Biontech überrascht mit einem tonisieren Umsatzschub

Das Jahr 2024 war für Biontech und seine Anleger bislang durchwachsen. Nach den Höhenflügen mit ihrem Corona-Impfstoff in der Pandemie kämpft das Mainzer Biotechnologieunternehmen wie die Wettbewerber gegen die nachlassende Nachfrage ihres bislang einzigen zugelassenen Medikaments. Zum Halbjahr musste der Vorstandsvorsitzende Uğur Şahin daher einen deutlichen Nettoverlust von 1,2 Milliarden Euro (Vorjahr knapp 312 Millionen Euro Gewinn) ausweisen bei einem Umsatz von gerade einmal 316,3 Millionen Euro.

Geduldig verwies Konzernchef Şahin damals auf die Impfsaison von Herbst an und die hauptsächlich im vierten Quartal erwarteten Umsätze mit ihren angepassten Covid-19-Impstoffen. Tatsächlich lief es im dritten Quartal besser als von Analysten erwartet, wie das Unternehmen am Montag zur Vorlage der Geschäftszahlen berichtete. 1,245 Milliarden Euro Umsatz konnte Biontech im Zeitraum von Juli bis September verbuchen und damit mehr als im Vergleichsquartal 2023. Damals betrugen die Erlöse 895,3 Millionen Euro. Unter dem Quartalsstrich steht damit nach zwei verlustreichen Quartalen wieder ein Nettogewinn von 198,1 Millionen Euro, der ebenfalls über dem Gewinn des Vergleichsquartals von 160,6 Millionen Euro liegt.

Frühere Zulassungen für die Impfsaison

Grund für den Umsatzschub waren vor allem die Zulassungen der auf die neuen Covid-Varianten Omikron JN.1 und Omikron KP.2 angepassten Impfstoffe, die gemeinsam mit dem US-Partner Pfizer entwickelt werden. „Wir haben unsere Varianten-angepassten Covid-19-Impfstoffe erfolgreich auf den Markt gebracht und dies aufgrund der behördlichen Zulassungen früher als im Vorjahr. Dies hat zu unseren starken Umsätzen im dritten Quartal beigetragen“, sagte Finanzvorstand Jens Holstein. Dazu kommt eine stärker Kostendisziplin, die den Mainzern hilft, die Entwicklung der vielversprechendsten Produktkandidaten in ihrer inzwischen auch dank Zukäufen prall gefüllten Entwicklungspipeline zu priorisieren.

In der laufenden Transformation zu einem Multi-Produktunternehmen legt das Management um die Gründer Uğur Şahin und Özlem Türeci den Fokus auf jene Produktkandidaten, die einen zeitigen Markteintritt und das höchste Potential zur Wertschöpfung versprechen. Ziel ist es, so schnell wie möglich weitere Medikamente auf den Markt zu bringen, um die Abhängigkeit von den inzwischen saisonal nachgefragten Covid-Impfstoffen zu verringern. Vor allem im Bereich der Onkologie wird dazu viel Geld in die Hand genommen. Dort verfolgt das Gründerpaar schließlich seine eigentliche Mission: den Krebs mit neuartigen Kombinationstherapien zu bekämpfen.

Mehr als eine halbe Milliarde für Forschung und Entwicklung

Mit 550,3 Millionen Euro investierte Biontech im dritten Quartal abermals mehr in Forschung und Entwicklung (F&E, Vorjahr 497,9 Millionen Euro) und davon den Löwenanteil in klinische Studien der fortgeschrittenen Pipeline-Kandidaten in der Onkologie. Das erste Krebsmedikament will Biontech im Jahr 2026 auf den Markt bringen. Ein wichtiger Baustein für die angestrebten Kombinationstherapien soll der bispezifische Antikörper BNT327 werden, für den aktuell die Vorbereitungen für eine zulassungsrelevante Phase-3-Studie laufen. Sie gilt als letzte Hürde vor einer möglichen Zulassung. Und auch darüber hinaus sieht Şahin Fortschritte bei wichtigen Projekten wie den mRNA-Krebsimpfstoffen. Die F&E-Ausgaben hält er deshalb weiter hoch, anders als US-Konkurrent Moderna, der hier bremsen muss. 2,4 bis 2,6 Milliarden Euro sollen in diesem Jahr in die Forschung und Entwicklung von Biontech fließen.

Gebremst wird in Mainz dagegen bei den Ausgaben für Vertrieb und Verwaltung sowie bei den Investitionen in den Geschäftsbetrieb. Hier senkt Biontech nun die ausgegebenen Zielspannen um jeweils 100 Millionen Euro. Und auch beim Ausblick auf das Gesamtjahr wird Şahin vorsichtiger. Für 2024 sieht er den Umsatz nun am unteren Ende der ausgegebenen Spanne von 2,5 bis 3,1 Milliarden Euro. Nach neun Monaten weist Biontech einen Umsatz von rund 1,56 Milliarden Euro und einen Verlust von knapp 925 Millionen Euro aus. Die Liquidität des Unternehmens ist dagegen weiterhin üppig: Ende September 2024 standen knapp 17,84 Milliarden Euro Barmittel zur Verfügung.