Auftrag zu Gunsten von Thyssenkrupp-Werft: Bund gibt weitestgehend fünf Milliarden Euro zu Gunsten von U-Boote ungezwungen

Ein Auftrag über vier U-Boote im Wert von fast fünf Milliarden Euro wird an diesem Donnerstag feierlich unterzeichnet werden – vom Bund als Auftraggeber, vom Schiffbauer Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) als Geschäftspartner. Das Großprojekt passierte im Bundestag am Mittwoch zunächst den Verteidigungsausschuss und dann den Haushaltsausschuss mit deutlicher Mehrheit.

Außerdem wurden 890 Millionen Euro bereitgestellt für den Bau des Forschungsschiffs Polarstern 2, das für Arktis- und Klimaforschung eingesetzt werden soll. Auch dieses hat geostrategische Bedeutung, weil in der Polarforschung Russland sehr aktiv ist, andere europäische Länder aber nicht.

Werft in Wismar profitiert

Von diesen beiden Großaufträgen profitiert vor allem der Standort Wismar. Die dortige Werft hat TKMS vor gut zwei Jahren aus der Insolvenzmasse der MV Werften übernommen – weil aufgrund des Ukrainekriegs absehbar war, dass der Bedarf an Marineschiffen steigen dürfte und zusätzliche Werftkapazitäten gebraucht würden. Aktuell wird in Wismar noch ein Kreuzfahrtschiff gebaut.

Der Disney-Konzern hat den Schiffsrumpf aus der Insolvenzmasse der MV Werften erworben und lässt das Schiff in Wismar aktuell nach eigenen Bedürfnissen umbauen und fertigstellen. Fast 500 Werftarbeiter haben damit noch bis Ende des Jahres 2025 Beschäftigung. Für die Zeit danach hatte TKMS in Aussicht gestellt, bis zu 1500 Arbeitsplätze aufzubauen, wenn entsprechende Aufträge eingingen.

Nun fließen allein 4,97 Milliarden Euro in den Bau von vier U-Booten der Klasse U-212 CD für Deutschland. Der Beschluss im Bundestag zieht außerdem noch eine weitere Bestellung von zwei U-Booten durch Norwegen im Rahmen einer seit 2021 bestehenden Sicherheitspartnerschaft nach sich. Durch die gleiche Bauweise (CD steht für Common Design) sollen die Planungs- und Herstell-Kosten für die U-Boote verringert werden. Verglichen mit den bestehenden U-Booten der Klasse 212A sind die neuen Modelle etwas größer und technisch fortschrittlicher. Erstmals gibt es auch die Möglichkeit, Flugkörper einzusetzen.

Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, zu Besuch im norwegischen Marine-Stützpunkt Haakonsvern
Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, zu Besuch im norwegischen Marine-Stützpunkt Haakonsverndpa

Der Fertigungsstart für die U-Boote ist erst 2027 vorgesehen. Aber schon im nächsten Jahr wird mit der Ertüchtigung der Werft in Wismar speziell für den U-Boot-Bau begonnen. Dabei geht es unter anderem eine Anlage für die Herstellung der Druckkörper, also jenem U-Boot-Bereich, in dem die Besatzung von bis zu 30 Personen unterkommt. Insgesamt sind für die Ertüchtigung allein schon 350 Millionen Euro vorgesehen.

„Ein guter Tag für die maritime Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern und für die ganze Bundesrepublik“, kommentierte der Wismarer SPD-Abgeordnete Frank Junge die Entscheidung des Haushaltsausschusses, dem er selbst angehört: „An einem Werftarbeitsplatz hängen drei bis vier Arbeitsplätze in der Zuliefererindustrie und das sogar bundesweit“, erklärte er. Auf der Werft in Wismar sei jetzt die Beschäftigung auf viele Jahre hinaus gesichert.

Gegenwind im Nordosten

Trotz dieser positiven Effekte wird das Projekt im strukturschwachen Mecklenburg-Vorpommern nicht uneingeschränkt begrüßt. Sogar ein Staatssekretär hat sich öffentlich dagegen ausgesprochen, Friedrich Straetmanns aus dem Justizministerium. Anstatt Milliarden in militärische Ausrüstung zu stecken, sollten die Ressourcen in Initiativen investiert werden, die den Frieden fördern, meint der frühere Linken-Politiker, der im August zum Bündnis Sahra Wagenknecht gewechselt ist.

„Das Geld könnte besser in Projekte fließen, die den Wohlstand und die Sicherheit der Region langfristig sichern“, sagte Straetmanns der „Ostsee-Zeitung“. Solche Äußerungen kritisiert der SPD-Bundestagsabgeordnete Junge scharf: „Herr Straetmanns spielt mit den Sorgen der Menschen. Es ist verwerflich, das zu missbrauchen“, sagte er im Gespräch mit der F.A.Z. Aus seiner Sicht sei eine gute Verteidigungsfähigkeit die beste Möglichkeit, nicht angegriffen zu werden.

„Wir brauchen die U-Boote, weil die maritime Bedrohungslage das zwingend erfordert“, hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius bei seinem jüngsten Besuch in Norwegen betont. Die russische Marine sei im Nordmeer, im Nordatlantik und in der Ostsee „außerordentlich aktiv und stellt eine deutliche Bedrohung dar“.

Auf dem Tisch des Haushaltsausschusses lagen neben dem U-Boot-Auftrag am Mittwoch insgesamt drei Dutzend sogenannte 25-Millionen-Vorlagen für Rüstungsprojekte für Marine, Heer und Luftwaffe zur Entscheidung. Es ging um insgesamt rund 21 Milliarden Euro, davon rund sieben Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr.