Scholz wird Kanzlerkandidat: „Wir nach sich ziehen kein wirklich gutes Bild abgegeben“
Nach langem Zögern soll Kanzler Scholz die SPD nun auch offiziell ein zweites Mal in den Bundestagswahlkampf führen. Die Jusos sprechen von einer „Shit Show“
Mit der erneuten Nominierung von Olaf Scholz als Kanzlerkandidat will der SPD-Vorstand am Montag einen Schlussstrich unter die zähe Debatte über die K-Frage ziehen. Zwei Wochen lang hatte die Partei öffentlich und kontrovers darüber diskutiert, ob der deutlich beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius als Ersatzkandidat für den nach dem Scheitern seiner Ampel-Regierung angeschlagenen Scholz eingewechselt werden soll.
Erst am vergangenen Donnerstag verzichtete Pistorius auf eine Kandidatur und machte so den Weg für die Nominierung von Scholz frei. Der Verteidigungsminister gehört zu den 33 stimmberechtigten Mitgliedern des Parteivorstands, die über die Nominierung des Kanzlers entscheiden.
Zornige Jusos
In der SPD wirkt die Hängepartie in der K-Frage noch nach. Beim Bundeskongress der Jungsozialisten (Juso), dem Jugendverband der SPD, gab es am Wochenende deswegen scharfe Kritik an der Parteiführung. Juso-Chef Philipp Türmer warf den Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil Führungsversagen vor und sprach von einer „Shit Show“.
Esken räumte daraufhin ein: „Nein, wir haben kein wirklich gutes Bild abgegeben bei der Nominierung unseres Kanzlerkandidaten.“ Klingbeil verteidigte das Vorgehen der Parteiführung dagegen. „Mein Führungsanspruch ist schon, dass man in die Partei reinhorcht, dass man Debatten führt, dass man in unterschiedlichen Szenarien auch denkt“, sagte er im Deutschlandfunk.
„Gemeinsam gehen wir jetzt in diesen Kampf“
Klingbeil rief die Partei aber gleichzeitig auf, den Blick jetzt nach vorne zu richten auf die Wahl am 23. Februar. „Jetzt sind alle gemeinsam auch in der Pflicht, den Schalter umzulegen und zu gucken, dass wir in den Wahlkampf starten.“ Esken sagte mit Blick auf Scholz in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“: „Mit ihm gemeinsam gehen wir jetzt in diesen Kampf.“ Die SPD stehe an der Seite der Beschäftigten, der Mieterinnen und Mieter sowie der Familien.
Nach der Nominierung muss die Kanzlerkandidatur von Scholz noch auf dem Parteitag am 11. Januar bestätigt werden. Das gilt zwar als Formsache. Scholz muss sich aber an seinem Ergebnis vom Mai 2021 messen lassen. Damals wurde Scholz mit 96,2 Prozent der Stimmen bestätigt.
SPD zwischen 14 und 16 Prozent
Die SPD lag zu diesem Zeitpunkt wie heute in den Umfragen zwischen 14 und 16 Prozent. Erst ein Lacher des Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet im Flutgebiet brachte im Sommer die Wende. Die SPD wurde mit 25,7 Prozent noch stärkste Kraft.
Auf Fehler des Herausforderers hofft die SPD auch diesmal. Die Partei will den Wahlkampf auf das Duell zwischen Scholz und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz zuspitzen. Ihm werfen die Sozialdemokraten rückwärtsgewandte Politik vor und wollen vor allem mit der Regierungserfahrung und Themensicherheit von Scholz punkten.
Pistorius unangefochtene Nummer eins
Bei den Beliebtheitswerten schneidet er in den Umfragen aber weiterhin schlechter ab. Im aktuellen ZDF-Politbarometer liegt er auf Platz sieben und Merz auf Platz fünf. Pistorius ist unangefochten die Nummer eins. Die Daten wurden aber vor der Entscheidung der SPD in der K-Frage am vergangenen Donnerstag erhoben.
Zugleich hofft man in der SPD, dass sich Scholz im Wahlkampf anders präsentiert als ein auf Ausgleich bedachter Regierungschef. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagte in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, die Partei brauche nun einen kämpferischen und kämpfenden Scholz. „Die Zeit der Moderationen in einer schwierigen Ampel-Koalition ist jetzt vorbei. Jetzt brauchen wir den starken Olaf Scholz, der auch zeigt, wohin er das Land bringen will“, betonte Schweitzer.