Landtagswahl in Brandenburg 2024: Ausgerechnet dieser Tesla-Effekt verpufft

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und Grünen nach der letzten Landtagswahl in Brandenburg war noch nicht unterschrieben, als sich Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) im November 2019 mit Tesla-Chef Elon Musk auf den Standort für eine Autofabrik des Elektroautoherstellers vor den Toren Berlins verständigte. Eine Woche später unterzeichneten die Koalitionspartner in Potsdam die Regierungsvereinbarung. Wenige Monate darauf rollten in Grünheide die Bagger an, und nach etwas mehr als zwei Jahren Bauzeit liefen die ersten Elektroautos vom Band.

Die Ansiedlung von Tesla zählt zu den größten Erfolgen der Wirtschaftspolitik von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und seiner Kenia-Koalition. Bei der Landtagswahl am Sonntag droht der Erfolg zu verpuffen.

Tesla ist eine der größten Neuansiedlungen eines Industriebetriebs seit der Wende in Ostdeutschland und hat sich trotz Absatzschwierigkeiten schnell zum größten indus­triellen Arbeitgeber in Brandenburg aufgeschwungen. Das verhalf dem Bundesland 2022 zum stärksten Wirtschaftswachstum aller Flächenländer in Deutschland und im vergangenen Jahr immerhin noch zu einem Wachstum von etwas mehr als zwei Prozent, während die Wirtschaft in ganz Deutschland schrumpfte. Der Erfolg hat nicht nur mit Tesla, sondern auch mit einer robusten mittelständischen Wirtschaft zu tun. Verglichen mit dem Basisjahr 2015 ist das Bruttoinlandsprodukt bis 2022 in Deutschland nur in Berlin schneller gewachsen.

Hohe Energie- und Arbeitskosten

Wenige Tage vor der Landtagswahl ist die Stimmung in der Wirtschaft trotzdem verhalten, und Wirtschaftsminister Steinbach muss ebenso wie Ministerpräsident Woidke um sein Regierungsamt bangen. Vor allem in der Bauwirtschaft, die in Brandenburg im Vergleich zu Gesamtdeutschland eine überdurchschnittliche Bedeutung für die Beschäftigung hat, laufen die Geschäfte schlecht. Konjunkturumfragen der brandenburgischen Industrie- und Handelskammern zeigen, dass auch andere Wirtschaftszweige auf der Stelle treten. Der Tesla-Effekt ist verpufft, und die Ausbaupläne für das Werk in Grünheide liegen auf Eis. Die Unsicherheit in der Gesamtwirtschaft ist groß und lässt sich an den zurückhaltenden Investitionsabsichten der Unternehmen ablesen.

Zu den größten Investitionshemmnissen zählt neben hohen Energie- und Arbeitskosten sowie Steuern und Abgaben die geringe Effizienz der Behörden. Keine Rede ist mehr von Tesla-Geschwindigkeit in Genehmigungsverfahren, wie sie in Grünheide im Schulterschluss mit Politik und Behörden gelungen ist. Vor allem der Mittelstand klagt über eine wachsende Kluft zwischen Unternehmen und Verwaltung. Sie könnte sich im Wahlverhalten niederschlagen und im Rennen zwischen SPD und AfD den Ausschlag geben.

Die Umfragen deuten darauf hin, dass die Mehrheitsverhältnisse nach der Wahl ähnlich wie drei Wochen zuvor in Sachsen aussehen werden, wo sich Ministerpräsident Michael Kretschmer mit der CDU knapp vor der AfD behauptet hat. Woidkes SPD liegt wenige Tage vor der Entscheidung noch hinter der AfD. Mit seiner Ankündigung, nur als Wahlsieger für ein Regierungsamt zur Verfügung zu stehen, hat er Anfang August aber eine Aufholjagd gestartet, die ihn im Endspurt auf Platz eins führen könnte. Für eine Fortsetzung der Kenia-Koalition mit CDU und Grünen wird es nicht reichen. Wie Kretschmer in Sachsen dürfte Woidke im Fall eines Wahlsieges auf das Bündnis Sahra Wagenknecht angewiesen sein.

Die Ansiedlung von Tesla hat Brandenburg wieder auf die Landkarte internationaler Investoren gesetzt. Auch dieser Effekt wirkt spätestens seit dem Brandanschlag auf die Stromversorgung der Autofabrik in Grünheide in diesem Frühjahr nur noch gedämpft. Bei instabilen Mehrheitsverhältnissen in Potsdam würde er weiteren Schaden nehmen. Dass die Herausforderungen bei Neuansiedlungen ohnehin groß sind, zeigen die jüngsten Rückschläge im Aufbau der Wertschöpfungskette rund um das Thema Elektromobilität mit dem Rückzug des chinesischen Batterieherstellers Svolt in Lauchhammer.

Mit der Förderzusage für den geplanten Lithiumkonverter der kanadischen Rock Tech Lithium in Guben hat die Regierung in Potsdam das Aus für ein weiteres Prestigeprojekt verhindert; die Finanzierung ist aber noch nicht gesichert. Die Rendite an der Wahlurne dürfte ohnehin gering ausfallen. Bei der Europawahl Anfang Juni erhielt die AfD im Landkreis Oder-Spree, in dem die Fabrik von Tesla angesiedelt ist, fast dreimal so viele Stimmen wie die SPD.