Eine Scheinentlastung für jedes Mieter

Mehr als einen Monat nach dem Bruch der Ampelkoalition fasst das Kabinett weiter Beschlüsse, auch wenn deren Umsetzung mangels eigener Mehrheit der rot-grünen Minderheitsregierung unwahrscheinlich ist. Dazu zählt die Verlängerung der Mietpreisbremse, die das Kabinett am Mittwoch verabschiedete. Der von Verkehrs- und neuerdings auch Justizminister Volker Wissing (parteilos) eingebrachte Gesetzentwurf sieht eine Verlängerung der Mietpreisbremse bis Ende 2029 vor. Der ursprüngliche Entwurf von Wissings Amtsvorgänger und einstigem Parteikollegen Marco Buschmann von der FDP sah nur eine Verlängerung bis Ende 2028 vor. Die von Buschmann vorgesehenen verschärften Begründungspflichten der Länder hat Wissing gestrichen. Auch soll die Mietpreisbremse nun für alle Wohnungen gelten, die vor dem 1. Oktober 2019 bezogen wurden. Bislang ist der 1. Oktober 2014 der Stichtag.

Wissing, der nach dem Ausscheiden der FDP aus der Regierung das Justizministerium mit übernommen hatte, rechtfertigte den Kabinettsbeschluss. „Im Koalitionsvertrag von 2021 wurde der Schritt vereinbart. Und es entspricht auch meinem Verständnis von verantwortungsvoller Politik, die Mietpreisbremse noch einmal zu verlängern“, sagte er. Ohne eine Verlängerung würden die Mieten „noch sehr viel schneller“ steigen. „Viele Wohnungssuchende könnten davon überfordert werden.“ Auch Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und der Deutsche Mieterbund äußerten sich zufrieden. Kritik kam von Verbänden wie dem Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA): Die Mietpreisbremse sei ein „Placebo“ und angesichts des Wohnungsmangels kontraproduktiv.

Verlängerung ist aber fraglich

Die 2015 von der damaligen schwarz-roten Bundesregierung eingeführte Mietpreisbremse erlaubt es den Bundesländern, in angespannten Wohnungsmärkten den Anstieg der Neuvertragsmieten zu begrenzen. Maximal zehn Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete sind dann erlaubt. Zwar liegen die Preise in vielen Immobilieninseraten höher. Mieter können allerdings eine Senkung der Miete auf das erlaubte Niveau einfordern, auch nach Abschluss des Mietvertrages. Die Mietpreisbremse gilt allerdings nicht, wenn schon der Vormieter eine höhere Miete gezahlt hat.

Ob es im Bundestag noch eine Mehrheit für die Verlängerung geben wird, ist fraglich. Die FDP war ohnehin gegen die Verlängerung, und auch die Union hält wenig von dem Instrument. „Das ist nicht der richtige Weg“, sagte Ulrich Lange, der für die Wohnpolitik zuständige Fraktionsvize von CDU/CSU. „Einerseits ist eine Entscheidung darüber zum jetzigen Zeitpunkt nicht nötig, da die geltende Mietpreisbremse erst Ende 2025 ausläuft. Zum anderen muss man genau prüfen, ob die Mietpreisbremse nicht sogar zu mehr Anspannung am Wohnungsmarkt beiträgt, weil sie Investitionen blockiert.“ Dies sei Aufgabe des nächsten Bundestags.

Auch CDU-Bürgermeister machen sich dafür stark

Vergangene Woche hatte ein Bündnis von Sozialverbänden, Gewerkschaften und Mieterschutzorganisationen die Abgeordneten aufgefordert, die Verlängerung der Mietpreisbremse noch vor der Neuwahl am 23. Februar zu beschließen. Es handele sich um „ein unverzichtbares Instrument zur Begrenzung des akuten Anstiegs der Neuvertragsmieten“, heißt es in dem Brief.

Auch der CDU-Politiker und Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, macht sich für die Verlängerung stark. In keiner anderen deutschen Stadt sind die Angebotsmieten in den vergangenen Jahren so stark gestiegen wie in der Hauptstadt. In einigen Bundesländern wie in Berlin laufen die Landesregelungen zur Mietpreisbremse schon Mitte 2025 aus. Eine Verlängerung bis Ende 2025 wäre jedoch möglich.

Die unverändert schwierige Lage auf dem Wohnungsmarkt dürfte auch im Wahlkampf Thema sein. Die Grünen haben kürzlich einen Entwurf für ein „Faire-Mieten-Gesetz“ vorgelegt. Sie wollen, dass in angespannten Wohnungsmärkten in bestehenden Mietverträgen die Miete innerhalb von drei Jahren nur noch um höchstens neun statt wie aktuell 15 Prozent erhöht werden darf. Auch wollen sie die an die Inflationsrate gekoppelten Indexmieten deckeln. In die Mietspiegel sollen nach ihren Plänen bis zu 20 Jahre alte Mietverträge eingehen. Da die alten Verträge in der Regel deutlich günstiger waren, würde dadurch die ortsübliche Vergleichsmiete sinken. Diese bildet die Obergrenze, bis zu der Vermieter die Mieten erhöhen dürfen.

Die Mietpreisbremse gilt derzeit in 13 von 16 Bundesländern. Laut Bauministerium greift sie für 40 Prozent aller Mietwohnungen. Nach den Zahlen des Analysehauses Empirica wurden Bestandswohnungen in Deutschland im dritten Quartal 2024 im Schnitt für 9,73 Euro je Quadratmeter kalt angeboten. In den sieben größten Städten lag das Preisniveau mit einem Mittelwert von 13,89 Euro deutlich höher.