Wut in moderner Kunst: Die schöne Raserei

Sie haben eine Wut im Bauch, mehr aber noch steckt sie im Arm, im Handgelenk, in den Fingerspitzen. Und wenn die Künstler dann im Atelier sind, allein mit sich und dem grummelnden Unbehagen, dann malen sie nicht, sondern schlagen, pfeffern, peitschen ihr Rot auf die Leinwand, ein quietschendes Grün, gerne auch große Mengen Schwarz – jeder Pinselhieb, so muss es sein, ein Wuterguss.

Es ist das Klischee des modernen Künstlers: Meister der entzündlichen Gefühle, prinzipiell uneinverstanden und schwer gereizt, denn wäre es anders, wäre er ein affektgedämpfter Zeitgenosse, gelassen, vielleicht sogar glücklich, dann wäre er Zahntechniker geworden oder Yogalehrer mit sauber getrimmtem Dreitagebart. Doch so ist es nicht: Er will ja aus der Haut fahren, sich verlieren in dunkler Wut, er mag es entfesselt, ungesteuert, lässt die Kontrolle fahren. Die Kunst: ein Rumsauen, tief empfunden, verstörend für alle, auch für ihn selbst, den modernen Künstler.