Arbeitsanreize und E-Autos: Ampel ergreift die Initiative

Und sie bewegt sich doch. Nachdem die Finanzagentur des Bundes am Dienstagabend überraschend den Einstieg in den Ausstieg des Staates bei der Commerzbank verkündet hat, kamen von der Ampelkoalition am nächsten Vormittag gleich eine ganze Reihe von Lebenszeichen. Die Beschlüsse, die das Kabinett am Mittwoch fasste, betreffen ganz unterschiedliche Bereiche: Anreize für Ältere in der Rentenversicherung, länger zu arbeiten, die Förderung von E-Autos, um den schwächelnden Herstellern eine Antriebshilfe zu geben, und eine Vereinfachung des Baurechts, um dem Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr näher zu kommen.

Außerdem kündigte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) an, das Bürgergeld zum Jahreswechsel stabil zu halten, nachdem es wegen der stark gestiegenen Preise Anfang 2023 und 2024 um insgesamt ein Viertel erhöht worden ist. Später zeigte sich, dass die Inflationserwartung zu hoch und damit die Erhöhung überzogen war. Nach dem gesetzlichen Berechnungsmodus müsste der Satz für Singles von heute 563 Euro (Miete und Heizkosten kommen noch hinzu) um 24 Euro verringert werden – doch davor schützt die Bezieher eine Besitzschutzregelung.

Daher gibt es zum Jahreswechsel eine Nullrunde. Der Arbeitsminister verwies auf die Zahlen und den Rechtsrahmen, die dazu führten, dass es zum 1. Januar keine Bürgergelderhöhung geben werde. „Und das ist auch richtig so.“ Die schärferen Regeln, was eine zumutbare Arbeit und die Mitwirkungspflicht der Bezieher angeht, die die Koalition schon länger verabredet hat, standen noch nicht auf der Tagesordnung des Kabinetts. Offenkundig braucht die Bundesregierung noch einige Wochen, um den Gesetzentwurf vorzubereiten. Die Verschärfungen sind wie die Arbeitsanreize für Senioren und die üppigere E-Auto-Förderung Teil der rot-grün-gelben Wachstumsinitiative.

Rentenaufschubprämie greift erst ab 2028

Im Zentrum der erhofften Älteren-Aktivierung steht die neue Rentenaufschubprämie. Beschäftigte, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeiten, können künftig diese Einmalzahlung statt des sonst üblichen Rentenzuschlags erhalten. Nach Berechnung des Sozialverbands VdK könnte jemand mit einem Rentenanspruch von 1600 Euro brutto, der ein Jahr länger zur Arbeit geht, rund 22.000 Euro steuerfrei bekommen. Doch wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, wird die Rentenaufschubprämie erst vom 1. Januar 2028 an greifen, ein Jahr später als geplant.

Begründet werde dies im Gesetzentwurf mit den damit verbundenen „erheblichen IT-Aufwänden“. Allerdings könnten schon im nächsten Jahr Beschäftigungszeiten für die neue Prämie berücksichtigt werden. Zudem gibt es weiterhin die Möglichkeit, dass man seine Rente bis zum Lebensende erhöht, indem man länger arbeitet. Mit jedem Monat, den man nach Erreichen der Regelaltersgrenze länger durchhält, steigt sie um 0,5 Prozent. Ein Jahr länger arbeiten heißt also 6 Prozent mehr Rente. Die zusätzlichen Beiträge an die Rentenkasse wirken sich zusätzlich positiv auf das künftige Einkommen im Alter aus. Aber es gibt natürlich nur eines von beidem: Prämie oder Zuschlag.

Darüber hinaus ist geplant, Arbeitgebern zu erlauben, die Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung den Arbeitnehmern im Rentenalter zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn auszahlen. Bisher fließen sie zumeist ohne Gegenleistungen in die Sozialkassen. Außerdem sollen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nach Erreichen der Regelaltersgrenze sachgrundlos befristet beschäftigen dürfen. Das geht heute so nicht und ist entsprechend eine Hürde auf dem Weg, benötigte Fachkräfte im Betrieb zu halten. Schließlich soll ein neuer Sockelbetrag Hinterbliebenen die Entscheidung erleichtern, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszuweiten. „Im Ergebnis bleibt damit eine Vollzeittätigkeit zum gesetzlichen Mindestlohn bei Bezug einer Hinterbliebenenrente regelmäßig anrechnungsfrei“, hebt das Bundesarbeitsministerium hervor.

Nachdem der Autokonzern VW, Deutschlands größtes Unternehmen, harte Sparpläne angekündigt hat, weil er seine Fabriken nicht auslasten kann, kommt der Gesetzentwurf mit den Steuererleichterungen für E-Dienstwagen für ihn zur rechten Zeit. Vollelektrische sollen bis zu einem Listenpreis von 95.000 Euro statt bisher 70.000 Euro von der deutlich niedrigeren Pauschalbesteuerung profitieren. Der geldwerte Vorteil aus einem Auto, das ein Arbeitgeber einem Beschäftigten auch für die private Nutzung zur Verfügung stellt, liegt bei einem klassischen Verbrenner bei 1 Prozent des Listenpreises (hinzu kommt ein Zuschlag, dessen Höhe von der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abhängt). Bei einem Dienstwagen, der 50.0000 Euro wert ist, sind also mindestens 500 Euro neben dem Gehalt zu versteuern. Bei einem E-Auto ist dieser Pauschalsatz drei Viertel niedriger. In dem Beispiel wären nur 125 Euro zusätzlich zu versteuern. Hinzu kommt jeweils die Entfernungskomponente, auch die ist beim Stromer niedriger.

Damit nicht genug, soll es bald eine Sonderabschreibung für E-Autos geben, rückwirkend zum Juli eingeführt soll sie bis 2028 gelten. Mit ihr sollen 40 Prozent der Anschaffungskosten im ersten Jahr steuerlich geltend gemacht werden können. Anschließend geht der Abschreibungssatz umso stärker zurück. Beide Instrumente kosten den Fiskus nach einer Schätzung des Finanzministeriums rund 600 Millionen Euro im Jahr. Der Autoverband VDA lobte den Beschluss als wichtiges Signal nach dem abrupten Wegfall der Kaufprämie und der schwächeren Nachfrage. Insbesondere die Anhebung der Grenze auf 95.000 Euro beim reduzierten Steuersatz helfe, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die Bundesregierung hatte die Kaufprämie von 6000 Euro, die für alle E-Autos bis 65.000 Euro galt, Ende 2023 abgeschafft.