Autoindustrie: Bosch und jener Kampf um die Software
Das Auto verändert sich – und mit ihm die Strukturen in der Industrie. Das Phänomen ist nicht nur beim Wechsel von Verbrennungsmotoren zu elektrischen Antrieben zu beobachten, sondern auch bei der zunehmenden Digitalisierung der Autos. „Vor uns liegt das Zeitalter des softwaredefinierten Fahrzeugs“, sagte Markus Heyn, Chef der Autosparte von Bosch , am Mittwoch am Forschungszentrum des Technologiekonzerns im baden-württembergischen Renningen.
Ein vollkommen ruckelfreies Bremsen, ein Fahrgefühl, das verhindert, dass Passagieren übel wird, das Vorlesen und Beantworten von E-Mails, Sensoren, die vor Hindernissen warnen und ein Eingreifen auslösen, oder auch die automatische Klimatisierung – alles Funktionen, die im Auto ohne Software nicht möglich sind und weshalb das Wissen um Codes zu einem entscheidenden Erfolgskriterium für die Branche geworden ist. Programme und Rechner spielen im sogenannten „Software Defined Vehicle“ (SDV) der Zukunft die differenzierende Rolle.
Der Softwareanteil im Auto wird sich verdreifachen
„Der Siegeszug der Software wird die Autobranche umfassend umwälzen“, sagt Stefan Hartung. Der Bosch-Chef will, dass sein Konzern von diesem Trend profitiert – und zwar mit der Entwicklung von Hardware-Komponenten und dem Programmieren von Softwarelösungen. Schon jetzt schreiben bei Bosch 42.000 Ingenieure Software für Mobilitätsanwendungen.
Der globale Markt für Automobilsoftware und -elektronik soll laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung McKinsey 2030 voraussichtlich auf 462 Milliarden US-Dollar anwachsen. Der Software-Anteil im Auto werde sich von 2023 an verdreifachen. Es ist nach dem elektrischen Antriebsstrang ein zweites Feld, in dem Zulieferer versuchen, Marktanteile zu besetzen, um zurückgehende Geschäfte mit Komponenten für die Verbrennertechnik zu kompensieren. Unternehmen wie Bosch und ZF bauen seit Langem ihr Engagement in dem Bereich aus.
Die Umsätze, die Bosch schon jetzt mit Anwendungen für das SVD erzielt, sind nach Angaben von Bosch-Autochef Heyn nicht eben klein. Der Konzern kämpft dabei mit Wettbewerbern um Marktanteile – mit harten Bandagen und ähnlichen Produkten. Wie ZF bietet Bosch Großrechner für Autos an, beide haben Software im Angebot, die die Fahrwerkssteuerung in allen ihren Dimensionen regelt. Was bei Bosch „Vehicle Motion Management“ heißt, trägt bei ZF den Namen „Cubix“.
Neben dem Kampf gegen ihre Konkurrenten müssen sich Zulieferer im Softwaregeschäft auch gegen die Hersteller behaupten: Denn seit die Einzelsteuerungen der Fahrzeugkomponenten, die bislang die Zulieferer gefertigt haben, in Zentralsysteme integriert werden, melden auch die Autobauer Ansprüche an, Softwarelösungen zu entwickeln. Ein Wettbewerb, der vor allem in China für deutsche Zulieferer zunehmend härter wird.
Nach der Studie der Unternehmensberatung P3 spielen deutsche Zulieferer bei der Softwareintegration chinesischer Hersteller allerdings keine entscheidende Rolle. „Mittlerweile sind die Unternehmen in der Lage, selbst ausgereifte Software- und Hardware-Produkte zur Verfügung zu stellen, und das zu sehr kompetitiven Kosten“, sagt Marc Dangel, Partner bei P3 . Das liege auch daran, dass die chinesischen Unternehmen ihre Kompetenz auch aus den Bereichen Industrie- und Consumer-Elektronik übertragen können.
Bosch-Chef Hartung schreckt diese Aussicht nicht. „Wir sind selbstbewusst und scheuen keinen Wettbewerb“, sagte er. „Es wird in Zukunft kein Auto geben, das ohne Software von Bosch fährt. Auch in China.“