Bundestagspräsidentin: „Drei Jahre anstrengend“

Drei Wochen nach dem Bruch der Ampelkoalition übt Bundestagspräsidentin Bärbel Bas harsche Kritik an der Zusammenarbeit von FDP, SPD und Grünen. Die Regierungszeit war „drei Jahre anstrengend“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwochabend in der ZDF-Sendung Markus Lanz. Zudem sie die Sprache im Parlament rauer geworden.

Das Ende der Ampel sehe sie mit einer „gewissen Erleichterung“, sagte Bas. Froh sei sie nicht, „weil die Herausforderungen nach wie vor groß sind“, doch seien die drei „sehr unterschiedlichen“ Parteien am Ende „gescheitert“. 

Auf die Frage von Lanz, ob die Auseinandersetzung zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner ein „Ego-Thema“ war wie es Merkel mit ihrem „Männer!“-Kommentar in einem Spiegel-Interview hatte andeuten lassen, antwortete Bas sichtlich amüsiert: „Also ich glaube, viele Frauen haben an der Stelle kurz genickt“. Und fügte hinzu: „Ich habe auch kurz genickt“.

Die Schwierigkeit vor allen Dingen für eine FDP,  die um ihre Existenz kämpfe, könne sie nachvollziehen. Doch hätten die drei Parteien, so Bas, die Verantwortung übernommen, das Land zu führen. „Dass Scholz gesagt hat, es geht nicht mehr weiter und ich muss den Schlussstrich ziehen, kann ich nachvollziehen“.

Heizungsgesetz „zu Recht“ gestoppt

Bundeskanzler Scholz und seine Regierung musste Bas selbst offenbar immer wieder an die Aufgabe des Bundestags erinnern. Sie hatte im März 2023 einen „Blauen Brief“ an die Ampel geschickt, weil den Abgeordneten zu wenig Zeit für die Prüfung von Gesetzesentwürfen und die Anhörung von Experten blieb. „Das war fast gefühlt ein Dauerzustand“, sagte Bas. Ob sie darüber mit Scholz gesprochen habe, fragte Lanz. „Alle haben alle 14 Tage Besserung gelobt, und dann war es wieder so, dass es kurz vor knapp war.“

Das Heizungsgesetz sei von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann „zu Recht ausgebremst“ worden. Der CDU-Politiker hatte im Juli 2023 mit Erfolg einen Eilantrag beim Verfassungsgericht gestellt, um zu erwirken, dass dem Bundestag die abschließende Beratung und Abstimmung über das Gesetz untersagt wird, wenn der Entwurf den Abgeordneten nicht mindestens 14 Tage vorher schriftlich vorliegt. „Ich habe davor schon gewarnt, ihr könnt die Prozesse hier im Parlament nicht außer Kraft setzen“, sagte Bas. „Ich bin diejenige als Präsidentin, die dann auch den Finger in die Wunde legen muss“.

Sorge um Debattenkultur im Parlament

Mit Sorge blickte die Bundestagspräsidentin auf den Umgangston im Bundestag, dem sie seit 2009 angehört. Die Sprache im Parlament habe sich seitdem „sehr verändert“, sei „aggressiver“ geworden. Eine Sitzung zu leiten sei nun „sehr anstrengend“. Mit Blick auf den Wahlkampf vor der Bundestagswahl im Februar befürchtet Bas, dass es die Debatten „noch stärker und noch härter geführt“ werden. „Mittlerweile stachelt sich das hoch, das ist wie eine Spirale“.

Obwohl sie die Abgeordneten ermahne, „respektvoll miteinander umzugehen“, würden Ordnungsrufe immer mehr „als Trophäen“ im Internet benutzt. Auf Social Media würden diese Ordnungsrufe auch benutzt um die Institution, den Bundestag zu diskreditieren. Es sei daher umso wichtiger, darüber nachzudenken, wie Abgeordnete im Parlament miteinander umgehen. Inzwischen beschwerten sich auch Bürgerinnen und Bürger bei ihr über den Umgangston, sagte Bas. „Ich kriege Bürgerbriefe, die sagen, ich kann mir das nicht mehr angucken, das ist schlimmer als im Kindergarten. Das finde ich dramatisch.“

Die Geschäftsordnung des Bundestags solle in Zukunft geändert werden, sagte Bas. Bisher hat ein Ordnungsruf anders als ein verordnetes Ordnungsgeld kaum Konsequenzen. Angemessen sei aber eine Geldstrafe, wenn jemand in drei Sitzungswochen drei Ordnungsrufe erhält. „Im Moment sind das 1.000 Euro, wir wollen den Betrag auf 2.000 Euro erhöhen und um Wiederholungsfall auf 4.000 Euro.