Geld verdienen an Tokios Pendlermassen

Wer täglich mit Tokios U-Bahn unterwegs ist, weiß: Die Züge sind pünktlich, die Stationen sicher und sauber, und die Technik ist auf dem neuesten Stand. Fast alle Bahnen fahren im Minutentakt. 6,5 Millionen Fahrgäste transportieren die Züge der Tokyo Metro Corporation jeden Tag – das sind viereinhalb mal so viele Passagiere wie in der Berliner U-Bahn. Und dabei stellt das Unternehmen nicht einmal das gesamte Nahverkehrsnetz der Megametropole, sondern nur neun U-Bahn-Linien mit 180 Stationen.

Seit Mittwoch haben Anleger die Möglichkeit, sich durch den Kauf von Aktien an der Tokyo Metro zu beteiligen. Schon der erste Handelstag hat den Aktionären der ersten Stunde ein kräftiges Kursplus beschert. Nach einem Ausgabepreis von 1200 Yen (7,30 Euro) ging es um bis zu 47 Prozent nach oben auf 1768 Yen.

Größter Börsengang seit Jahren

Das öffentliche Angebot brachte 348,6 Milliarden Yen (2,12 Milliarden Euro) ein und war damit der größte Börsengang in Japan seit der Börsennotierung des Telekommunikations- und Technologiekonzerns Softbank im Jahr 2018. Das Angebot war mehr als 15 Mal überzeichnet, was für eine starke Anlegernachfrage spricht.

Viele Marktbeobachter rechnen damit, dass der Kurs weiter steigen wird, wenn der Wert in die wichtigen Aktienindizes aufgenommen und dann auch für ausländische Investoren interessanter wird. In ­Japan verbinden die Fondsmanager den Börsengang auch mit der Hoffnung auf eine neue Volksaktie, die mehr private Anleger für den Aktienmarkt interessieren könnte. „Es wird einen signifikanten Beitrag dazu leisten, die Gruppe der Investoren auszuweiten“, sagte der Vorsitzende des japanischen Wertpapierhandelsverbands Toshio Morita.

Die Privatisierungsstrategie der Regierung

Der Börsengang der Tokyo Metro ist Teil einer Privatisierungsstrategie, mit der die japanische Regierung ihre hohen Staatsschulden verringern will. Nach den Mehrausgaben im Zuge der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe von Fukush­ima 2011 hatte sich die Regierung dazu gesetzlich verpflichtet. Nach und nach wollen die japanische Regierung und die Stadtverwaltung von Tokio ihre Anteile an dem Unternehmen halbieren.

Die Aktie des Nahverkehrsbetreibers dürfte auf lange Sicht eher für stabile Dividenden als für große Gewinnsteigerungen stehen. Schließlich wird der U-Bahn-Betreiber weder allzu stark seine Preise erhöhen können, noch durch hohe Kosteneinsparungen seine Gewinne maximieren. Im Prospekt stellte das Unternehmen seinen Investoren eine Dividendenrendite von 3,3 Prozent in Aussicht.

Für dieses Geschäftsjahr stellt Tokyo Metro eine Erhöhung des Nettogewinns um 13 Prozent auf 52,3 Milliarden Yen (320 Millionen Euro) in Aussicht. Aufgrund der Erholung von Tourismus und Pendlerverkehr nach der Corona-Pandemie rechnet das Unternehmen allein im Transportbereich mit einem Anstieg des Betriebsergebnisses um 18 Prozent. Die Immobilienerträge sollen stabil bleiben bei 4,5 Milliarden Yen.

Source: faz.net