AfD-Politiker: Björn Höcke wegen NS-Ausspruchs zu Geldstrafe verurteilt

Das Landgericht Halle hat Thüringens AfD-Chef Björn Höcke zu einer Strafzahlung über 13.000 Euro verurteilt. Das Gericht verurteilte ihn wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Der 52-Jährige hatte die Vorwürfe von sich gewiesen. Das Gericht hielt die Beteuerungen des AfD-Politikers, er habe nicht
gewusst, dass der Ausspruch „Alles für Deutschland“ von der paramilitärischen Sturmabteilung
(SA) der NSDAP benutzt wurde, allerdings nicht für glaubhaft. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision ist innerhalb einer Woche möglich. Die Staatsanwaltschaft kündigte nach der Urteilsverkündung an, Rechtsmittel zu prüfen. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, gilt Höcke als vorbestraft. Das ist bei Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen der Fall. Sie werden ins polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen.

Höcke hatte vor drei Jahren während einer Wahlkampfrede im
sachsen-anhaltischen Merseburg die Formulierung „Alles für unsere Heimat,
alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ gebraucht. Nach Überzeugung
des Gerichts tat der ehemalige Geschichtslehrer dies im Wissen, dass der dritte
Teil des Ausspruchs eine verbotene SA-Losung war. Höcke hatte dies während der
Verhandlung
bestritten und von einer alltäglichen Formulierung gesprochen. 

„Sie sind ein redegewandter, intelligenter Mann, der weiß, was er sagt“, sagte der Vorsitzende Richter Jan Stengel in der Urteilsverkündung. Höcke habe den Deckmantel der Meinungsfreiheit „sehr strapaziert“. Das Gericht sei der Auffassung, dass er die Äußerung spontan getätigt habe, mit der Motivation, zu prüfen, wie weit er gehen könne.

„Ich habe ein reines Gewissen“

In seinem letzten Wort als Angeklagter griff Höcke die Staatsanwaltschaft an. Diese sei weltanschaulich nicht neutral, sagte er. Das Plädoyer der Anklagevertreter sei „das eines politischen Aktivisten“ gewesen. Weiter stellte sich der AfD-Politiker zum wiederholten Mal als „politisch Verfolgter“ dar. Den von ihm verwendeten Spruch bezeichnete er als „Banalität“. „Ich bin völlig unschuldig, und ich habe ein reines Gewissen“, sagte Höcke.

Das Gericht hatte schon während der Verhandlung am 23. April
deutlich gemacht, dass der AfD-Politiker nicht mit einer Freiheitsstrafe rechnen
müsse. Grundsätzlich sieht der Strafrahmen für den angeklagten Fall eine Geldstrafe bis drei Jahre Freiheitsstrafe vor, wie eine Gerichtssprecherin sagte.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von sechs Monaten zur Bewährung gefordert. Es sei nicht
glaubhaft, dass Höcke nicht gewusst habe, dass „Alles für Deutschland“ eine
SA-Parole sei, sagte Staatsanwalt Benedikt Bernzen in seinem Schlussplädoyer. Zudem
forderte die Anklage, Höcke zur Zahlung einer Strafe von 10.000 Euro an eine
gemeinnützige Einrichtung zu verurteilen.

Höckes Verteidigung forderte hingegen einen Freispruch. Die
Parole sei vergessen gewesen, sagte Anwalt Ralf Hornemann in seinem
Schlussplädoyer. Nicht Höcke, sondern die Staatsanwaltschaft habe dafür
gesorgt, dass nun zahlreiche Menschen den Spruch „Alles für Deutschland“
kannten.

Höcke muss mit weiteren Verfahren rechnen

Höcke wird sich aller Voraussicht nach in einer ähnlichen
Sache noch einmal vor dem Landgericht Halle verantworten müssen. Im Dezember
vergangenen Jahres soll er die SA-Parole während eines Auftritts in Gera ein
weiteres Mal verwendet
haben. Dieser zweite Fall sollte zwischenzeitlich beim
jetzt abgeschlossenen Verfahren mit verhandelt werden, dazu kam es aber
nicht
. In Gera soll Höcke während eines Stammtischs zunächst „Alles für …“
selbst gesprochen und das Publikum mit Gesten animiert haben, „Deutschland“
auszurufen. Zu diesem Zeitpunkt waren Anzeige und Ermittlungen gegen Höcke
wegen der Verwendung des Ausspruchs bereits öffentlich geworden.

Am Landgericht
Mühlhausen in Thüringen ist eine weitere Anklage gegen Höcke wegen des Vorwurfs der
Volksverhetzung
anhängig. Termine für die Verhandlung sind noch nicht
bekannt.

Die AfD ist vom Bundesverfassungsschutz als
rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft, wogegen sich die Partei juristisch wehrt. Am Montag bestätigte das Oberverwaltungsgericht Münster die Einstufung. Die AfD kündigte dagegen eine Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht an.

Als gesichert rechtsextrem gelten
nach Einstufung der jeweiligen Landesämter für Verfassungsschutz bereits Höckes
Landesverband Thüringen sowie die AfD-Landesverbände in Sachsen und
Sachsen-Anhalt.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes haben wir von einer möglichen Höchststrafe von sechs Monaten Freiheitsentzug geschrieben. Tatsächlich erlaubt der Strafrahmen bis zu drei Jahre. Wir haben die entsprechende Textstelle entfernt.