Cannes: Meryl Streep zu Festivalbeginn in Cannes mit Ehrenpalme ausgezeichnet

Mit der Vergabe der Goldenen Ehrenpalme an die
US-Schauspielerin Meryl Streep sind die 77. Filmfestspiele von Cannes offiziell
eröffnet worden. „Als ich vor 35 Jahren das erste Mal in Cannes war, war ich
bereits Mutter von drei Kindern“, sagte Streep in ihrer Dankesrede. „Ich
war kurz davor, 40 zu werden, und dachte, dass meine Karriere vorbei sei.“

Der einzige Grund, warum sie heute hier sei und dass es
weiterging, seien die begabten Künstler, mit denen sie zusammenarbeitete und
auch das Publikum, sagte Streep. „Ich bin so dankbar, dass Sie mein Gesicht noch nicht
satthaben.“

Eine emotionale Rede über Streep hielt die französische
Schauspielerin Juliette Binoche. „Du veränderst die Art und Weise, wie wir
Frauen in der Welt des Kinos betrachten und hilfst uns auch, uns selbst anders
zu betrachten“, sagte sie. 

MeToo-Debatte überschattet das Festival

Bei der Eröffnungszeremonie wurde auch die diesjährige Jury des
Filmfestivals vorgestellt. Angeführt wird sie von der Regisseurin Greta Gerwig. Im Anschluss an die Gala sollte der Eröffnungsfilm Le deuxième acte von Quentin Dupieux gezeigt werden. Der Film ist mit den französischen
Schauspiel-Stars Léa Seydoux, Vincent Lindon und Louis Garrel besetzt. Das Festival läuft noch bis zum 25. Mai.

Das Festival von Cannes sei eine „unglaubliche
Chance“, sagte die Schauspielerin Camille Cottin, die die Eröffnung
moderierte. „Die nächtlichen Begegnungen mit einflussreichen Männern in
deren Hotelzimmern gehören heute nicht mehr zu Cannes“, sagte sie in einer
Anspielung auf die erneut entfachte MeToo-Debatte. Die Zeitung Le Monde hatte zum
Start des Festivals auf ihrer Titelseite einen Appell für einen besseren Schutz
vor Übergriffen von mehr als hundert Prominenten und Betroffenen unter dem
Motto „Jetzt erst recht“ veröffentlicht. Die Zeitung Libération wiederum verglich den roten Teppich von Cannes mit einem
Teppich glühender Kohlen. 

Vorwürfe gegen französischen Filmproduzenten

Zufall war auch, dass am Tag der Eröffnung der Filmemacher Roman Polański von einem französischen Gericht freigesprochen wurde. Polański
wird von mehreren Frauen sexuelle Gewalt bis hin zur Vergewaltigung
vorgeworfen. In dem Verfahren ging es jedoch um den Vorwurf der Verleumdung.

Festivalpräsidentin Iris Knobloch wollte sich dessen
ungeachtet nicht darauf festlegen, ob Filmschaffenden, gegen die wegen
sexueller Gewalt ermittelt wird, der Gang über den roten Teppich versagt
bleibe. Das werde „im Einzelfall“ entschieden, sagte sie der
Zeitschrift Paris Match. Die Zeitschrift Elle hatte am Vorabend des
Festivalstarts Anschuldigungen sexueller Gewalt von neun anonym gebliebenen Frauen
gegen einen einflussreichen französischen Filmproduzenten veröffentlicht. Alain
Sarde, der in den vergangenen Jahren etwa 50 Filme im Wettbewerb von Cannes
hatte, wies die Anschuldigungen zurück.