Groko pro dies Deutschlandticket
Das Deutschlandticket wird zum ersten Projekt einer informellen großen Koalition zwischen SPD, Grünen und CDU. Nach einer tagelangen Diskussion im und außerhalb des Bundestages hat die Union zugesichert, der lang geplanten Übertragung von Millionenbeträgen zuzustimmen und damit einen Beschluss des Bundestages zu ermöglichen. „Das Deutschlandticket 2025 wird es geben“, sagte CDU-Chef Merz am Freitag. „Selbstverständlich scheitert das nicht an uns.“
Auf der Kippe stand indes nicht das Deutschlandticket selbst. Konkret geht es lediglich um einen Restbetrag in Höhe von rund einer Milliarde Euro an staatlichen Subventionen, die im Jahr 2023 nicht für das neu eingeführte 49-Euro-Ticket gebraucht wurden, weil es erst im Mai eingeführt worden war. Mit der Änderung des Regionalisierungsgesetzes soll der Betrag nun in dieses Jahr und womöglich auch ins nächste Jahr übertragen werden, weil die Geldnot inzwischen größer geworden ist. Der notwendige Beschluss im Bundestag werde aber erst nach der Vertrauensfrage von Scholz gefasst, die für den 16. Dezember geplant ist, stellte Merz klar. Die Minderheitsregierung von SPD und Grüne kann Beschlüsse im Bundestag aktuell nur fassen, wenn sie Stimmen aus anderen Fraktionen für sich gewinnt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lobte die Kooperationsbereitschaft der Union. Es sei gut, dass das Deutschlandticket verlängert werde, schrieb er auf der Plattform X. „Es ist gut für unser Land, dass wir da, wo wir einig sind, auch einig handeln.“
Verkehrsunternehmen haben das Geld fest eingeplant
Bund und Länder hatten sich bei der Einführung des Tickets darauf verständigt, jeweils 1,5 Milliarden Euro im Jahr zu zahlen, um die Mindereinnahmen der Verkehrsunternehmen durch das stark verbilligte Einheitsticket auszugleichen. Während die Mindereinnahmen 2023 geringer ausfielen, gingen sie in diesem Jahr erwartungsgemäß über die Drei-Milliarden-Marke hinaus. Die Übertragung der Restmittel hatten die Länder und Kanzler Scholz schon im November 2023 vereinbart. Verkehrsunternehmen haben sie fest eingeplant.
Im nächsten Jahr soll ab Januar eine deutliche Kostensteigerung von derzeit 49 Euro auf 58 Euro im Monat zusätzliche Einnahmen bringen. Ebenfalls verbindlich zugesagt sind die Zahlungen von insgesamt drei Milliarden Euro durch Bund und Länder.
Zukunft nach 2026 ist ungewiss
Ob diese Mittel allerdings auch 2026 noch fließen, ist völlig offen. CDU-Kanzlerkandidat Merz sagte, er erwarte schwierige Verhandlungen zur Finanzierung des Deutschlandtickets über 2025 hinaus. Auf die Frage, wie er die Zukunft des Tickets nach 2025 sehe, sagte er: „Das ist eine sehr schwierige Frage, die wir auch im Lichte der Haushaltsplanungen im nächsten Jahr beantworten müssen.“ Das Deutschlandticket sei wesentlich teurer geworden als ursprünglich geplant. „Die Länder haben große Probleme, das auch umzusetzen mit den entsprechenden Strecken.“ Darüber werde man im nächsten Jahr sprechen müssen.
In das gleiche Horn hatte CSU-Chef Markus Söder gestoßen. Mit Blick auf die schlechte Wirtschaftslage hatte er gewarnt, auf Dauer könne das Ticket kaum gehalten werden. Bayerns Ministerpräsident möchte dessen Zukunft lieber direkt an eine vollständige Finanzierung durch den Bund koppeln. Seine Priorität seien Entlastung für Bayern und mehr Investitionen in Infrastruktur. Ebenfalls diskutiert werden weitere Preissteigerungen, die nach den Vorstellungen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) künftig automatisch anhand objektiver Kriterien erfolgen sollen. Die Frage, ob das Deutschlandticket langfristig gesichert werden kann, besorgt schon seit Monaten Verbraucherverbände, Verkehrsunternehmen und die Politik.
Neue Bundesregierung muss sich entscheiden
Der Verkehrsminister von Nordrhein-Westfalen, Oliver Krischer (Grüne), forderte, dass das Ticket über 2025 hinaus gesichert werden muss. „Eine der ersten Aufgaben der nächsten Bundesregierung muss die Fortführung des Deutschlandtickets sein“, sagte der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz. „Das ist vor allem auch für Unternehmen wichtig, damit sie mit dieser Sicherheit mehr Jobtickets anbieten können. Je mehr Menschen das Ticket nutzen, desto sicherer ist die künftige Finanzierung.“ Derzeit nutzen 13 Millionen Menschen das Abo.
VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff lobte die Einigung. „Es ist gut, dass nun auch die Unionsfraktion die Finanzierung des Deutschlandtickets für das kommende Jahr mit beschließen will.“ Damit werde das Ticket nicht zum Thema im Bundestagswahlkampf, und es gebe zumindest für das kommende Jahr Planungssicherheit für die Branche und Fahrgäste. „Allerdings zeigen die Debatten der letzten Tage auch, dass wir dringend gemeinsam mit Bund und Ländern an einer Lösung arbeiten müssen, damit das Deutschlandticket nicht Jahr für Jahr aus finanziellen Gründen wieder infrage gestellt wird.“ Der Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene, Dirk Flege, forderte eine parteiübergreifende Zusage, dass das Ticket auch langfristig gewollt und finanziert werde.