Direkt“. „Alle sagen, wir könnten damit die Arbeitslosigkeit um ungefähr 100.000 Menschen reduzieren.“ Das Konzept werde wirken, sei pragmatisch und praktisch.
Auch Scholz skeptisch
Das Kabinett hatte vergangene Woche Verschärfungen der Regeln für Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger beschlossen. Bei Ablehnung einer Arbeit müssen sie bald mit höheren Strafen rechnen. Zugleich sollen Langzeitarbeitslose, die mehr als zwölf Monate in einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit beschäftigt sind, einmalig 1000 Euro erhalten können. Die Regelung soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.
In den Reihen der Ampel-Koalition gibt es seit längerem Kritik an dem Vorhaben. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich am Dienstagabend skeptisch zur Wirksamkeit der Pläne. Die geplante Prämie nütze „vielleicht nicht“, sagte er in der Sendung RTL Direkt“. „Aber schaden tut es auch nicht weiter.“
„Eine Beitragserhöhung ist Stand heute nicht nötig“
Nahles warnt vor einer Zuspitzung der Lage auf dem Arbeitsmarkt. „Wir erleben momentan, dass einerseits die Beschäftigung wächst und andererseits die Zahl der Jobsuchenden steigt. Es gibt immer noch Branchen, die wachsen. Aber wir haben in einigen Sektoren auch Rezession. Da geht strukturell eine Schere auf“, sagte sie. In der Gesamtwirtschaft seien in den vergangenen zehn Jahren 15 Prozent mehr Jobs entstanden, im verarbeitenden Gewerbe aber nur knapp zwei Prozent. „Da verschiebt sich etwas.“
Nahles rief die Ampel-Koalition zum Handeln auf. Gerade die verarbeitende Industrie sei zentral für Deutschlands Exportmodell und für Innovationen. „Insoweit wäre es sehr gut, wenn die Bundesregierung bald eine gemeinsame industriepolitische Strategie fände. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht will ich sagen: Wenn es dringenden Handlungsbedarf gibt, dann dort.“
Während in der Pflege- und Krankenversicherung 2025 höhere Beiträge drohen, will die Bundesagentur den Satz der Arbeitslosenversicherung laut Nahles stabil halten. „Eine Beitragserhöhung ist Stand heute nicht nötig. Steigende Beiträge würden in einer wirtschaftlichen Krise prozyklisch wirken. Das wollen wir vermeiden“, sagte die BA-Chefin.