Außerirdische: Erst soll ein Exoplanet Zeichen lebender Mikroorganismen nach sich ziehen, jetzt ist es eine Verwechslung – WELT

Dimethylsulfid, kurz DMS, heißt der Stoff, der Astronomen in Cambridge im vergangenen September sehr fröhlich werden ließ. Und noch euphorischer waren die Berichte über den Fund, etwa in der britischen BBC. Denn das James-Webb-Weltraumteleskop der Nasa sollte diesen Stoff auf einem Exoplaneten namens K2-18b entdeckt haben, 120 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Der glückliche Finder, Nikku Madhusudhan, sagte den britischen Journalisten, er und sein Team seien „unter Schock“ gewesen, als sie die Werte sahen. „Auf der Erde wird Dimethylsufid ausschließlich von Phytoplankton gebildet, einzelligen Algen im Meer.“ Unter den Lebenssuchern im Weltraum gilt Dimethylsulfid deswegen als Biosignaturgas, als Zeichen, dass sich auf einem anderen Planeten ebenfalls Einzeller tummeln. Also: außerirdisches Leben.

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This image released by NASA on Tuesday, July 12, 2022, shows the edge of a nearby, young, star-forming region NGC 3324 in the Carina Nebula. Captured in infrared light by the Near-Infrared Camera (NIRCam) on the James Webb Space Telescope, this image reveals previously obscured areas of star birth, according to NASA. (NASA, ESA, CSA, and STScI via AP)
James-Webb-Teleskop

Schade, dass eine neue Studie nun die ganze Freude verhagelt. Zwar darf der Arbeit im Fachmagazin „Astrophysical Journal Letters“ zufolge Dimethylsulfid weiterhin als Lebenszeichen werten. Nur annehmen, dass das Weltraumteleskop den Stoff auf diese Entfernung eindeutig identifizieren kann, das sollte man lieber nicht.

Viele Exoplaneten, also Planeten, die andere Sterne umkreisen, sind viel zu heiß oder zu kalt für die Bildung organischer Moleküle und damit für erdähnliches Leben. K2-18b ist anders. „Dieser Planet bekommt fast die gleiche Menge an Sonnenstrahlung ab wie die Erde. K2-18b hat eine Temperatur, die der Temperatur der Erde nahe kommt“, sagt der Autor der Studie, der Astronom Shang-Min Tsai von der University of California in Riverside in einer Mitteilung der Universität.

Ozeane aus Wasser

Die Atmosphäre von K2-18b allerdings bestehe im Gegensatz zu unserer stickstoffbasierten Atmosphäre hauptsächlich aus Wasserstoff. Aber es habe Spekulationen gegeben, dass es auf K2-18b Ozeane aus Wasser gebe, genau wie auf der Erde. Das würde K2-18b zu einer „hyzeischen“ Welt, ein Planet, bei dem Wasserstoffatmosphäre auf Wasserozeane trifft.

Im vergangenen Jahr entdeckte ein Team aus Cambridge mithilfe des JWST Methan und Kohlendioxid in der Atmosphäre von K2-18b – weitere Elemente, die auf Anzeichen von Leben hindeuten könnten. Auf der Erde bilden Bakterien, Archäbakterien und Einzeller diese Gase als Stoffwechselprodukte.

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„Dass diese Forscher im vergangenen Jahr einen vorläufigen Nachweis von Dimethylsulfid (DMS) in der Atmosphäre dieses Planeten meldeten, war das Sahnehäubchen auf der Suche nach Leben war“, sagt Tsai. Die Schwefelverbindung ist die Hauptquelle für Schwefel in der Luft auf unserem Planeten, ist wahrscheinlich wichtig für die Wolkenbildung.

Da die Daten des Teleskops aus ihrer Sicht nicht schlüssig waren, sahen sie sich die UCR-Forscher genauer an. „Das DMS-Signal des Webb-Teleskops war nicht sehr stark und zeigte sich nur manchmal“, sagte Tsai. „Wir wollten wissen, ob wir uns sicher sein können, dass es wirklich diese Verbindung ist.“

Methan überlagert Signal

Sie programmierten Computermodelle, um zu untersuchen, wie sich diese Verbindung chemisch und physikalisch in einer Wasserstoffatmosphäre verhalten würde. Ihr Programm sagt: Dort kann das Teleskop Dimethylsulfat gar nicht eindeutig zeigen, denn das Signal überschneidet sich mit dem eines anderen Gases, mit Methan. „Wir denken, dass die Auswahl von DMS aus Methan die Möglichkeiten dieses Instruments übersteigt“, sagte Tsai. Nachweisbar wäre DMS auf so einem Planeten erst, wenn es die Lebensformen dort in 20-facher Erdmenge produzierten.

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Soweit die Enttäuschung. Aber es gibt gute Aussichten: Noch in diesem Jahr wird das Weltraumteleskop mit Messgeräten nachgerüstet, die auch geringere DMS-Mengen nachweisen können. Dann wird entscheiden, ob im Wasserozean von K2-18b grüne Kerlchen schwimmen oder nicht.

Source: welt.de